Zahlreiche Lawinenopfer am vergangenen Wochenende@(zwischenHeadlineTag)>
Am Wochenende wurden in Österreich, Italien und der Schweiz durch Lawinen mindestens elf Personen getötet. Alleine in Tirol und Vorarlberg verloren zwischen 03. und 05. Februar acht Menschen ihr Leben. Mit der Frage, wie es zu dieser hohen Zahl an Lawinenopfern hat kommen können, hat sich das Österreichische Kuratoriums für Alpine Sicherheit (ÖKAS) sowie die österreichische Alpinpolizei auseinandergesetzt und gemeinsam eine Pressemeldung herausgegeben, die wir hier in Auszügen wiedergeben.
Lawinen: Unfallzahlen von 03. bis 05. Februar in Österreich@(zwischenHeadlineTag)>
Im Zeitraum von 03.02.2023 bis 05.02.2023 kamen im ungesicherten Skiraum in Österreich acht Personen aufgrund von Lawinenabgängen ums Leben (Mittel 10 Jahre für die gesamte Saison: 19 Lawinentote). Zum aktuellen Zeitpunkt wurden in der Datenbank des ÖKAS/BMI von der Alpinpolizei 36 Personen eingetragen, die unmittelbar an Unfallereignissen beteiligt waren.
Fünf der tödlich verunglückten Lawinenopfer waren im Variantenbereich, zwei auf Skitour und einer bei Schneeräumungsarbeiten unterwegs. Es waren alle Altersgruppen zwischen 17 und 62 Jahre betroffen, wobei alle Opfer männlich waren, fünf aus Österreich, eines aus Neuseeland, eines aus China und eines aus Deutschland stammte.
Sechs der Unfälle mit tödlichem Ausgang ereigneten sich in Tirol, einer in Vorarlberg. Zwei der sieben Unfälle ereigneten sich bei Lawinenwarnstufe erheblich (3), fünf bei Lawinenwarnstufe groß (4). Im 10-jährigen Mittel finden 7 % der Unfälle bei Lawinenwarnstufe groß (4), 54 % bei Lawinenwarnstufe erheblich (3) und 22 % bei Lawinenwarnstufe mäßig (2) statt.
Experten: Eindringlich vor Lawinen gewarnt@(zwischenHeadlineTag)>
Andreas Pecl, Leiter des Lawinenwarndienstes Vorarlberg, blickt auf die Ereignisse zurück und erklärt: "Es sind zahlreiche Lawinenereignisse aufgrund der vorhergesagten Situation festzuhalten. Entscheidend war in unseren Regionen die Verbindung des Neu- und Triebschnees mit der Altschneeoberfläche. Diese war schlecht und daraus ergaben sich die Unfälle."
Viktor Horvath, Leiter der Alpinpolizei in Tirol, erklärt, dass das vergangene Wochenende auch die Alpinpolizei vor große Herausforderungen stellte. Die Dichte der Lawinenereignisse mit und ohne Personenbeteiligung, aber auch die atypischen Lawinenereignisse und der Grad der Gefährdung der Retter:innen war derartig hoch, dass die Bewältigung nur unter sehr guter Kooperation aller beteiligten Einsatzorganisationen möglich war.
Aus Sicht der Alpinpolizei wurde umfangreich und ausreichend gewarnt und auf die bevorstehenden Gefahrensituationen hingewiesen. Wenn für ein Wochenende Lawinenwarnstufe 4 auf der 5-teiligen Skala ausgegeben wird, gilt das nicht nur für den freien Skiraum (= das alpine Gelände), sondern auch für den Variantenbereich (= freier Skiraum, der innerhalb kurzer Zeit von Liftanlagen aus erreichbar ist). "Es lässt sich immer wieder feststellen, dass trotz hoher Lawinengefahrenstufen die Varianten 'niedergepflügt' werden. Hier ist zukünftig äußerste Vorsicht und Zurückhaltung gefordert!", warnt Viktor Horvath.
Die Warnungen der Lawinenwarndienste müssen ernst genommen werden. Diese werden jedoch häufig zu oberflächlich behandelt oder nicht wahrgenommen, was zu verheerenden Konsequenzen führt.
Wintersportler:innen müssen sich ausführlich zu informieren@(zwischenHeadlineTag)>
Stefan Hochstaffl, Präsident des Österreichischen Bergrettungsdiensts, resümiert: "Wir beurteilen die Verschuldensfrage nicht, das ist die Aufgabe anderer Organisationen. Dennoch stellen wir uns die Frage, wie es zu der Häufigkeit der Unfälle mit Verletzungen oder tödlichem Ausgang – trotz intensiver medialer Warnungen – kommen konnte. Ein richtiges Erfassen der Situation durch die Inhalte des Lawinenlageberichtes, das Verstehen der Bedeutung der Lawinengefahrenskala und der Auslösewahrscheinlichkeiten, die Kompetenz der Anwendung dieser Informationen im Gelände und die Fähigkeit, auch mit Notfallausrüstungen umgehen zu können, würde eine Vielzahl an Unfällen vermeiden."
Was die Lawinen-Piktogramme bedeuten, erfahrt ihn in unserer Fotogalerie:
Für alle Wintersportler:innen gilt es, sich ausführlich zu informieren und bei Lawinenzeiten freies Gelände zu meiden. Lawinenzeiten wird es immer wieder geben. Es ist entscheidend, sie frühzeitig zu erkennen und alpine Ziele sowie auch die eigene Verhaltensweise anzupassen. Besonders bei hoher Lawinenwarnstufe (ab erheblich, 3) können einzelne Wintersportler:innen einen Bruch in der Schneedecke leicht initiieren.
Standardmaßnahmen bei Wintersport im freien Gelände sind essenziell. Entlastungs- oder Sicherheitsabstände können zum Beispiel bei geringem Aufwand erheblich weniger Risiko bewirken. Besonders in die Vorbereitung und Planung von Touren und Abfahrten soll investiert werden – diese Phase nämlich hält einem die Gefahren vor Augen und lässt die richtigen Entscheidungen im Vorfeld zu. Wenig erfahrenen Personen kann eine Ausbildung durch Bergprofis oder alpine Vereine empfohlen werden, Erfahrenen dagegen Vorsicht und Zurückhaltung.
Angepasste Tourenplanung ist ein Muss@(zwischenHeadlineTag)>
Expert:innen warnen eindringlich auf ausgewählten Kanälen, z.B. Lawinenwarndienst-Seiten, vor den Lawinenzeiten. Viele Wintersportler:innen halten sich durch entsprechende Tourenplanung oder den Verzicht auf Touren im alpinen Bereich auch an diese Empfehlungen.
Peter Paal, dem Präsident des ÖKAS, zu Folge erreichen die Warnungen die Risikogruppen allerdings bisher nur in unzureichendem Ausmaß. Insbesondere Jugendliche und andere Unerfahrene, die nur für wenige Tage im Winter im alpinen Gelände unterwegs sind, gilt es demnach, noch besser mit Informationen über die Risiken und Gefahren zu versorgen. Vorstellbar sind für Paal Hinweise über hohe Lawinengefahr bei den Aufstiegsanlagen im Tal und bei besonders gefährdeten Hängen mittels Videos. Im Radio wird seit Jahren auf Unwetter hingewiesen. Paal kann sich vorstellen, in regionalen Radio- und TV-Sendern auch die Lawinengefahr mehr zu thematisieren, ganz besonders jedoch in den Skigebieten.
Informationen zu den fünf Lawinenproblemen in unserer Fotogalerie:
3 Kommentare
Kommentar schreibenSeh ich absolut nicht so Franziska. Meine "anekdotsiche Evidenz" zeigt vor Allem, dass die Leute zu bequem sind sich gscheid zu informieren, bzw. eine (z. B. auch durch verbesserte Ausrüstung, Social-Media-"Druck", Vollkaskomentalität etc.) höhere Risikobereitschaft besteht. Dies trifft selbstverständlich nicht auf alle zu und man muss klar zwischen grob fahrlässigem Verhalten und einfach gesagt "Pech" bzw. Restrisiko unterscheiden.
Die Warnungen und Formulierungen des LWD sind sehr gut, ein bissl selber mitdenken, vor Allem auch im eigenen Interesse, sollte bei Menschen die mit Ski auf Berge steigen wollen schon drin sein find ich. In meiner Wahrnehmung unterscheiden sich die Warnungen im 3er und 4er Text meist deutlich, zumal ab 3 i.d.R. für Leute die nichtmal Warnungen ohne psychologische Unterstützung richtig interpretieren können sowieso Schluss sein sollte im freien Gelände. Ist meine Meinung, kann man auch anders sehen...
Trotz alldem sind es natürlich immer tragische Ereignisse und ich will hier auch gar nicht über irgendwas urteilen. Es ist für mich aber ein Trend erkennbar mit starken Parallelen zum sonstigen Weltgeschehen.
Einfach traurig diese Entwicklung. Weitere Kommentare sind genau so sinnvoll oder in diesem Fall eher sinnlos wie Warnungen und Aufklärung. Der Lawinenwarndienst macht eine hervorragende Arbeit aber man kann halt nicht von jedem verlangen die Lageberichte durchzulesen und sie dann auch noch zu verstehen.
Es war die letzten Tage genug Information verfügbar, ich denke nicht, dass dies das eigentliche Problem ist. Anekdotische Evidenz aus meinen erweiterten Bekanntenkreis zeigt auch, dass die Leute schon wissen, dass es einen Lawinenbericht gibt und ihn auch wenigstens überfliegen. Und hier ist für mich die eigentliche Lücke: Lesen und daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Vielleicht wäre es mal eine Überlegung die Lawinenwarnung mit Psychologen und Kommunikationsspezialisten so zu formulieren, dass das besser klappt. Was mir nämlich die letzten Tage bei den Warnung immer wieder aufgefallen ist, sind Formulierungen wie “seid vorsichtig”, “Tourenplanung erfordert Erfahrung” etc und obwohl das natürlich richtig ist, kann es vielleicht bei einem 4er doch manchem den Eindruck vermitteln, dass da schon was geht, man passt ja eh auf und die gleichen Formulierungen stehen auch beim 3er im Text. Same im Artikel wo von Lawinenzeiten geschrieben wird. Das kann einfach den Eindruck vermitteln es gäbe Zeiten, in denen Lawinen ausgeschlossen sind ( und wir reden nicht von der grünen Wiese). Vielleicht würde es schon helfen einfach expliziter zu formulieren.