Ein traumhafter Oktober-Samstag in der Fränkischen Schweiz. Lauschige 20 Grad, goldener Sonnenschein, bunt gefärbte Laubwälder. Der Fels ist warm. Ein Tag wie gemalt zum klettern.
Doch die über 500 Kletterfreunde, die sich an der Muschelquelle nahe Streitberg unter einem Fels versammelt haben, sind heute ohne Gurt und Seil gekommen. Kurt Albert, der am 28. September nach seinem Absturz am Höhenglücksteig nahe Hersbruck verstorben war, ist am Morgen dieses Tages im engsten Familienkreis zu Grabe getragen worden. Heute ist der Tag des Abschieds vom Vater des Rotpunktkletterns, von einem Mann, der das Klettern im Frankenjura und weltweit geprägt hat wie kein Zweiter.
Im Felsmassiv der "Glatten Wand", einem der Lieblingsplätze Kurt Alberts in seiner fränkischen Heimat, hängt ein überlebensgroßes Porträt des Verstorbenen. Es zeigt ihn entspannt liegend mit einem verschmitzten Lächeln. So haben ihn viel kennen, schätzen und lieben gelernt. Viele alte Freunde und Weggefährten Kurt Alberts sind gekommen: Norbert Sandner, Stefan Glowacz, Holger Heuber, Alexander und Thomas Huber, Bernd Arnold, Hans-Martin Götz, Jerry Moffatt, Jesse Guthrie und viele mehr.
Einige stehen schweigend, können es immer noch nicht fassen, dass der Pionier des Freikletterns ausgerechnet in einem leichten Abschnitt eines Klettersteiges tödlich verunglückt ist. Andere erzählen sich Geschichten von Kurt und lachen in guter Erinnerung an den Großmeister des fränkischen Humors. Mancher weint.
Auch die Redner dieses Nachmittags an der Muschelquelle schämen sich ihrer Gefühle nicht. Norbert Sandner, Weggefährte Kurts seit den frühen Siebzigern, macht den Anfang: "Dass hier und heute so viele Menschen zusammengekommen sind und dass Kurts tödlicher Unfall weltweit so ein riesiges Echo hervorgerufen hat, zeigt uns, dass Kurt nicht nur als Kletterer berühmt, sondern auch als Mensch überaus beliebt war. Kurt, wir werden Dich immer im Herzen tragen."
Sandner folgen unter anderem Holger Heuber, Bernd Arnold und Hans-Martin Götz, die von durchstandenen Abenteuern und von Expeditionen und Reisen in die entlegensten Gebiete der Welt erzählen, aber auch immer wieder mit Geschichten und Anekdoten von verlorenen Autoschlüsseln, Futterneid und gemeinsam durchzechten Nächten an den wunderbaren Menschen Kurt Albert erinnern.
Stefan Glowacz, der im November zum wiederholten Male mit Kurt Albert nach Venezuela aufbrechen wollte, ist sichtlich tief bewegt als er ans Rednerpult tritt: "Kurt, Du warst ein freier Mensch, hast immer genau das getan, was Du tun wolltest. Ich bin froh, dass ich Dich kennenlernen und mit Dir unterwegs sein durfte. Da wo Du warst, war es unheimlich spannend, da war es lustig, das war das Leben. Du wirst immer mein Partner am anderen Ende des Seils bleiben."