Bergtour endete vor Gericht

8500 Euro Rettungskosten: Wer haftet bei gemeinsamer Bergtour?

Eine Wanderin, die die Schuld für eine Rettung per Helikopter bei ihrem Begleiter sah, muss den Einsatz selbst bezahlen. Das hat das Landgericht München I entschieden. Die beiden hatten sich im November 2021 auf einer Datingplattform zu einer gemeinsamen Bergtour auf die Rappenklammspitze im Karwendel verabredet und mussten aus einer Blockade per Helikopter gerettet werden.

Bergrettung per Helikopter (Symbolbild)
© IMAGO / Jan Huebner

Rettungseinsatz bei gemeinsamer Bergtour

Die 27. Zivilkammer des Landgerichts München I hat die Klage einer Wanderin gegen ihren Begleiter auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von rund 8.500 Euro wegen eines Helikoptereinsatzes abgewiesen (27 O 3674/23).

Nach Angaben des Münchner Landgerichts hatte der Mann alpine Erfahrung, die Frau bezeichnete sich selbst als nicht sehr erfahrene Gelegenheitswanderin. Ziel der Tour im November 2021 war die Rappenklammspitze im Karwendel. Die Tour auf den Gipfel dieses Berges ist anspruchsvoll, es ist leichte Kletterei erforderlich. Da der Frau die Besteigung des Gipfels als zu schwierig erschien, schlug der Mann eine Rundtour über eine alternative Route vor. Die Klägerin stimmte dem zu. 

Die Wegfindung gestaltete sich den Angaben in der Pressemeldung des Landgerichts zufolge jedoch zunehmend schwierig, insbesondere aufgrund von Schnee und fehlenden Spuren anderer Wanderer. Die Klägerin bekam Bedenken, da sich die beiden ihrer Auffassung nach nicht mit hinreichender Geschwindigkeit in Richtung Tal bewegten, sondern immer in etwa auf derselben Höhe weitergingen, und die Nacht hereinzubrechen drohte. Dennoch setzte sie die Tour weiter fort, ohne auf eine Umkehr zu drängen. Als die beiden Wanderer einen Punkt an einer Felswand erreichten, welche die Klägerin nicht hinabsteigen wollte, entschieden sich die Parteien gemeinsam, die Rettung zu alarmieren.

Wer zahlt die Rechnung der Flugrettung über 8.500 Euro?

Die Klägerin bezahlte die Rechnung der Flugrettung in Höhe von rund 8500 Euro, reichte jedoch eine Klage gegen ihren Begleiter ein. In der Pressemeldung des Landgerichts heißt es hierzu wörtlich: "Sie war der Meinung, der Beklagte hafte ihr aufgrund eines Gefälligkeitsvertrags, zumindest jedoch aus unerlaubter Handlung. Er habe als faktischer Bergführer dafür Sorge tragen müssen, dass sich die Klägerin nicht unterkühle."

Gerichtsurteil: Keine Haftung bei gemeinschaftlich durchgeführten Bergtouren

Das Gericht folgte der Argumentation in einer Entscheidung vom Dienstag, den 24.10.2023, nicht und teilte am Mittwoch mit: "Eine rein private gemeinsame Freizeitveranstaltung wie eine privat durchgeführte gemeinsame Bergtour ist für sich genommen nicht geeignet, eine vertragliche Haftung zu begründen. Im Vordergrund steht vielmehr der soziale Kontakt und nicht etwa der Wille der Beteiligten, sich rechtlich zu binden."

Dass der Beklagte sich in einem als Flirt gehaltenen Chat mit der Klägerin vorab als "ihr persönlicher Bergführer" bezeichnet habe, ändere an der Bewertung nichts. Die Klägerin habe bereits unterhalb des Gipfels klargestellt, dass sie den Gipfel wegen der dort herrschenden Verhältnisse nicht erklimmen wollte, obwohl dies der ursprüngliche Plan der Parteien gewesen sei. 

"Diese Entscheidung zeige, dass sie in der Lage war, ihre eigenen Fähigkeiten richtig einzuschätzen, dies gegenüber dem Beklagten zu artikulieren und eine gemeinsame Entscheidung hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Tour herbeizuführen. Hierfür spreche auch, dass die beiden gemeinsam entschieden hätten, die Bergrettung zu rufen. Vor diesem Hintergrund verbleibe es bei der Eigenverantwortung der Klägerin für den Rettungseinsatz", heißt es in dem Gerichtsurteil.

2 Kommentare

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oem

Sind die 8500€ nur die Hälfte der Kosten? Das wären dann 17000 für die ganze Bergung. Weiß jemand, warum das so viel ist? Bei einer "normalen" Helibergung ohne große Komplikationen hätte ich eher mit Gesamtkosten zwischen 5000 und 10000 € gerechnet.

Aktuar

Danke für den Artikel. Ich verstehe jetzt, warum plötzlich die Zugriffszahlen für meinen Blogbeitrag zur Rappenklammspitze in die Höhe schnellen ... :D