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Schon die Fahrt nach Chamonix war spektakulär. Links und rechts ragten die Berge empor, der Mont Blanc strahlte in seinem schönsten "blanc". Ein freudiges Gefühl machte sich in mir breit. Endlich bin ich hier, zur verrücktesten Woche im Trailrunning. So viel hatte ich schon über den UTMB gehört, von Athleten und Freunden, die bereits vor Ort waren. Den Zieleinlauf hatte ich in zig Beiträgen auf Social-Media gesehen.
Ab dem Ortsschild wurde mir sehr schnell klar, dass Chamonix in der kommenden Woche vor allem eines sein wird: laut und voll. Die Autos parkten im ganzen Stadtzentrum kreuz und quer, schon zwei Kilometer vor Chamonix reihten sich die Camper am Straßenrand aneinander. Dazwischen liefen und fuhren Fußgänger und Fahrradfahrer umher. Die erste Challenge war also, einen Parkplatz zu finden und niemanden umzufahren. Spoiler: Ist geglückt.
Freizeitstress mit dem Rahmenprogramm @(zwischenHeadlineTag)>
Die UTMB-Woche wurde bereits am Montag mit dem PTL (300km, 25.000hm) und dem TDS (148km, 9300hm) eingeläutet. Mein Wettkamp, der OCC, startete am Donnerstag. Ich hatte also einige Tage Zeit, UTMB-Luft zu schnuppern.
Die Tage bis zum Rennen waren ein Balanceakt zwischen “Alles mitnehmen was geht”, sprich an Morning Yoga Sessions, Shake Out Runs oder Panel Talks mit Athleten teilzunehmen, und dem nötigen Beine hochlegen, bevor es auf die 57 Kilometer mit 3500 Höhenmeter lange Strecke von Orsières in der Schweiz zurück nach Chamonix ging. Gar nicht so einfach, hat doch jede vertretene Sport-Marke ein buntes Rahmenprogramm, dessen Teilnahme schnell in Freizeitstress ausarten kann.
Beim Shake Out Run mit den The North Face Athleten, darunter Ida-Sophie Hegemann und der späteren UTMB-Siegerin Katie Schide, holte ich mir noch ein paar letzte Tipps für das Rennen. Es sollte heiß werden, sehr heiß. “Tauche deine Cap in jedes Wasser, das du finden kannst”, lautete ein einfacher Ratschlag - der mir am Ende mein Rennen retten sollte.
“Drei Mal hoch, drei Mal runter”@(zwischenHeadlineTag)>
“Drei Mal hoch, drei Mal runter” - So wurde mir der OCC im Vorfeld beschrieben. Laufbar sollte er sein, wenig technisch. Ich hatte das Glück, von einer Freundin in die Schweiz gefahren zu werden. Die offiziellen UTMB-Shuttle starteten bereits ab 4:30 Uhr - Rennbeginn war vier Stunden später. Nach knapp 60 Minuten Fahrtzeit waren wir da. Tausende Läuferinnen und Läufer quetschten sich in die engen Gassen des kleinen Dörfchens Orsières. Bis zum ersten Anstieg standen die Zuschauerinnen und Zuschauer, darunter an die hundert Schülerinnen und Schüler, an der Strecke und feuerten uns mit Leib und Seele an. So eine Stimmung schon zum Start zu erleben, hatte ich bis dato auch noch nicht erlebt.
Bereits nach sieben Kilometern erreichte ich die erste Verpflegungsstation in Champex-Lac. Danach folgte ein steiler Anstieg nach La Giete, wo die VP in einem Kuhstall untergebracht war, in dem es dementsprechend roch. Nase zu und durch. Die erste Hälfte des Rennens bis Kilometer 25 und der dritten VP in Trient verlief für mich komplikationslos.
Die Strecke war weit weniger technisch zu laufen als gedacht, aufgrund der hohen Teilnehmerzahl und dem Laufen auf Singletrails kam ich teilweise dennoch nicht so flott voran, wie ich das gerne gehabt hätte. Es wurde wie erwartet sehr heiß. Im zweiten Uphill zum Col de Balme mussten viele Läuferinnen und Läufer bereits Pausen im Wald einlegen und saßen aufgereiht am Wegrand, einige mussten sich gar übergeben. Ich hielt mich an den Wasser-Ratschlag und tunkte meine Cap in jede noch so kleine Pfütze.
Die nächsten zehn Kilometer bis zu VP Nummer 4 Col de Balme waren zäh, wenn auch landschaftlich wunderschön. Von weitem hörte man bereits die Anfeuerungsrufe und schwingenden Kuhglocken der Fans. Ich wurde mit einer lauten La-Ola-Welle begrüßt, verpflegte mich rasch und ging direkt in den Downhill Richtung Argentière. Die nächsten elf Kilometer hatte ich das Mont-Blanc-Massiv ständig im Blick, keine Wolke stand am Himmel.
“Dafür mache ich das Ganze”, dachte ich mir in diesem Moment. In Argentière wartete meine Freundin auf mich und berichtete mir, dass viele Läuferinnen und Läufer, wie auch die Elite-Athletinnen Kimi Schreiber und Daniela Oemus ihr Rennen vorzeitig beendeten. Die Hitze zog so einigen ihren Stecker.
Zwei Anstiege waren also absolviert, der dritte nach La Flegère war schmerzhaft (Leiste) und lang (Skipiste). Die Schmerzen waren im Downhill glücklicherweise aushaltbar, die letzten sechs Kilometer ging es flowig 800 Höhenmeter hinunter durch den Wald nach Chamonix. Das Ziel hörte man bereits von weitem und ich malte mir aus, wie es wohl sein wird, über den blauen Teppich zu laufen. Einerseits wollte ich endlich ankommen, auf der anderen Seite war es fast schade, dass das Rennen “schon”, nach über neun Stunden, vorbei war.
Der härteste Teil des ganzen Rennens bestand darin, nicht direkt bei Ankunft im Stadtzentrum das Weinen anzufangen. Für diese Euphorie und Stimmung war ich wirklich nicht gewappnet. Tausende standen links und rechts, klatschten mit mir ab, riefen mir zu, feuerten mich auf den letzten Metern an, als wäre ich die Gewinnerin. Die letzten Meter habe ich nur noch verschwommen in Erinnerung, ich musste meinen Freudentränen nachgeben.
Das war er also, der OCC. Landschaftlich und streckentechnisch in der ersten Hälfte sehr laufbar und eher unspektakulär, entfaltete das Rennen zum Schluss hin seine ganze Magie. Man muss den UTMB und den immer größer werdenden Kommerz um diese Veranstaltung nicht mögen. Die einzigartige und mitreißende Stimmung vor Ort aber ist eine Reise nach Chamonix allemal wert - als Läufer wie Supporter.
1 Kommentar
Kommentar schreibenHerzlichen Glückwunsch!! Musste fast selbst mitweinen:))