Mit Tipps von Extrembergsteiger Robert Jasper

So findest du den richtigen Biwaksack

Viele Bergsteiger packen den Biwaksack ganz unten in den Rucksack und benutzen ihn nie. Schließlich soll er nur im äußersten Notfall zur Anwendung kommen. Moderne Modelle sind dafür (fast) zu schade.

Ein Biwaksack bietet nicht nur in alpinen Notlagen Schutz vor den Elementen. Extrembergsteiger Robert Jasper erklärt, was man bei einem Biwak beachten sollte. 
© Birgit Gelder

Er hat seinen angestammten Platz in Schublade oder Regal. Von dort wird er ohne großes Nachdenken beim Packen für die Tour zuerst im Rucksack versenkt. Eingepackt, vergessen.

<p>Ein guter Biwaksack ist unverzichtbar wenn das Wetter ungemütlich ist.</p>

Ein guter Biwaksack ist unverzichtbar wenn das Wetter ungemütlich ist.

Wie Schaufel und Sonde bei der Skitour, so gehört der Biwaksack zur Standardausrüstung jeder hochalpinen Tour. Man hat ihn halt dabei.

Dieses gedankliche "Mauerblümchendasein" hat der vom Österreicher Mathias Zdarsky Ende des 19. Jahrhunderts erfundene und zunächst nach ihm benannte Zdarsky-Sack nicht verdient.

Der Biwaksack: Ein Schutz in der Not

Wer schon mal wegen eines Wettersturzes mit starkem Niederschlag und Temperatursturz darin untergeschlüpft ist, weiß warum. Der Biwaksack bietet Schutz vor Nässe und Wind.

Weit wirkungsvoller als die beste Funktionsbekleidung schafft er ein wärmendes Luftpolster um den Körper. Er verringert den Windchill-Effekt und das Auskühlen des erschöpften Körpers erheblich.

Sechs Biwak-Modelle im Vergleich. Klicke auf das Bild für eine Großansicht:

Vielen in Not geratenen Bergsteigern hat er dadurch das Leben gerettet. Neben dem ungeplanten Aussitzen von schlechtem Wetter ersetzt der "Bivi" bei geplanten Biwaks das Zelt oder die Schneehöhle.

Für den Spitzenbergsteiger Robert Jasper ist er deshalb bei seinen extremen Touren essenziell: "Er ist leichter, platzsparender und schneller aufgebaut", so Biwakkönig Jasper.

In Kombination mit einem leichten, aber leistungsfähigen Schlafsack lassen sich so Nächte in großen Höhen zumindest halbwegs komfortabel überstehen.

Biwak-Tipps von Extrembergsteiger Robert Jasper

<p>Biwak-Experte: Robert Jasper.</p>

Biwak-Experte: Robert Jasper.

© facebook.com/Robert.Jasper.de
  • Im Hochgebirge gehört der Biwaksack zur Standardausrüstung.

  • Zwei-Mann-Modelle wärmen besser und heben die Stimmung.

  • Im Notfall raus aus dem Wind.

  • So wenig wie möglich in den Biwaksack atmen, um das Entstehen von Kondenswasser zu verhindern.

  • Im Winter, wenn möglich, Schneehöhle oder -loch graben.

  • Im Biwaksack auf Rucksack oder herausnehmbares Rückenteil setzen.

  • Nicht einschlafen.

  • Der Biwaksack ersetzt nicht die Rettungsdecke.

Weitere Einsatzbereiche des Biwaksacks sind Notfälle, wenn Verletzte gegen Wärmeverlust geschützt werden müssen, oder der Bau einer Notfalltrage für den Transport nicht möglich ist.

Biwaksäcke: Modelle von 20 bis 300 Euro

Der Markt hält eine Fülle von Modellen mit mehr oder weniger Funktion und mit deutlichen Preisunterschieden bereit.

<p>Ein guter Biwaksack gehört bei jeder Tour in Rucksack.</p>

Ein guter Biwaksack gehört bei jeder Tour in Rucksack.

© facebook.com/Robert.Jasper.de

Von der einfachen Version aus PU-beschichtetem Polyester über Modelle aus atmungsaktivem Material wie Gore Tex, Sympathex oder Event mit getapten Nähten bis hin zum Biwak- Minizelt mit Gestänge für den Kopfbereich reicht die Auswahl.

Während die einfachsten Ausführungen für 20 Euro zu haben sind, kosten die luxuriösen Modelle bis zu 300 Euro. Auch beim Gewicht gibt es Unterschiede. Superleichte Exemplare wiegen gerade über 100 Gramm.

Modelle mit Gestänge das Zehnfache. Gute Zwei-Mann- Biwaksäcke wiegen etwa 300 bis 400 Gramm und passen in die Deckeltasche. Entscheidend bei der Wahl ist der Einsatzzweck.

Wer den Biwaksack als notgedrungenes Übel und nur als Notfallausrüstung dabei hat, kommt mit einem günstigen Modell aus. Der Nachteil ist, dass sich im Inneren schon nach kurzer Zeit Kondenswasser bildet.

Dann wird es feucht. "Wer Touren mit geplanten Biwaks unternimmt, kommt vor allem in Kombination mit einem Schlafsack an einem atmenden Modell nicht vorbei", rät Robert Jasper.

Und auch wenn man nie biwakieren möchte, hält er die hochwertigen Modelle für sinnvoller. "Der Komfort gegenüber den einfachen Modellen ist enorm." Schließlich soll der Biwaksack vor Feuchtigkeit schützen und sie nicht noch produzieren.

Ist man überwiegend in der Gruppe unterwegs, empfiehlt Jasper Zwei-Mann-Modelle. "Man kann sich nicht nur gegenseitig wärmen, sondern sich psychologisch gegenseitig besser aufbauen", sagt der Profi-Bergführer.

Man muss natürlich darauf achten, dass ausreichend Biwaksäcke mitgenommen werden.

Biwaksack: Wer benötigt ein Modell mit Gestänge?

Neben den als rechteckiger Sack geschnittenen Modellen, mit denen man auch eine Schneehöhle abdecken kann, gibt es Modelle, in die auch die Isomatte hineinpasst mit Gestänge für den Kopfbereich.

Dies sind eher schon Minizelte für längere Touren. Für Klettertouren sind sie weniger geeignet. Dafür eignen sich Modelle, die eine zusätzliche Öffnung für die Selbstsicherung am Gurt haben.

Wer den Biwaksack mit einem Schlafsack kombinieren möchte, sollte diesen zum Kauf mit ins Geschäft nehmen und ausprobieren, ob beides kompatibel ist.

Gerade Schlafsäcke mit hohem Loft passen oftmals nur knapp. Ansonsten gilt, wie leider so oft im Bergsportbereich: komfort kostet.


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2 Kommentare

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rgfoto

Ich finde es immer wieder erschreckend, wie in solchen Beiträgen fahrlässig Unerfahrene verleitet werden, dass ein Biwaksack allein ein Schutz vor Erfrieren ist. Einen kurzen Sturm im Sitzen überstehen vielleicht, aber um die Nacht in der Kälte zu schlafen, muss ein warmer Schlafsack hinein.
Wer das nicht glaubt, sollte mal im Winter eine Stunde nur im Biwaksack im Garten verbringen...

Und leider sind viele Säcke dazu viel zu eng, also im Prinzip für Winterschlafsäcke unbrauchbar. Erst recht, wie einige erfahrene Profis empfehlen, wenn die Matte mit in den Sack soll.

Windig

Vielen dank für die Erfahrungsmitteilung, das macht es einem gleich Leichter sich auf Biwaktouren einzustellen und Gefahrenquellen zu erkennen.