Über den Josefinensteig auf das Herzstück des Gesäuses

Bergporträt: Das Hochtor (2.369 m)

Die Hochtorgruppe bildet das Herzstück des Gesäuses. Höchster Punkt ist das Hochtor mit seinen beiden Felshörnern. Ganz charakteristisch für diesen Berg ist das von horizontalen Bändern durchzogene Kar Tellersack oberhalb der Hesshütte. Das Kar wird rechts vom Roßschweif und links vom Gugelgrat eingefasst, über den der anspruchsvolle Josefinensteig zum Gipfel führt.

Über den Josefinensteig auf das Herzstück des Gesäuses
© Herbert Raffalt

Das Hochtor: Lage

Wo die Enns in Saus und Braus durch das Gesäuse rauscht, schwingen sich die Ostalpen noch einmal zu einem grandiosen Finale auf. Die Hochtorgruppe bildet das Herzstück des Gesäuses. 

<p>Die Hochtorgruppe bildet das Herzstück des Gesäuses. </p>

Die Hochtorgruppe bildet das Herzstück des Gesäuses. 

© Herbert Raffalt

Mehr als 1800 Höhenmeter überragt sie den Flusslauf – bei gerade einmal knapp drei Kilometer horizontaler Entfernung eine gewaltige Erscheinung. Höchster Punkt ist das Hochtor mit seinen beiden Felshörnern und jener engen trennenden Kerbe, die dem Gipfel möglicherweise seinen Namen eingebracht hat.

Historisches

Die Meinungen über den Ursprung des Namnes gehen auseinander. Heinrich Hess zitiert in der "Erschließung der Ostalpen" einen einheimischen Jäger Anfang der 1870er-Jahre: "Ganz oben auf dem Grat, wo die höchste Thürmeln stehen, ist ein Loch, das du mit deiner Joppe zudecken möchtest und durch das du auf die Enns siehst – das ist das Hochthor." 

Woher der Berg auch immer seinen Namen hat, feststeht, er wurde bereits im 14. Jahrhundert (!) urkundlich erwähnt. Jäger (oder Wilderer) dürften 1855 die Ersten gewesen sein, die das Hochtor aus "beruflichen Gründen" von Johnsbach aus erreichten. 

Die erste touristische Ersteigung fiel am 10. August 1871 Professor Dr. J. Frischauf und Dr. F. von Juraschek zu, die ob des zweifelhaften Wetter eigentlich nur eine "Recognoscirung" beabsichtigten, dann aber über den Gugelgrat zum höchsten Punkt gelangten.

Das Hochtor: Eine anspruchsvolle Bergtour

Ein türmereicher Grat leitet vom Hochtor nach Südwesten über den Festkogel hinüber zum Großen Ödstein. In die zergliederte Südflanke sind steile Kare eingelagert: Schneeloch, Tellersteinfeld und Steinkar. Der Gugelgrat nach Südosten und der Roßschweif fassen oberhalb der Hesshütte den Tellersack mit seinen charakteristischen Schichtbändern ein. 

<p>Am Gipfel des Hochtor.</p>

Am Gipfel des Hochtor.

© Herbert Raffalt

Den markantesten Grat entsendet das Hochtor nach Nordnordosten über das Dachl zur Roßkuppe und weiter zur Planspitze. Er bildet die östliche Einfassung der Nord- und Nordwestwände des Hochtormassivs. Bis zu 1000 Meter tief bricht das Gemäuer ins Haindlkar ab, der Paukenschlag im Gesäuse schlechthin. 

Diese steinerne Sinfonie wird in den östlichen Kalkalpen nur noch von der Dachstein-Südwand an Wucht und Dominanz übertroffen. Was den Münchnern der Kaiser, ist den Wienern das Gesäuse: ein wenn auch kleines Gebirge, so doch von großem Format. Hier manifestierte sich die Wiener Schule an den Maximen des freien und führerlosen Bergsteigens. 

<p>Natur und Kultur liegen im Gesäuse ganz eng zusammen: Die mächtigen Wände zwischen Öd­stein und Hochtor scheinen direkt hinter der Wallfahrtskirche Frauenberg emporzuwachsen. </p>

Natur und Kultur liegen im Gesäuse ganz eng zusammen: Die mächtigen Wände zwischen Öd­stein und Hochtor scheinen direkt hinter der Wallfahrtskirche Frauenberg emporzuwachsen.

© Herbert Raffalt

Meilensteine der Klettergeschichte wie die "Todesverschneidung" waren das Ergebnis. Und alpine Klassiker wie die "Jahn/Zimmer" in der Hochtor-Nordwand erfreuen sich noch heute großer Beliebtheit. Für alle, die etwas weniger lang und etwas weniger fest zugreifen wollen, empfiehlt sich der herrlich abwechslungsreiche, aber auch ausgesetzte Josefinensteig über den Gugelgrat.

Das Hochtor: Über den Josefinensteig auf das Herzstück des Gesäuses

<p>Hochtor: Die Tour in der Übersicht.</p>

Hochtor: Die Tour in der Übersicht.

© Tyrolia Verlag
  • Schwierigkeit: Anspruchsvolle Bergtour mit ausgesetzten Stellen, die absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erfordert. Auch die konditionellen Anforderungen sind nicht zu unterschätzen, vor allem weil man beim unversicherten und ausgesetzten Abstieg durch das Schneeloch auf schutt- und sandbedeckten Bändern unterwegs ist und noch einige Ier- und IIer-Stellen sehr konzentriert abklettern muss. Früh in der Saison sollte man trotz der südseitigen Exposition mit Altschneefeldern im Schneeloch rechnen. Der Josefinensteig ist an allen notwendigen Stellen gut versichert, dazwischen sind aber auch Passagen im I. Schwierigkeitsgrad zu meistern. Vorsicht vor Steinschlag sowohl im Aufstieg als auch im Abstieg.

  • Höhenunterschied/Länge: 1520 Hm, 5,5 - 6 Std. Aufstieg, 3,5 - 4 Std. Abstieg. 

  • Material: Normale Bergausrüstung, wegen der zahlreichen Begeher ist ein Helm sehr zu empfehlen. Für weniger geübte Partner bietet ein Klettersteigset beim Aufstieg am Josefinensteig mental durchaus eine Erleichterung. Im Frühsommer bei Altschneeresten im Schneeloch Leichtsteigeisen mitnehmen.

  • Talort: Johnsbach, 753 m.

  • Ausgangspunkt: Parkplatz beim Kölblwirt, 860 m, etwa 3 km östlich von Johnsbach Ort.

  • Route: Auf dem Weitwanderweg 01 hält man sich beim Kölblwirt nach Nordosten in Richtung eines Wasserfalls. Durch steilen Wald steigt man ins Hochtal des Koderbodens, wo der Blick hinauf ins Schneeloch und zum Hochtor frei wird. Der Anstieg zur Hesshütte zweigt nun nach Nordosten ab und führt über die Koderalm und die Stadalm hinauf zum Ennseck. In diesem Sattel zwischen dem Aussichtsgipfel Zinödl und dem Hochtor steht die Hesshütte. Der Josefinensteig verlässt die Hütte nach Westen auf den Tellersack zu und umgeht den steilen südlichen Begrenzungspfeiler des Kars auf seiner linken Seite über Bänder, Schrofen und kurze steilere Felsaufschwünge. So gelangt man auf den Gugelgrat und über ihn, abgesehen von zwei südseitigen Umgehungsstellen, geradewegs zum Gipfel.

  • Abstieg: Der Abstieg durch das Schneeloch ist ausreichend markiert, aber zumindest im oberen Teil sehr steil. Über die Felsen des breiten Schneelochpfeilers steigt und kraxelt man hinab ins Schneeloch und quert ein weites Kar nach Südwesten absteigend unter dem Festkogel hindurch. Durch Hochwald steigt man schließlich zur Unteren Koderalm ab, wo sich der Kreis schließt, 3,5 - 4 Std.

  • Tipp: Im Gegensatz zum Josefinensteig gibt’s in Stift Admont (www.stiftadmont.at) zwar nichts anzufassen, aber jede Menge zu bestaunen. Die größte Klosterbibliothek der Welt birgt bibliophile Kostbarkeiten von unschätzbarem Wert – muss man sehen!

<p>Austria Alpin - Große Gipfel Österreichs.</p>

Austria Alpin - Große Gipfel Österreichs.

© Tyrolia Verlag

Mit freundlicher Genehmigung aus:

Text von Robert Demmel

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