Bayern galt bis dato als liberales Bundesland für Mountainbiker. Im Gegensatz etwa zum Nachbarland Baden-Württemberg, wo das Befahren nur auf Wegen mit einer Mindestbreite von zwei Metern gestattet ist, durften im Freistaat auch die für Biker besonders attraktiven Single-Trails unter die Stollenreifen genommen werden.
Nun aber könnte die weitgehende Wegefreiheit für Mountainbiker in Bayern eingeschränkt werden.
Am 16.12. hat das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz eine Bekanntmachung veröffentlicht, die weitreichende Folgen für Mountainbiker haben könnte. Inhalt ist der Vollzug des Bayerischen Naturschutzgesetzes betreffend den Punkt "Erholung in der freien Natur".
Darin wird zwar das betont, dass das "Recht auf Genuss der Naturschönheiten und auf Erholung in der freien Natur durch Art. 141 Abs. 3 Satz 1 der Bayerischen Verfassung (BV) zu einem jedermann zustehenden subjektiven Recht im Range eines Grundrechts erhoben worden" ist.
Zur freien Natur zählen beispielsweise auch Skipisten und Loipen und auch das Radfahren in der freien Natur ist verfassungsrechtlich garantiert.
So ist in der Verordnung auch weiterhin von einer pauschalen Sperrung von Wegen nach bestimmten Kriterien (wie etwa der Wegbreite) folgerichtig nicht die Rede.
Stattdessen gelte grundsätzlich das Recht zur Benutzung Wegen mit Fahrzeugen ohne Motorkraft. Hierzu zählen Mountainbikes und auch die explizit genannten E-(Mountain-)Bikes, sofern diese ihre Unterstützung der Fahrleistung bei 25 km/h einstellen (Pedelecs). Damit ist auch eine vielfach diskutierte Unterscheidung von Mountainbikes und Pedelecs vom Tisch, diese sind rechtlich weiterhin gleichgesetzt.
Aber, so heißt es in der Verordnung, komme es bei der Frage, welche Wege gefahren werden dürfen auf die "objektive Eignung des Wegs" an und nicht auf das subjektive Können des Erholungsuchenden.
Zu den "objektiven" Eigenschaften eines Weges heißt es in der Verordnung dann näher ausführend unter anderem:
"Dabei sind die Beschaffenheit des Untergrunds sowie der bauliche Zustand des Weges zu berücksichtigen. (…) Eine nachhaltige Beeinträchtigung der Wege oder des Naturraums (insbesondere Erosionsgefährdung) muss nach Möglichkeit ausgeschlossen werden. Besteht die Gefahr, dass durch das Befahren des Wegs die Bodenoberfläche gelockert und damit das Risiko von Bodenabtrag und Bodenerosion auf dem Weg gesteigert wird, ist der Weg regelmäßig für das Befahren mit Fahrrädern oder anderen Fahrzeugen ohne Motorkraft ungeeignet.
Dies gilt insbesondere in Gebirgslagen, da die Gefahr von Erosionsschädigungen im Steilgelände durch das dortige Befahren der Wege regelmäßig sehr hoch ist. Um der nachhaltigen Beeinträchtigung der Wege entgegenzuwirken, ist eine für die vorgesehene Nutzung ausreichende Spur- und Trittfestigkeit der Wege zu beachten. Das Befahren darf nicht zur Zerstörung der Wegeoberfläche führen.
Breite, Steigung, Kurven und Übersichtlichkeit sind, auch im Zusammenhang mit der Frequentierung des Weges durch andere Naturnutzer, zu beachten. Den Fußgängern gebührt der Vorrang (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG). Ein Weg ist nur dann geeignet, wenn eine sichere Nutzung (durch Befahren oder Reiten) ohne Gefährdung oder unzumutbare Behinderung von Fußgängern möglich ist. Ein starker Erholungsverkehr kann daher aus Gründen der Sicherheit den Weg für Reiter oder Fahrradfahrer ungeeignet machen.
Dies gilt gerade auch für Wege, die ein gefahrloses Überholen auch bei angepasster Fahrweise nicht zulassen (etwa aufgrund ihrer Steigung, Beschaffenheit oder Wegebreite), wie zum Beispiel steile oder unübersichtliche Pfade, auf denen der Fahrradfahrer nicht sicher bremsen kann oder bei denen Absturzgefahr besteht. Dies wird insbesondere bei Singletrails der Fall sein, wenn einer der Wegenutzer den Weg im Begegnungsfall verlassen muss. Insbesondere im alpinen Bereich werden deshalb besonders strenge Maßstäbe an die Geeignetheit von Wegen mit starker Steigung oder geringer Breite zu stellen sein.
Die Geeignetheit eines Weges kann – insbesondere im alpinen Gelände – aus Gründen der Gemeinverträglichkeit auch auf die Tageszeit oder bestimmte Zeiträume eines Tages beschränkt sein. Dies gilt etwa für unbefestigte Wege, die über Almweiden führen, auf denen sich Tiere (Vieh) befinden. Insbesondere während der Nachtzeit (zwischen Sonnenuntergang und -aufgang) kann ein Betreten dieser Wege bei den Weidetieren Panikreaktionen auslösen, die zu Verletzungen und Schäden führen. Wege, die durch Querfeldeinfahren entstanden sind, sind in aller Regel nicht geeignet für das Befahren mit Fahrzeugen ohne Motorkraft."
Bei diesen Formulierungen wird schnell klar, dass im Prinzip jeder (alpine) Singletrail als "objektiv ungeeignet" für das Befahren mit Mountainbikes angesehen werden und so von den Naturschutzbehörden oder Grundeigentümern durch das Aufstellen von entsprechenden Verbotsschildern gesperrt werden könnte.
Grundbesitzer müssten der Bekanntmachung nach eine von ihnen vorgenommene Sperrung den Behörden melden, welche prüfen können, ob das Verbot rechtmäßig ist. Denjenigen, die die Rechtmäßigkeit bezweifeln, bleibt der Klageweg, um einen gesperrten Weg wieder zu öffnen.
Prinzipiell jedoch haben Mountainbiker Verbotsschilder zu respektieren. Anderenfalls drohen Bußgelder oder (wie bislang auch schon) im Extremfall die Beschlagnahmung des Bikes.
Protest gegen die neuen Verwaltungsvorschriften@(zwischenHeadlineTag)>
Entsprechend groß ist die Sorge von Mountainbikern um die Zukunft ihres Sports in Bayern.
Die "Deutsche Initiative Mountainbike e.V"“ hat angekündigt, gemeinsam mit anderen Verbänden und Gremien das weitere Vorgehen abzustimmen.
Konkretisiert hat dies die Intitiative in einem Facebook-Post. Hierin heißt es am 22.12.: "Heute vormittag haben sich die Verbände Bayerischer Radsportverband, DAV, ADFC, DIMB sowie das Kuratorium für Sport und Natur in einer Videokonferenz darauf verständigt, wie wir weiter vorgehen. Wir werden noch einmal gemeinsam an das Ministerium herantreten und um Erklärung und Klarstellung bitten. Wir werden dann Anfang Januar auf Verbandsebene erneut zusammen kommen, um zu beraten, wie wir mit dieser Stellungnahme umgehen und welche Wege eingeschlagen werden können."
Auch der Deutsche Alpenverein hat eine Stellungnahme abgegeben. Zudem fordert eine in den sozialen Medien unter Mountainbikern viel geteilte Petition die Zurücknahme der neuen Naturschutzverordnung in Bayern.
Knapp 20.000 Personen haben sie bislang unterzeichnet.
13 Kommentare
Kommentar schreibenHab bislang noch keine größere Wandergruppe auf sagen wir Autobahnen gesehen, oder auf Bundesstraßen. Oder Alpine in Langlaufloipen oder Langläufer im Eiskanal o.ä.
Mountainbiker und leider zunehmend e-Mountainbiker auf klassischen Wanderwegen? Mittlerweile häufiger... Klingelt's???
Der Fisch gehört ins Wasser!
Haha, theoretisch müsste man schmale Wege auch für Fussgänger sperren. Wenn ein Teilnehmer den Weg bei Begegnung verlassen müsste... D.h. auch Fussgänger. Ergo: Weg nicht zum laufen geeignet!
Bravo für die bayerische Staatsregierung!
Gruß aus Stuttgafg
Leute Leute. Zum Glück mach ein Wandera nichts kaputt. ich Frage mich nur was das für Leute sind die so aufregen wegen den Biker
Selten, ganz selten, hat auch diese freiheitsferne Regierung mal eine gute Idee. Im Sinne praktizierten Umweltschutzes ist dies eine erforderliche, geeignete und verhältnismäßige Maßnahme. Ein Fahrrad hat am Berg - jenseits von Forststraßen und speziell unterhaltenen und finanzierten Trails - nichts, aber auch gar nichts verloren.
Wir haben nur eine Natur die wurde im laufe der Jahre schutzbedürftiger vor den zerstörerischen Menschen. Wir haben nur eine,die verzeiht nichts aber die Nachkommen wollen auch noch was davon.
Es ist doch wie in der Kindererziehung. Verbote bringen halt nichts...
Es fehlen Konzepte zu gemeinsamen Wegen und/oder Bikeparks, um eine Alternative zu bieten. Aber es wird ja lieber schnell mit der Begründung - hat man noch nie gebraucht - abgelehnt.
Wie bei allem, ein gesundes Miteinander, Rücksicht und das Lächeln im Gesicht sind auch hier der Schlüssel.
Und ja - Idioten gibt es überall...wird sich auch mit Verboten nicht ändern, das sollte doch jedem klar sein
Es funktioniert nur miteinander und ja, Idioten gibt es leider auf beiden Seiten!
Ich appelliere hiermit an alle Biker: Verhaltet Euch rücksichtsvoll, umwelt- und sozialverträglich wenn ihr in der Natur unterwegs seid. Wanderer haben immer Vorrang, ein freundlicher Gruß und ein Lächeln bewirken oft Wunder!
Haltet Euch an die Trailrules der DIMB!
Ich appelliere aber auch an die vielen Kritiker unseres Sports: Lassen Sie uns gemeinsam die Natur genießen, jeder auf seine Weise und nach seiner Vorliebe! Lassen Sie uns rücksichtsvoll und kameradschaftlich miteinander umgehen. Ich weiß, dass dies funktioniert - wenn man es versucht!
Mit ein wenig Verständnis für die „Anderen“ und gutem Willen ganz nach dem bayerischen Lebensmotto: „Leb’n und leb’n lass’n!“
OPEN TRAILS!
Miteinander statt gegeneinander! Es geht wenn man will!
Mir ist das ursächliche Problem nicht klar. Ich hab auf meinen Bergtouren noch keine einzige „blöde“ Situation mit Bikern erlebt oder beobachtet. Wo kommt denn der Ärger her?
Ich wohne in Ba Wü und ich kann sagen das sich hier die wenigsten Biker an die bekannte 2m Regel halten. Im Grunde hab ich kein Problem damit solange die Biker auf den Trampelpfaden Rücksicht nehmen, was auch der Großteil macht.
Problematisch wird’s wenn da lang gerast wird ohne Rücksicht auf Verluste...