Protest wird sichtbar

Südtirols Berge am Limit? Overtourism, überfüllte Hütten und Staus

Staus nicht nur auf Straßen, sondern auch auf Wanderwegen, dazu teure Parkplätze, überfüllte Hütten und eine Klientel, "die besser im Tal aufgehoben wäre" – die Situation in den Bergen Südtirols wird zunehmend kritischer. Bei den Einheimischen sorgt der "Ouvertourism" zunehmend für Protest.

Eindeutige Ansage am stark frequentierten Weg auf den Piz Boè in der Sellagruppe.
© Holger Rupprecht

Thomas Zelger warnte auf der Jahreshauptversammlung der Südtioler Bergführer und Wanderleiter am zweiten November-Wochenende vor den Folgen des sogenannten "Overtourism" und der Übererschließung der Bergwelt. Als Beispiele nannte der Präsident der Vereinigung einem Bericht von Südtirol News zufolge "kilometerlange Staus, teure Parkplätze, überfüllte Pässe und Hütten, die man schon ein Jahr im Voraus buchen müsse oder unter zwei Übernachtungen gar nicht mehr buchen könne".

<p>Gewohntes Bild am Stilfserjoch: viel Verkehr mit Wanderern, Radfahrern und Autos.</p>

Gewohntes Bild am Stilfserjoch: viel Verkehr mit Wanderern, Radfahrern und Autos.

© imageBROKER/Dirkxv.xMallinckrodt

Luxus in den Bergen: Eine gefährliche Entwicklung

Kritisch sieht Zelger den steigenden Luxus in den Bergen. Dieser ziehe Gäste an, "die im Tal besser aufgehoben wären". Dass dies nicht folgenlos bleibt, zeigen auch die "steigenden Zahlen bei den Einsätzen der Bergrettung". Vor Kurzem hatte sich diesbezüglich bereits die italienische Bergrettungsorganisation CNSAS zu Wort gemeldet: Jeder zehnte Einsatz sei mittlerweile auf mangelhafte Ausrüstung zurückführbar.

<p>Reglemtierungsmaßnahme: Am Pragser Wildsee, einem DER touristischen Hotspots der Dolomiten, ist für die Zufahrt in der Hochsaison eine Online-Reservierung erforderlich. </p>

Reglemtierungsmaßnahme: Am Pragser Wildsee, einem DER touristischen Hotspots der Dolomiten, ist für die Zufahrt in der Hochsaison eine Online-Reservierung erforderlich. 

© IMAGO / Eibner Europa

"Respektlose Urlauber benutzen die Alpinrettung wie einen kostenlosen Taxidienst", hatte Giorgio Gajer, Präsident der CNSAS, bei einer Fachtagung in Bozen gesagt. Für Zelger, selbst als Bergführer tätig, ist die Konsequenz klar: "Im Alpinismus musste man irgendwann einsehen, dass man sich selbst Regeln auferlegen muss, um sich die Zukunft nicht zu verbauen. Dasselbe gilt wohl auch für die weitere touristische Entwicklung in Südtirol."

Tourists go home! Protest gegen Menschenmassen

Die Menschenmassen, die in Südtirols Bergen Erholung suchen, sind inzwischen Anlass für sichtbaren Protest. Auf dem Weg zum Piz Boè, einem leichten Wanderdreitausender in der Sellagruppe, entdeckte ALPIN-Portalmanager Holger Rupprecht im Herbst dieses Jahres eine unmissverständliche Botschaft: "Tourists go home!" stand dort auf einen Fels des Weges geschrieben.

<p>Unmissverständliche Aufforderung auf dem Weg zum Piz Boè.</p>

Unmissverständliche Aufforderung auf dem Weg zum Piz Boè.

© Holger Rupprecht

Eine kurze Rechereche ergab, dass der Schriftzug kein singuläres Beispiel ist. Vielmehr "ziert" er auch einen Fels zwischen der Auronzo- und der Lavaredo-Hütte im überaus populären Drei-Zinnen-Gebiet. Auch auf Wegweisern rund um das Grödner Joch tauchte die Botschaft bereits auf. Ob es sich um einen Einzeltäter, eine kleine Gruppe oder gar um den Beginn einer von vielen getragenen großangelegten Protestaktion handelt, ist (noch) nicht bekannt.

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