Mittelmeerinsel zwischen Asien und Europa

Einfach göttlich: Wandern auf Zypern

Die Mittelmeerinsel Zypern überrascht mit einem grünen Herzen, abwechslungsreichen Wanderwegen, reicher Kultur, antiken Tempeln, berühmten Kirchen, leckerer Küche und unzähligen haarsträubenden griechischen Sagen.

Spektakulär: der Blick vom Gipfel des Moutti tis Sotiras auf die Akamas-Halbinsel mit der berühmten Blauen Lagune.
© Wibke Helfrich

Einfach göttlich: Wandern auf Zypern

Kennst du dich in der griechischen Mythologie aus? Wärst du gerne wie Aphrodite? Oder Adonis? Schon in der Schule konnte ich den antiken Sagen nicht ganz folgen – irgendwann verstand ich nicht mehr, wer mit wem eine Affäre hatte. Verglichen mit der griechischen Mythologie liest sich die Bild-Zeitung fast wie ein Telefonbuch! Aber zurück zum Anfang: Es geht um eine Wanderreise auf Zypern, der Insel im östlichen Mittelmeer, die geografisch zu Asien, kulturell aber eher zu Europa gehört.

An ihrer Entstehung sollen verschiedene Götter beteiligt gewesen sein (Plattentektonik wird völlig überbewertet): Poseidon, der Gott des Meeres, gab ihr einen kleinen Teil seines Reiches. Hephaistos, der Gott des Feuers, schuf das Land aus glühendem Magma und Aphrodite, die Göttin der Liebe, der Schönheit und der sinnlichen Begierde, soll hier dem Schaum des Meeres entstiegen sein.

<p>Kontrastreich: die Kulisse von Bergen und Meer.</p>

Kontrastreich: die Kulisse von Bergen und Meer.

© Wibke Helfrich

Aphrodite: Die Schaumgeborene

Kaum auf der Insel Zypern angekommen, machen wir uns auf den Weg zum berühmten Geburtsort ebendieser Aphrodite. Hier, nur eine Viertelstunde vom Flughafen Paphos entfernt, liegen malerisch ein paar Felsen im türkisblauen Wasser. Um sie herum brandet das Meer mit weißen Schaumkronen.

Der Sage nach schnitt Kronos seinem Vater Uranos die Genitalien ab und warf sie hier ins Meer (ich sag’s ja … die Griechen). Aus dem Schaum des Samens entstand Aphrodite. Wer jetzt denkt, das ist verrückt, der kann mir glauben, Zypern ist die Insel der Aphrodite und hinter jeder Ecke lauert eine neue, unglaubliche Sage, die sich um sie oder ihre göttliche Verwandtschaft rankt. Auf unseren Wanderungen folgen wir den Spuren der Liebesgöttin, die uns aber am Ende gar nicht mehr so liebreizend vorkommt!

<p>Sagenhaft: der Geburtsort der Göttin Aphrodite.</p>

Sagenhaft: der Geburtsort der Göttin Aphrodite.

© Wibke Helfrich

Doch erstmal zurück zum Strand. Es soll Glück und Fruchtbarkeit bringen, wenn man um den Felsen von Petra tou Romiou schwimmt, besonders natürlich bei Mondschein, am besten bei Vollmond. Meine Schwester Frauke und ich können der Versuchung widerstehen, es ist noch früh im Jahr und das Wasser entsprechend kalt.

Nur wenige Kilometer weiter wartet unsere erste Wanderung, die uns vom Pissouri Beach zum Kap Aspro führt. Ein steiler, schmaler Pfad führt hinauf zu den bis zu 200 Meter hohen weißen Sandsteinklippen. Die Aussicht ist gigantisch, der Blick in die Tiefe grandios. Ein schmaler Pfad führt an der Steilküste entlang, tief unter uns schäumt das türkisblaue Wasser an den Strand. Ein kurzer Blick nach unten – nein, keine Göttin in Sicht. Wir können beruhigt weiter wandern.

<p>Beeindruckend: die 200 Meter hohen Klippen des Kap Aspro.</p>

Beeindruckend: die 200 Meter hohen Klippen des Kap Aspro.

© Wibke Helfrich

Unerwartet viel Grün im Troodos-Gebrige

Was wir vor der Reise nicht wussten: Die Insel ist erstaunlich grün (zumindest im Frühling). Das Tróodos-Gebirge, das im Gegensatz zum Rest der Insel bewaldet ist, gilt als das grüne Herz Zyperns und nimmt mit all seinen Ausläufern etwa ein Drittel der Fläche ein. Völlig überrascht sind wir auch von dem uralten Baumbestand: Im Troodos – dem "Schwarzwald" Zyperns – wachsen die endemischen Erlenblättrigen Eichen sowie Aleppo-Kiefern, Pinien, Platanen, Zedern und Steineichen.

Hier haben wir es nicht mehr mit Göttern, sondern mit Gott zu tun, denn in den Bergdörfern befinden sich zahlreiche orthodoxe Kirchen mit byzantinischen Fresken, die zum Weltkulturerbe zählen. Von außen sehen die zum Teil fast tausend Jahre alten Gotteshäuser aus wie gewöhnliche Scheunen – keine Verzierungen, keine Glockentürme lassen erahnen, mit welcher Kunstfertigkeit die Wandmalereien im byzantinischen Stil im Inneren entstanden sind.

<p>Überraschend: das kunstvoll ausgemalte Innere der von außen schlichten Scheunenkirchen.</p>

Überraschend: das kunstvoll ausgemalte Innere der von außen schlichten Scheunenkirchen.

© Wibke Helfrich

Aber auch hier gibt es unglaubliche Geschichten: Während wir die Fresken von Heiligen und Stiftern bewundern, erzählt uns ein Mitarbeiter der orthodoxen Kirche, dass zur Zeit von Corona der Bischof verboten hatte, sich impfen zu lassen. Wer sich impfen ließe, dem würden Hörner und ein Schwanz wachsen. Der Mann möchte namentlich nicht genannt werden, aber er grinst und sagt, dass ihm noch nichts gewachsen sei.

Der listenreiche Verehrer von Atalante

Wir beschließen, den Olymp zu umrunden. Nicht um den berühmten Sitz der griechischen Götter (der liegt auf dem griechischen Festland), sondern um den höchsten Berg Zyperns. Der Gipfel ist für Wanderer gesperrt, aber ein für die Höhe erstaunlich einfacher Wanderweg führt um ihn herum. Auch hier wandeln wir natürlich auf den Spuren der Götter. Wir wählen den Atalante-Trail, benannt nach der berühmten Sportskanone Atalante. 

<p>Wandern im Troodos-Gebirge</p>

Wandern im Troodos-Gebirge

© Wibke Helfrich

Auch ihre Legende ist spektakulär: Sie wuchs bei Bären auf und war später so schnell, dass kein Freier sie in einem Wettlauf besiegen konnte. Nur der Sieger durfte um ihre Hand anhalten – doch es gab einen Verehrer, Melanion, der zu einer List griff. Achtung, jetzt kommt Aphrodite wieder ins Spiel. Sie gab ihm zwei goldene Äpfel, die er während des Rennens fallen ließ, um Atalante abzulenken.

Die List ging auf, er gewann, sie heirateten. So weit so gut, aber sie hatten vergessen, sich bei der Göttin zu bedanken, und das mögen Göttinnen und insbesondere Aphrodite gar nicht. Das Ende (einer Version) der Sage nach 1000 Umwegen ist, dass sie in Löwen verwandelt wurden. Zum Glück müssen wir unterwegs weder rennen noch goldene Äpfel fallen lassen.

<p>Im Nebel: Olympos, der höchste Berg Zyperns.</p>

Im Nebel: Olympos, der höchste Berg Zyperns.

© Wibke Helfrich

Anfangs schlendern wir gemütlich den 14 Kilometer langen Rundweg entlang und bewundern die bis zu 800 Jahre alten Wacholderbäume, riesigen Zedern und Douglasien. Doch dann erwischt uns auch eine (vermutlich) göttliche Laune. Etwa auf halber Strecke setzt ein Schneesturm ein, der uns nicht nur die angeblich so spektakuläre Aussicht vermasselt, sondern uns am Ende auch noch schneller laufen lässt, als wir uns vorgenommen hatten. Wir gewinnen zwar kein Rennen, aber wenigstens frieren wir nicht allzu sehr.

In flagranti erwischt

Aber auch hier erweist sich Zypern als göttlich: Während im Februar oben im Trodoos-Gebirge Schnee liegt, wandern wir am nächsten Tag auf der Akamas-Halbinsel durch ein Blumenmeer. Natürlich nicht durch irgendwelche Blumen. Es sind zart blühende Anemonen, die angeblich aus dem Blut des Adonis entstanden sind. 

Auch um diese Wanderung rankt sich eine Legende. Der Weg beginnt am Bad der Aphrodite. Eine wunderschöne Grotte am Meer mit einem Feigenbaum. Hier sollen sich Aphrodite und ihr Geliebter Adonis getroffen haben, wurden aber – typisch griechische Mythologie – von Aphrodites Ehemann Ares dabei überrascht. Nach langem Hin und Her tötete Ares (in Gestalt eines Ebers) Adonis auf der Jagd und seine Blutstropfen verwandelten sich in diese Anemonen. 

<p>Die traumhafte Lagune ist ein idealer Rastplatz für Wanderungen auf der Akamas-Halbinsel.</p>

Die traumhafte Lagune ist ein idealer Rastplatz für Wanderungen auf der Akamas-Halbinsel.

© Wiebke Helfrich

Geblieben sind nicht nur die schönen Blumen, sondern auch zwei wunderschöne Wanderwege: der Adonis- und der Aphrodite-Trail. Wir kombinieren die beiden Wege zu einer längeren Wanderung. An der Nordküste der Akamas-Halbinsel wandern wir auf den Spuren der Aphrodite am Meer entlang, um uns herum blühen Alpenveilchen, Orchideen und Anemonen.

Adonis muss viel Blut verloren haben, wir trauen uns kaum, die Füße auf den Boden zu setzen, um nicht auf die zarten rosafarbenen Blüten zu treten. Wir fühlen uns wirklich wie auf der Insel der Götter. Und ganz im Gegensatz zu den Legenden strahlt die Landschaft einen unglaublichen Liebreiz aus. Ein kurzer Anstieg bringt uns auf den Gipfel des Moutti tis Sotiras, von wo aus wir einen gigantischen Blick über die ganze Halbinsel bis hin zur Blauen Lagune haben.

<p>Legendär: Anemonen, entstanden aus den Blutstropfen ihres Liebhabers Adonis.</p>

Legendär: Anemonen, entstanden aus den Blutstropfen ihres Liebhabers Adonis.

© Wiebke Helfrich

Dionysischer Abschied

Der Kontrast zwischen der roten Erde, den weißen Felsen, den grünen Feldern und dem türkisblauen Meer ist einfach göttlich. Am letzten Abend begegnen wir in einer gemütlichen Taverne am Meer einem weiteren griechischen Gott: Dionysos, dem Gott des Weines, der Freude, der Trauben, aber auch der Völlerei, des Wahnsinns und der Ekstase. 

Meine zierliche Schwester verschlingt nach einer langen Wanderung einen Fischteller, der sonst wahrscheinlich für eine ganze Familie gereicht hätte, und spült ihn mit zwei Ouzos hinunter. Und auch ich vertilge meine Mezeplatte und den Rotwein, während über dem Meer die Sonne untergeht. Unser Fazit: Zypern? Einfach göttlich!

<p>Sonnenreich: Auch im Winter scheint in Zypern 6 - 8 Stunden pro Tag die Sonne.</p>

Sonnenreich: Auch im Winter scheint in Zypern 6 - 8 Stunden pro Tag die Sonne.

© Wiebke Helfrich

Tourentipps & Wanderinfos Zypern

Wandern auf Zypern, das ist so abwechslungsreich wie sonnig: Wir suchen Aphrodite am Strand und in einer Grotte, sehen Adonis Blutspritzer in Form von Anemonen und laufen mit Atalante um die Wette!

  • INFO Die Website visitcyprus.com bietet nützliche Informationen zu Unterkünften, Veranstaltungen und Aktivitäten

  • ANREISE Lufthansa fliegt einmal wöchentlich nonstop von München nach Paphos. Ryanair fliegt zweimal wöchentlich ab Memmingen

  • BESTE ZEIT Februar bis Mai und September bis Oktober sind die besten Monate zum Wandern

  • LITERATUR Rolf Goetz: Wanderführer Zypern – Süd & Nord, Rother Bergverlag, 2023

  • WETTER Auf Zypern herrscht ein intensives Mittelmeerklima mit langen, trockenen Sommern mit durchschnittlich 11,5 Sonnenstunden pro Tag (Mitte Mai bis Mitte Oktober) und milden Wintern (Dezember bis Februar)

  • KARTEN Vom Verlag Kartographos gibt es drei Wanderkarten im Maßstab 1:25.000: Tróodos, Tóchni, Akámas

  • AUSRÜSTUNG Für die meisten Wanderungen genügen leichte Wanderschuhe oder Trailrunningschuhe. Für die Avakas-Schlucht sind Wander­sandalen und Wanderstöcke hilfreich. Ausreichend nachfüllbare Wasserflaschen mitnehmen

Wer in der Heimat Urlaubsfeeling sucht, wird bei diesen Badezielen in den Alpen sicher fündig:

Touren auf Zypern

  • Atalante-Trail
    Im Troodos-Gebirge ist der Olympos mit 1952 m die höchste Erhebung. Bis zu 800 Jahre alte Bäume ragen hier neben dem Gipfel in den Himmel.

  • Aphrodite- & Adonis-Trail
    Die Kombination aus Aphrodite-, Smigies- und Adonis-Trail mit dem Aussichtsberg Moutti tis Sotiras ist ein absolutes Wanderhighlight auf Zypern. Toll ist auch die Wanderung entlang der Blauen Lagune zum Kap Arnaoutis.

  • Avakas-Schlucht
    Nur vier Meter breit, aber 30 Meter tief ist die Avakas-Schlucht. Die Route führt über Felsen und durch Wasser = Abenteuer garantiert!

Text von Wibke Helfrich