Alexander Huber im Interview

"Wir hatten nicht den Hauch einer Chance"

Der 48-jährige Extrembergsteiger sprach mit Stefan Nestler über die gescheiterte Ogre-Expedition.

Alexander, Huber, Huberbuam, Ogre, Expedition, Arnold, Adidas, Karakorum
© huberbuam.de

Der Ogre I (7285m) ist eine harte Nuss! Seit der Erstbesteigung durch Chris Bonington und Doug Scott im Jahr 1977 konnte der Karakorum-Siebentausender bisher nur noch zweimal bezwungen werden: 2001 von der Dreierseilschaft Thomas Huber, Iwan Wolf und Urs Stoecker sowie elf Jahre später durch das US-Duo Hayden Kennedy / Kyle Dempster (der 2016 am Ogre II tödlich verunglückte).

Alexander Huber wäre in diesem Sommer sicher gerne seinem älteren Bruder auf den Gipfel des "Menschenfressers" gefolgt - am liebsten über den bist dato noch unbestiegenen Ostpfeiler. Doch für den Berchtesgadener und seine drei Mitstreiter (Dani Arnold, Mario Walder und Christian Zenz) lief nichts wie geplant.

Stefan Nestler von Abenteuer Sport hat sich mit Thomas Huber über die gescheiterte Expedition unterhalten.

Alexander, du hast auf Facebook geschrieben, ihr hättet kapiert, was euch der Berg sagen wollte. Wie lautete diese Botschaft?

Wir sind dreimal in Richtung Berg aufgebrochen, haben dreimal mit maximalem Risikomanagement die Dinge in Schach halten können, sind beim letzten Mal auch bis zum Einstieg gelangt. Aber wir haben jedes Mal gemerkt, dass wir zeitlich extrem knapp dran waren. Es gab nur ein ganz kurzes Fenster, in dem wir uns sicher am Berg bewegen konnten.

Dann musst du voll Stoff unterwegs sein, um zeitig aus der Gefahrenzone heraus zu kommen. Das haben wir dreimal gemacht, und es ist es auch gutgegangen. Aber irgendwann läuft es mal nicht so gut, und dann steht man mitten in diesem extrem gefährlichen Gelände und kommt nicht mehr heraus.

Dazu kam, dass wir so einen schlechten Schnee hatten. Wir haben im Wasserschnee gekämpft, auf 6100 Metern, und das mitten in der Nacht! Das waren brutale Verhältnisse. Das ist ganz klar dem Klimawandel geschuldet. Besser Finger weg davon, wenn man überleben will.

Fiel die Entscheidung abzubrechen einstimmig?

Absolut einstimmig. Für jeden von uns war klar, dass wir unter solchen Verhältnissen nicht einmal den Hauch einer Chance haben, überhaupt in die Nähe des Gipfels zu kommen. Und wenn ich weiß, dass ich eh nicht hinaufkomme, weil der Schnee so was von bescheiden ist, dann ist es besser, es irgendwann gut sein zu lassen.

Wir haben ja auch die Schneefelder oben gesehen. Da war ein Großteil des Schneefeldes blank, das heißt, dort war ein Lawinenstreifen abgegangen. Es sorgt natürlich auch nicht für die positivste Einstellung, wenn man sieht, dass die Schneeverhältnisse oben immer noch problematisch und sehr gefährlich sind.

Du hast den Klimawandel angesprochen. Es war in diesem Jahr im Karakorum wieder extrem warm. Wäre es aus deiner Sicht eine Alternative, zu einem späteren Zeitpunkt anzureisen?

Ich habe es vor zwei Jahren am Latok erlebt, im letzten Jahr in Grönland und jetzt wieder: Der Klimawandel ist derart krass spürbar, dass es fast weh tut. Wie in den Alpen wird sich auch im Karakorum das Bergsteigen verändern müssen.

Wahrscheinlich wird man sich in Zukunft an einem leichten Siebentausender akklimatisieren und dann gegen Ende August für nur zwei, drei Wochen an so einen schwierigen Berg wie den Ogre gehen. Das ist das einzige Szenario, das ich mir derzeit denken kann, damit du an einem solchen gefährlichen Berg schlagkräftig unterwegs sein kannst. So werde ich es sicher das nächste Mal angehen.

Ob Thomas Huber einen neuen Versuch am Ogre unternehmen möchte, erfährst Du hier, im kompletten Interview von Stefan Nestler.

0 Kommentare

Kommentar schreiben