Trailrunning-Event am Mont Blanc

Das war der UTMB 2024: Ein Underdog, ein Double und viele DNF’s

Eine Woche Trailrunning-Zirkus am Fuße des Mont Blanc: Der UTMB 2024 in Chamonix zeigte die ganze Bandbreite an Emotionen. Viele der Favoriten stiegen aus, ein Underdog ohne Sponsorenvertrag gewann und Katie Schide krönte sich mit der schnellsten Zeit der Geschichte. Hannes Namberger schrammte dagegen knapp am Podium vorbei. ALPIN traf UTMB-Gewinnerin Katie Schide zum Gespräch.

Gewinnerin des UTMB 2024: Katie Schide
© UTMB

UTMB 2024: US-Amerikanerin als Top Favoritin

Die Farbe Blau symbolisiert unter anderem Ruhe und Vertrauen. Zwei Werte, die auf die US-Amerikanerin Katie Schide zutreffen. Waren andere Athleten in den Tagen vor dem UTMB omnipräsent bei diversen Veranstaltungen anzutreffen, zog sich Schide weitestgehend zurück und suchte die Ruhe in einem Ort, der eine Woche lang Mittelpunkt der globalen Trailrunning-Szene war.

Nach ihrem Sieg beim Western States Ende Juni ging die Athletin von The North Face ganz in blau gekleidet mit der Startnummer 1 auf den 176 Kilometer langen und mit knapp 10.000 Höhemeter gespickten Rundkurs um den Mont Blanc.

<p>Top Favoritin Katie Schide</p>

Top Favoritin Katie Schide

© UTMB

Katie Schide schreibt Trailrunning-Geschichte

In einem Rennen, das auch aufgrund der Hitze von vielen DNF’s (Did not finish - nicht ins Ziel gekommen, Anm. d. Red.) geprägt war, setzte sich Schide schon früh im Männerfeld fest. Ihre weibliche Konkurrenz? Sah sie an diesem Tag nicht mehr. Tausende Zuschauerinnen und Zuschauer entlang der Strecke schrien, jubelten und feuerten Schide, die bereits 2022 den UTMB gewinnen konnte, entlang der Strecke an. Doch sie blieb ruhig und äußerlich unbeeindruckt, vertraute auf ihre Fähigkeiten und schrieb an diesem Tag Trailrunning-Geschichte.

Nach 22:09:31 Stunden überquerte Katie Schide die Ziellinie– schneller als sie war bislang keine Frau beim UTMB. Die bis dato schnellste Zeit, 2021 von Courtney Dauwalter aufgestellt, unterbot sie um 21 Minuten. Jene Dauwalter übrigens feuerte Schide in einem Entenkostüm bei der Verpflegungsstation in Champex Lac an. 

Der Jubel kannte im Stadtzentrum von Chamonix bei ihrem Zieleinlauf keine Grenzen. Zweite wurde bei ihrer UTMB-Premiere die Neuseeländerin Ruth Croft (22:48:37) vor der Kanadierin Marianne Hogan (23:11:15) die sich auf der Strecke den Finger brach und das Rennen dennoch zu Ende lief.

<p>Katie Schide an der Ziellinie des UTMB 2024. </p>

Katie Schide an der Ziellinie des UTMB 2024. 

© UTMB

Trotz Bestzeit: Erklärtes Ziel um wenige Minuten verfehlt

Ihr eigentliches Ziel, die 22-Stunden-Marke zu knacken, verfehlte Schide zwar um wenige Minuten, am Tag danach zeigt sie sich beim Interview mit ALPIN-Autorin Isabella Fischer jedoch glücklich über ihren Erfolg. 

"Auch wenn ich es nicht geschafft habe, bin ich stolz auf meine Leistung. Ich bin mir sicher, dass die 22-Stunden-Marke eines Tages geknackt wird." Vielleicht von ihr im kommenden Jahr? "Das müssen wir erst einmal sehen, ich muss erstmal alles sacken lassen", sagt Schide und lacht.

<p>Autorin Isabella Fischer mit Katie Schide einen Tag nach ihrem Sieg.</p>

Autorin Isabella Fischer mit Katie Schide einen Tag nach ihrem Sieg.

© Isabella Fischer

UMTB 2024: Viele Ausfälle im Männerrennen

Einen ganz anderen Tag erlebte dagegen Schides Partner Germain Grangier, der im vergangenen Jahr Platz Drei erreichte. Der Franzose beendete nach 146 Kilometern im schweizerischen Trient sein Rennen. Schide erfuhr noch auf der Strecke davon. "Eigentlich war ausgemacht, dass ich nicht informiert werde. Ich habe es dann leider doch erfahren. Das ist hart, wenn man nicht weiß, was passiert ist. Es zeigt aber auch, was für ein schmaler Grat es ist, auf dem wir unterwegs sind. Man weiß nie, was man für einen Tag erwischt", sagt Schide.

<p>Viele der gestarteten Läufer mussten verletzungsbedingt vorzeitig abbrechen.</p>

Viele der gestarteten Läufer mussten verletzungsbedingt vorzeitig abbrechen.

© UTMB

Grangier reihte sich ein in die lange DNF-Liste beim UTMB. Auch Titelverteidiger Jim Walmsley stieg aus dem Rennen aus, genauso wie der Sieger von 2019, Pau Capell. Bei den deutschen Frauen erwischte Ida-Sophie Hegemann bei ihrem zweiten UTMB-Versuch einen schwarzen Abend und musste verletzungsbedingt früh aus dem Rennen aussteigen. Eva-Maria Sperger beendete das Rennen nach knapp der Hälfte des Rennens.

Vincent Bouillard: Ein Underdog auf Siegeszug

Bei den Männern gab es einen Sieg aus der Kategorie "Geschichten, die nur der Sport schreibt". Ungläubig verfolgten die Fans den Siegeszug des Vincent Bouillard. Ohne Sponsorenvertrag ging der Franzose auf die Strecke und war am Ende mit 19:54:23 Stunden nur fünf Minuten langsamer als Kilian Jornet, der 2022 die neue Bestmarke setzte.

<p>UTMB-Sieger 2024: Vincent Bouillard aus Frankreich.</p>

UTMB-Sieger 2024: Vincent Bouillard aus Frankreich.

© UTMB

Der 31-Jährige besitzt keinen Sponsorenvertrag, sondern arbeitet Vollzeit bei Titelsponsor Hoka im Innovationsteam. Zum UTMB kommt er seit seiner Kindheit, erst als Fan an der Strecke, dann als Volunteer und Mitarbeiter von Hoka, 2024 schließlich als Läufer. Dass er den Sieg einfahren würde, sei ihm nicht mal in seinen wildesten Träumen eingefallen, sagte Bouillard fassungslos im Ziel. 

"Ich hatte einen Plan C, um unter 30 Stunden ins Ziel zu kommen, einen Plan B, um unter 24 Stunden ins Ziel zu kommen, und einen Plan A, um unter die ersten 10 zu kommen. In unter 20 Stunden zu gewinnen, war einfach unvorstellbar!"

Ob er sich über einen Athletenvertrag freuen würde? "Ich habe keine Athletenverträge. Dieser Amateurstatus gibt mir eine unglaubliche Freiheit: Ich kann mir die Rennen aussuchen, die ich laufen möchte, und ich poste nichts in den sozialen Medien. Auch wenn ich es liebe, zu trainieren und zu laufen, um die beste Leistung zu erzielen, hänge ich derzeit sehr an diesem Amateurstatus."

Französisches Double bei den Männern

Als Zweiter kam Bouillards Landsmann Baptiste Chassagne ins Ziel, das Podium komplettierte Joaquin Lopez aus Ecuador. Hannes Namberger lief nach 20:31 Stunden auf einen sensationellen vierten Platz. In einem gut taktierten Rennen fehlten ihm am Ende nur wenige Minuten auf Platz Drei. Im Ziel wurde er von Frau Ida und seinem eineinhalbjährigen Sohn Toni, der den Jubel äußerst gelassen auf dem Arm eines Papas beobachtete, begrüßt. 

<p>Auf dem Podium der Männer: Vincent Bouillard, Baptiste Chassagne und Joaquin Lope. </p>

Auf dem Podium der Männer: Vincent Bouillard, Baptiste Chassagne und Joaquin Lope. 

© UTMB

Im Ziel fiel die Spannung von Namberger ab. "Fünf Minuten rauslaufen ist einfach schwierig. Da muss es den Drittplatzierten schon Zerreißen. Nächstes Jahr mach ich das nicht mehr, es langt", sagte der ausgepowerte Dynafit-Athlet mit einem Augenzwinkern zu seinem Trainer Lars Schweizer.

Trailrunning-Events CCC & OCC

Beim CCC, der in 101 Kilometern und 6000 Höhenmetern von Courmayeur in Italien nach Chamonix führt, gewann Hayden Hawks (USA) vor Peter Frano (Slowakei) und Adam Peterman (USA). Bei den Frauen sicherte sich die letztjährige OCC-Siegerin Toni McCann (11:57:59) aus Südafrika vor der Polin Martina Mlynarczyk (12:11:12). Auf Rang Drei lief Rosanna Buchauer nach einer starken Performance in einer Zeit von 12:16:55 Stunden.

<p>Rosanna Buchauer lief auf Platz 3 im OCC.</p>

Rosanna Buchauer lief auf Platz 3 im OCC.

© UTMB

Text von Isabella Fischer