Frage von Günter B., per E-Mail. Ich habe eine Frage zur Verwendung von Einfachseilen. Ich nehme bei Mehrseillängenrouten, die gut abgesichert sind, mein langes Einfachseil (80 m) doppelt. Damit habe ich dann ja quasi ein supersicheres Doppelseil. Ist es sinnvoll, das zu tun?
Antwort von Olaf: Ein ganz klares NEIN! Ein Einfachseil heißt Einfachseil, um es einfach (also in einem Strang) zu verwenden. Wenn du es doppelt nimmst, wird der Fangstoß (die auf den Stürzenden einwirkende Kraft) sehr groß, weil sich ein Seil bei Belastung dehnt. Und logischerweise dehnt es sich weniger, wenn du es doppelt nimmst, dadurch wird der Fangstoß größer.
Das ALPIN-Team hat Einfachseile für euch getestet:
Es gibt eine Ausnahme: Du benutzt ein Seil mit Dreifachzertifizierung. Das heißt, dein Seil hat die Zertifizierung als Zwillingsseil, als Halbseil und als Einfachseil. Fast jeder Hersteller hat solch ein Seil in seinem Sortiment, aber es macht aus meiner Sicht wenig Sinn, sich für deine Form der Verwendung ein solches Seil zuzulegen.
In diesem Fall hättest du den Nachteil, dass du natürlich nur die halbe Abseillänge (bei 80 m also 40 m) zur Verfügung hast, bei einem Halb- oder Zwillingsseil aber die komplette Länge.
Acht Regeln für naturverträgliches Klettern vom DAV:
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5 Kommentare
Kommentar schreibenWir nutzen immer mal wieder ein Einfachseil als "Doppelseil", allerdings nur um zwei Nachsteiger damit sichern zu können und Zeit zu sparen. Es kommt schnell mal vor, dass man zu dritt am Fels steht, aber nur ein Einfachseil dabei hat. Der Vorsteiger bindet sich in die Seilmitte ein. Gesichert wird nur EIN Strang, um eben den harten Fangstoss bei einem Sturz zu vermeiden. Der zweite Strang wird nicht ins Sicherungsgerät eingelegt. So klettert der Vorsteiger normal am Einfachseil mit dem kleinen Nachteil des dicken Einbindeknotens. Geclippt werden immer beide Seileenden wie beim Zwillingsseil, um nicht versehentlich das lose Seilende zu clippen. Die 2 Nachsteiger haben dann den Vorteil des "Doppelseils". Wenn das Seil lang genug ist, ist das 1000x besser als mit Seilweiche zu klettern.
und bei gut abgesicherten MSL kann man das Einfachseil zudem einfach nehmen. Wenn ein Abstieg vorhanden ist wird das sogar in vielen Topos erwähnt/empfohlen.
Stpickde: "Die Darstellung zum Fangstoß ist schlicht Quatsch. Der Fangstoß wird bei Parallelführung des Seiles auf die beiden Stränge geteilt und halbiert."
Daniel Gebel: So nicht ganz richtig. Die Fallenergie wird auf beide Seile verteilt, das ist richtig. Als Fangstoß wird die auftretende Kraft an der stürzenden Person bezeichnet. Bei zwei Seilen halbiert sich der Bremsweg und die Kraft verdoppelt sich.
Stpickde: "Grundsätzlich nimmt ein Einfachseil, welches beim Normsturz mit einem höheren Gewicht (80kg) getestet wird als ein Halbseil (55kg), deutlich mehr Energie auf, ist also bei gleichem Energieeintrag tendenziell weicher."
Daniel: Entweder ich versteh den Satz falsch oder er ist verkehrt. Bei 55kg ist der Fangstoß geringer, weil ja auch der Energieeintrag geringer ist. Wenn man ein Halbseil mit 80kg prüft ist der Fangstoß immer geringer als wenn man ein Einfachseil mit 80kg prüft.
Stpickde: "Halbseile müssen den Normfangstoss also nur mit einem niedrigeren Gewicht erbringen als ein Einfachseil, müssen also weniger "dehnbar" sein. Wer einmal in den Einzelstrang eines Halbseils gestürzt ist wird das bestätigen. Es gibt auch sehr dünne Seile die als Einfachseil genormt sind. D.h. aber, dass sie auch als Einfachseile (höhere Testanforderungen) zugelassen sind, weil das die schärfere Norm ist. Gegen die besprochene Anwendung spricht neben dem Gewicht der riesige Anseilknoten und das endlose Durchfädeln an der Abseilöse."
Daniel: Um das umfassend zu beantworten müsste man alle Szenarien betrachten. Ganz unwissenschaftlich zusammengefasst: Ich möchte nicht in zwei parallel geführte Einfachseile stürzen, das wird ein harter Sturz, fast egal wer wie sichert. Mehr Reibung im System, weniger Dehnung. Selbst mehrfachzertifizierte Seile würde ich sicher nicht parallel einhängen sondern immer in Halbseiltechnik.
Es ist interessant, wie vehement du hier antwortest und uns direkt als "unwissend" abkanzelst. Ich finde solch ein Vorgehen schade, man kann die Themen inhaltlich besprechen, ohne den anderen direkt zu diffamieren. Aber das ist wohl im „Online-Zeitalter“ nicht mehr üblich …
Da du mir (uns) wohl nicht über den Weg traust, hier die Antworten von Daniel Gebel von Edelrid zu deiner Ausführung. Wir haben Daniel direkt zu einer Einschätzung deines Kommentars angefragt, um die Leserschaft mit deiner leider falschen Darstellung nicht zu verunsichern. Er ist sicherlich einer der Leute, die sich mit der Komplexität des Themas am meisten beschäftigt. Nur soviel vorne weg: Es ist sehr wohl richtig, dass bei der parallelen Verwendung von zwei Einfachseilen der Fangstoß deutlich größer wird als bei der parallelen Verwendung von Zwillings- oder Halbseilen oder der Verwendung von nur einem Einfachseil. Aber lies seine Einschätzungen selber im darüber stehenden Kommentar.
Die Darstellung zum Fangstoß ist schlicht Quatsch. Der Fangstoß wird bei Parallelführung des Seiles auf die beiden Stränge geteilt und halbiert. Grundsätzlich nimmt ein Einfachseil, welches beim Normsturz mit einem höheren Gewicht (80kg) getestet wird als ein Halbseil (55kg), deutlich mehr Energie auf, ist also bei gleichem Energieeintrag tendenziell weicher. Halbseile müssen den Normfangstoss also nur mit einem niedrigeren Gewicht erbringen als ein Einfachseil, müssen also weniger "dehnbar" sein. Wer einmal in den Einzelstrang eines Halbseils gestürzt ist wird das bestätigen.
Es gibt auch sehr dünne Seile die als Einfachseil genormt sind. D.h. aber, dass sie auch als Einfachseile (höhere Testanforderungen) zugelassen sind, weil das die schärfere Norm ist.
Gegen die besprochene Anwendung spricht neben dem Gewicht der riesige Anseilknoten und das endlose Durchfädeln an der Abseilöse.