ALPIN: Tobi, du als Freund von Gear und Geschwindigkeit: Leicht tragen oder schnell gehen?
Oh shit ... das ist schwer. (lacht, überlegt) Leicht tragen.
ALPIN: Dein Lieblingsknoten?
Das ist der Doppelte Spierenstich, den finde ich einfach schön.
ALPIN: Westalpen oder Wetterstein?
Schon wieder so etwas Schwieriges (lacht, überlegt länger). Wetterstein.
ALPIN: Bist du noch viel in den Bergen unterwegs? Verrätst du uns deine letzten Touren?
Ja, ich bin definitiv noch viel und gerne in den Bergen unterwegs! Meine letzten großen Touren waren die Dent d’Hérens (4.171 m), das Täschhorn (4.491 m), die Punta Giordani (4.046 m), das Aletschhorn (4.194 m) und der Mont Maudit (4.465 m). Alles Berge in den Westalpen.
Welche Viertausender sich besonders lohnen, seht ihr in den 10 Viertausender-Highlights der Alpen:
Ich besteige derzeit die 4000er, die mir in den Alpen noch fehlen. Das ist für mich als Hobby-Alpinisten ein ambitioniertes Ziel, ein Traum, den ich mir erfüllen möchte. Die Touren alle selbstständig gehen zu können, ist mir sehr wichtig. Darauf habe ich seit Jahren hingearbeitet.
ALPIN: Du hast schon viele 4000er bestiegen, lief immer alles glatt?
Nein, das gefährlichste Erlebnis hatte ich auf der Traverse Royale im Abschnitt der Aiguille de Bionnassay zum Dôme du Goûter. Es lag verblasener Neuschnee auf dem Firngrat. Auf einem sehr schmalen Abschnitt rutschte ich plötzlich weg, konnte mich nur mit dem Pickel halten. Danach war ich vom Kopf so durch, dass ich den Rest geritten bin.
Ausrüstungstipps für Hochtouren zeigen wir euch in der Bildergalerie.
Erst dieses Jahr hatte ich auf dem Rückweg vom Mond Maudit einen schweren Unfall. Vom Gipfel gibt es zwei Abstiegsmöglichkeiten: Entweder pickelst du über die Eisflanke nach unten oder du seilst ab. Die Abseilpiste ist alpin. Und während ich an einer der einghängten Schlingen abseilte, kam mir plötzlich der ganze Block entgegen. Ich fiel sieben, acht Meter in den Endknoten. Das Seil hatte ich davor – Gott sei Dank – in dem Stand eingebunden, in dem mein Partner noch hing. Obwohl mich der Block und noch einige kleinere Steine trafen, kam ich "nur" mit einigen Knochenbrüchen davon.
Ich hatte davor natürlich den Fels geprüft und, ob die Schlinge durch UV-Licht verbraucht ist. Sah alles top aus. Und plötzlich ging es nur noch rückwärts. Für meinen Kopf war das krass. Auch danach. Einfach, wie sehr man sich mit dem Tod auseinandersetzt. Dazu kam, dass ich mit dem Gesicht voran gefallen bin, ich hatte also den Blick in die Eisflanke, in den Abgrund.
ALPIN: Zu diesem Erlebnis passt unsere nächste Frage vermutlich sehr gut: Was ist für dich mentale Stärke am Berg?
Das sind eigentlich zwei Sachen: Zum einen würde ich mittlerweile sagen, Umdrehen zu können. Das fällt mir nicht leicht, gerade dann, wenn man schon in der Tour ist und viel Vorbereitung damit verbunden ist. Auf der anderen Seite ist für mich Stärke, das eigene Limit nach oben zu öffnen.
AlpineFex: Erfolg und Ausstieg bei YouTube@(zwischenHeadlineTag)>
ALPIN: Welches Video war eigentlich dein erfolgreichstes?
Das ist tatsächlich die Zugspitze durchs Höllental.
ALPIN: Du warst mit deinen Videos auf YouTube extrem erfolgreich. Was hat das rückblickend mit dir gemacht? Im Positiven wie im Negativen?
Ich würde schon sagen, dass es meinen Charakter geformt hat. Die ersten Videos waren noch ohne Gesicht oder Vertonung. Dann ging es Schritt für Schritt: Mich selbst zeigen, in die Kamera sprechen und dann kam das Moderieren. Das ist ein Unterschied zu vielen anderen Videos und vermutlich auch mit ein Grund, warum der Kanal so erfolgreich geworden ist.
Natürlich gab es auch Dinge, die ich mittlerweile als negativ wahrnehme. Zum Beispiel: Ein freier Tag, schönes Wetter und damit der Gedanke, ein neues Video produzieren zu müssen. Es ging also mehr um die Zuschauer. Ich habe unbewusst immer öfter meine eigenen Bedürfnisse ihren Interessen untergeordnet und geriet in eine Spirale, in der man sich schnell verlieren kann. Das sehe ich heute negativ, dass ich nicht immer den Moment voll genossen habe.
ALPIN: Also Suchtfaktor?
Ja. Das wird natürlich getriggert von Likes und Kommentaren. Du wirst angehimmelt, bekommst Sponsoring, Einladungen zu Veranstaltungen. Das vermittelt natürlich erstmal ein gutes Gefühl. Ich habe zu der Zeit zu wenig verstanden was diese extrernen Faktoren mit mir machen. Nach meinem ersten Unfall 2020 habe ich gemerkt, dass ich etwas ändern will. (Anm. d. Red. Tobi hatte 2020 einen Unfall Grand Combin, nach dem unklar war, ob Bergsteigen wieder möglich sein wird.)
ALPIN: Wieviel Aufwand steckt hinter einem Video?
Nur Bearbeitungszeit, würde ich sagen, 3 – 4 Stunden. Am Anfang waren es aber locker 8 Stunden. Plus 8 Stunden Tour. ich glaube, das schnellste Video ging am selben Abend noch in guter Qualität online.
Interview AlpineFex: Privatssphäre und Bergerleben ohne Kamera@(zwischenHeadlineTag)>
ALPIN: Du hast von dir als Privatperson wenig preisgegeben. Warst du mal in der Versuchung, mehr Persönliches zu teilen?
Ja schon. Man sieht natürlich, welchen Erfolg andere damit haben und denkt sich "Das kommt bestimmt gut an, weil es menschlich ist". Aber ich meine, die Reichweite war ja trotzdem groß. Mehr als meinen Vornamen wollte Ich in der Öffentlichkeit nicht preisgeben. Du bietest ja auch Angriffsfläche, wenn du Persönliches teilst.
Da ich mein Privatleben sehr bedeckt gehalten habe, konnte ich sauber aussteigen. Auf meinem Kanal ging es bewusst weniger um die Person, sondern ums Bergsteigen. Wenn man sich schützen will, muss man einen harten Cut machen.
ALPIN: Was war der finale Grund für deinen Ausstieg? Es hat sich ja scheinbar einiges aufsummiert.
Ich habe tatsächlich einen immer stärkeren inneren Druck gespürt, und zog mich daraufhin zurück. Befeuert wurde das durch externe Faktoren. Im Sommer 2021 war ich 8 Wochen ohne Kamera in den Westalpen und habe gesehen, wie viele Menschen mit dem Handy und den Sozialen Medien beschäftigt waren. Da habe ich förmlich mein altes Ich erkannt, wie in einem Spiegel. Und dachte mir: "Krass, so war ich wohl auch drauf." Dadurch habe ich gemerkt, wie schön es ist, wenn ich einfach nur die Tour gehe, auf der Hütte sitze und die Bergwelt genieße.
Schon während des Urlaubs ist der Gedanke vom Ausstieg dann immer mehr gereift. Und das habe ich durchgezogen. (Anm. d. Red. Tobi verkündete das Ende auf YouTube im November 2021) Und das tut mir gut, auch, weil das ständige Vergleichen aufgehört hat. Besonders dieses "höher, schneller, weiter" oder welche Ausrüstung ich gerade dabei habe.
ALPIN: Erlebst du die Berge seitdem anders?
Ja. Gerade dieses Jahr war unglaublich intensiv. Ich war viel mit einem Tourenpartner unterwegs, der auch kaum Instagram nutzt oder Videos macht. Und da habe ich gemerkt, wie intensiv die Bindung zu dieser Person ist. Einfach dieses: Wir sind eine Seilschaft, wir wollen gemeinsam auf den Gipfel.
Ich war voll drin im Influencer-Game und damit auch erfolgreich. Aber durch den Unfall habe ich mehr mich selbst reflektiert und warum ich manches tue. Die externe Bestätigung über meinen Kanal hatte viel mit Selbstwert zu tun. Wenn man das klarer sieht, will man nicht mehr von außen hören, wie toll man ist oder Komplimente lesen. Diese positiven Dinge möchte ich mir selbst geben können.
9 Kommentare
Kommentar schreibenHi Tobi,
Verlinke doch nicht alle Produkte auf Amazon, sondern supporte lokale Händler. Conrad, Bergzeit, Bergfreunde…
Denk mal drüber nach :-)
Sehr sympathischer & authentischer Kerl, ich mag ihn. Seine Videos und Berichterstattungen haben mir so manches Mal die Tourenplanung unheimlich erleichtert.
Natürlich bin ich traurig dass man nichts mehr von ihm sieht, aber ich kann seine Entscheidung voll und ganz nachvollziehen.
Er geht seinen Weg
Für mich der bei weitem beste Bergsportkanal in Youtube. Hab immer alle Videos genossen.
Sehr authentisch und sympathisch aufbereitet die Touren. Ein Typ der weiß was er will und was dafür tut. Besser geht's nicht.
Ich durfte Tobi zufällig kennen lernen. Er ist meinen Jungs und mir ein großes Vorbild
Vielen Dank für das schöne Interview! Wir haben schon viele Touren-Videos von Tobi gesehen und als Vorbereitung für unsere eigenen Touren waren sie immer sehr wertvoll, weil sie so detailliert und ehrlich waren.
Schade, aber verständlich, dass er sich zurückgezogen hat. Immer mit Smartphone oder Kamera im Anschlag, verpasst man das Beste in den Bergen. Alles Liebe und Gute für ihn!
Vielen Dank für das schöne Interview! Wir haben schon viele Touren-Videos von Tobi gesehen und als Vorbereitung für unsere eigenen Touren waren sie immer sehr wertvoll, weil sie so detailliert und ehrlich waren.
Schade, aber verständlich, dass er sich zurückgezogen hat. Immer mit Smartphone oder Kamera im Anschlag, verpasst man das Beste in den Bergen. Alles Liebe und Gute für ihn!
Vielen Dank für das schöne Interview! Wir haben schon viele Touren-Videos von Tobi gesehen und als Vorbereitung für unsere eigenen Touren waren sie immer sehr wertvoll, weil sie so detailliert und ehrlich waren.
Schade, aber verständlich, dass er sich zurückgezogen hat. Immer mit Smartphone oder Kamera im Anschlag, verpasst man das Beste in den Bergen. Alles Liebe und Gute für ihn!
Schön hier vom Tobi zu lesen.Ich mochte sehr seinen Kanal auf YouTube.Er hat tolle Touren und Filme gemacht und kam immer sehr sympathisch rüber.Aber man kann seinen Rückzug voll verstehen. Habe grossen Respekt für diesen Schritt.Endlich mal jemand der" was kann" aber nicht die Bewunderung durch die YouTube Gemeinde braucht.Alles Gute für den Tobi von AlpineFex.
Ach ja...
Ich bewundere seinen Werdegang und kann es voll nachvollziehen.
Auf der anderen Seite vermisse ich seine authentischen Videos. Das war immer ein Stück Urlaub am Abend!
Bleib gesund!