Das Magazin "quer" im Bayerischen Fernsehen ist bekannt für seine kontroversen Beiträge. In der Sendung vom 23. Mai greift "quer" Ereignisse in den bayerischen Alpen auf, die zeigen sollen, dass immer mehr Menschen in den Bergen keine Eigenverantwortung übernehmen wollen und stattdessen eine "Vollkasko-Mentalität" an den Tag legen.
So klagt derzeit ein Besucher der Tutzinger Hütte unter der Benediktenwand, der im Oktober 2016 nachts stark alkoholisiert die Notausgangstür und die Toilettentür verwechselte und in Folge dessen von der Fluchttür im ersten Stock drei Meter in die Tiefe stürzte. Seitdem ist der Mann querschnittsgelähmt und kann seinem Beruf nicht mehr nachgehen. Da bei dem Notausgang ein Geländer fehlte, sieht der 47-Jährige die Schuld für den Unfall beim Alpenverein und dem Wirt und geht gegen beide gerichtlich vor.
Ein rechtskräftiges Urteil ist bislang nicht gesprochen, doch das Gericht hat zu verstehen gegeben, dass der DAV und der damalige Hüttenwirt überwiegend für die Folgen des Unfalls aufzukommen hätten. Den Parteien wurde bis Mitte Juli Zeit gegeben, sich außergerichtlich über eine Schadensersatzsumme einig zu werden.
Den quer-Beitrag, in dem noch weitere Beispiele für die angebliche Vollkasko-Mentalität aufgeführt werden, haben wir auf unserer Facebook-Seite geteilt. Viele Kommentare sind seitdem eingetroffen (siehe unten), weswegen wir den Beitrag auch hier auf alpin.de zeigen:
16 Kommentare
Kommentar schreibenDas Bauamt muss eigentlich diesen Fluchtweg als Teil des Brandschutzkonzeptes abgenommen haben, sonst wären ja keine Übernachtungen im OG mehr zulässig gewesen.
Jetzt stellt sich die Frage ob das nie passiert ist oder Wirt und Amt unter einer Decke stecken?
Im Brandfall, wenn es raucht und dunkel ist, man dem Notausgang folgt, oder jemand der nicht gut genug sieht, wenn er Nachts vom Rauchalarm aus dem Bett geholt wird, und die Gruppe der Flüchtenden von hinten schon anschiebt, dann will ich sehen was passiert...
Die Verantwortlichen haben völlig versagt, als Sie diesen eklatanten Sicherheitsmangel geschaffen haben. Das hätte jedem anderen auch passieren können, der nicht besoffen ist.
Das Argument "Selbst schuld, er hat ja gesoffen" lass ich nicht gelten. Die bauliche Maßnahme war alles andere als sicher. Und wenn man als Hüttenpächter die Leute auf der Hütte saufen lässt, sie sogar dazu animiert und das Rahmenprogramm und am Ausschank an die Übernachtungsgäste gut verdient, dann weiß man auch, dass man nachts betrunkene Leute auf der Hütte hat.
So tragisch wie die Folgen des Unfalls sind, der Herr ist erwachsen und ist für seinen selbst gewählten Alkoholkonsum und sein Verhalten welches zum Unfall führte selbst verantwortlich. Alles Gute.
Leider fehlen uns doch einige Fakten, vor allen Dingen, klagt der Verunglückte selbst oder z.B. seine Unfallversicherung , war der Verunglückte DAV-Mitglied? Da ich selbst einmal knapp vor solch einer Lähmung stand, kann ich das Trauma und die Folgen die dieser Schicksalsschlag beim Verunglückten ausgelöst hat, nachvollziehen. Es gibt nicht den einen Grund für die Veränderungen in unserer Gesellschaft. Das Risiko für die alpinen Vereine wird umso höher umso mehr sie meinen bieten zu müssen. Der DAV sollte sich ganz einfach wieder auf das Bergsteigen besinnen - dies nachhaltig zu bewältigen ist schwierig genug. Leistungssport und Naturschutz sollen andere erledigen. Es gibt aber schon Referate beim DAV, die haben das Dilemma schon erkannt - wenn sie sagen: „Klettersteige und Kletterhallen sind der Tod des Alpinismus“. Gebt die Hütten uns Bergsteiger zurück. Berg frei Heinz Buchmann
Sicher ist die Zusammensetzung der Gäste in den Bergen ein Spiegel der Gesellschaft. Was es im Tal gibt, kommt auch auf den Berg - sofern es hip ist und die Verantwortlichen in Tourismusgebieten und bei den alpinen Vereinen immer schön den Weg bahnen. Oder anders: Dass was sich in so manchem Skigebiet abspielt erreich nun auch die "heile" alpine Welt.
Da läuft einiges schief. Warum müssen "Hütten" zu Hotelbetrieben umgewandelt werden? Warum bekommt man als Bergsteiger und Vereinsmitglied keine Unterkunft, weil Turnschuhtouris mit Rollkoffer (!) vom Hüttentaxi angekarrt werden? Was treibt Bergführer, Veranstalter und die Alpenvereine in diese Richtung des zunehmenden Pauschaltourismus in den Bergen? Manchmal könnte man glauben es Ist Geldgier. - Dieser Fall mag krass erscheinen, ist letztlich aber der Fluch der bösen Tat! Der DAV und der Wirt gehören hier ordentlich abgestraft - sofern es bauliche Mängel gibt. Vielleicht setzt dadurch mal ein Denkprozess und eine Umkehr in den Köpfen der Verantwortlichen ein.
Leider ist es so, das bei uns der der trinkt scheinbar nichts mehr für sein betrunkenes Tun kann. Wir haben mal gelernt, dass wer abends trinkt, frühmorgens trotzdem raus muss und kein Mitleid verdient.
Es ist unglaublich, was man für die immer größere „Verdummung“ der Menschheit die Allgemeinheit oder einen Einzelnen zur Rechenschaft verdonnert! Meine Eltern brachten mir folgenden Satz als Kind bei: „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!“ Wie kann es sein das man sein Hirn nicht mehr nutzen muss? Danke Mama, Danke Papa, dass ich meinen Kopf net nur auf hab, damits net nei rengt!
Das Problem sind nicht nur die Leute, die einen Fehler machen und dann klagen, sondern auch die Gerichte, die diesen Klagen dann eben stattgeben, anstatt einfach mal zu sagen: Tragisch...aber ein gewisses Restrisiko gehört zum Leben einfach dazu.
- in Deutschland bezüglich Alkohol herrscht zumindest bei den Gerichten oder Rechtsvertretern, Anwälten usw. eine für mich nicht akzeptable Meinung, dass ja der "Trinkende" keine Schuld an seinen weiteren Tun hat. Wer Alkohol zu sich nimmt hat das bewußt gemacht und weiß, dass er für weitere Handlungen selbst verantwortlich ist. Hätte er nichts getrunken, wäre das Dilemma nicht passiert. Dafür jetzt dem DAV und dem Hüttenwirt die Schuld zu geben ist doch eine Farce.
Das es vielleicht einige Mängel an den Hütten gäbe entscheidet doch aber auch kein Gericht, sondern eher der DAV und diese Sache steht doch schon wieder auf einen ganz anderen Blatt.
In der Tat ein interessanter Fall. Mal ganz objektiv betrachtet:
Für Hütten am Berg gelten genauso Vorschriften und Verordnungen bezüglich Sicherheit und Brandschutz wie bei Gebäuden im Tal, vermutlich haben sich diese Vorschriften in den letzten Jahren weiter verschärft, so dass auch nachgerüstet werden mußte (Fluchtwege etc.). Die Hütte an sich ist ja nicht alpin, nur das Gelände ringsherum. Und der Unfall geschah ja in der Hütte!
Stark alkoholisiert ist der Gast wohl auch nicht auf die Hütte gekommen, wahrscheinlich wurde da kräftig ausgeschenkt... und auch verdient. Wann hört denn ein Wirt auf nachzuschenken, obwohl ein vernünftiger Alkoholgenuß sichtbar überschritten wurde?
Diese ehemaligen "Schutz"hütten für Naturfreunde und Bergliebhaber, die immer mehr zu Partyhütten verkommen, entwickeln sich zum Teil widerwertig. Ich möchte auf der Hütte meine Ruhe und früh aufstehen und nicht nachts noch von völlig betrunkenen Gästen belästigt werden (wie schon geschehen). Krakeelende Gäste in der Nacht habe ich leider schon mehrmals erlebt.
Ein Richter urteilt übrigens nicht nach Logik, sondern nur nach dem Gesetz und der Rechtslage, dem kann man da nichts vorwerfen.
Trotzdem hoffe ich auf ein mildes Urteil für den Wirt und den DAV, der Gast ist ja für sein Verhalten wirklich schon genug gestraft.
Auf eine unfallfreie und schöne Bergsaison!!
"Vollkasko-Mentalität" trifft es wohl am Besten. Es wird nicht mehr an den eigenen Fähigkeiten gemessen, es muss immer jemand anders Schuld haben und für das eigene Unvermögen herhalten.
Ich mache allerdings auch immer die Erfahrung, dass sich dieses Phänomen größtenteils auf die unteren, leicht zugänglichen Hütten beschränkt.
Je weiter man nach oben kommt, umso weniger Bergtouristen sind unterwegs. Gelände und Fitness bremsen da doch viele aus.
Aber auch hier gibt es immer mehr Eventbergsteiger.
Da muss unsere Rechtsprechung für die nötigen Bedingungen sorgen und den Leuten klar machen, dass sie in erster Linie selbst für ihr Handeln verantwortlich sind.
Selbst die erfahrensten Bergsteiger können das Risiko nur minimieren, und nie ganz ausschließen. Aber sie kennen nun mal ihre eigenen Fähigkeiten besser, wissen worauf sie achten müssen, und können so das Risiko besser einschätzen.
Das muss man den Instagram- und Partytouristen einfach klar machen!
In all den Berichten der Bergwacht in den vergangenen Jahren, war immer der Tenor, dass man Menschenretten gerne tut. Wenn immer mehr die Alpen als Rummelplatz ausgebaut werden, überall Metallstifte in den Fels geschlagen werden, dann muss auch der, der dies Tut die Verantwortung tragen.