Wer hier reindarf, muss schweigen … oder hat ganz viel Glück. Dafür sind die Erlkönige der übernächsten Generation auch sorgfältig abgedeckt, damit die neugierigen Journalisten nicht zu scharf hinschauen. Immerhin war irgendwo eine BMW-Niere von ganz ungewöhnlicher Form zu sehen … Aber deswegen waren wir nicht hier, am 1. April, sondern zu einem exklusiven Termin mit Stefan Glowacz.
Seine nächste Expedition wird ihn wieder nach Grönland führen, mehrere Monate lang im Sommer 2018. Da muss viel Ausrüstung mit, aber zugleich auch möglichst wenig. Also nicht wie früher Kanu plus Pulka plus Portaledge plus Rikscha. Sondern einfach ein Universaltalent: Stefan und sein Team entwickelten eine Karbonschale, die alles kann. Sieht auch wie eine halbe Dachbox fürs Abenteuer.
Mit Aufnahmen für Mountainbike-Räder und anbaubaren Schwimmwülsten. Ein Kanu wird daraus nicht, aber ein recht schwimmfähiges Floß. Und ja, aufs Autodach passt die Box auch, zwei dieser Wunderteile lassen sich sauber aufeinanderlegen und – natürlich – auf einem BMW zum Einsatzort fahren.
Das waren bislang Testreviere in den Alpen und eine Flugreise nach Baffin Island, dem Schauplatz von Stefans bislang letzter Expedition (ALPIN berichtete). Da zeigte sich, was an der Schale noch zu verbessern ist. Stefan: "stärkere Rad-Achsen". Aber sonst habe sich das Karbon sehr bewährt, wurde die Schale doch erbarmungslos durchs Geröll gezogen, wie der Abenteurer erzählt.
Zehn Kilo wiegt die Schale, etwa zwölf komplett mit den Beschlägen. 100 Kilo lassen sich zuladen, darunter auch die Zelthülle. Die deutsche Marmot-Filiale hat sie in ihrer Musterschneiderei aus einem neuen Gore-Material gefertigt, das wind- und wasserdicht ist, dabei aber atmungsfähig. Schließlich soll sie nicht nur ein angenehmes Schlafklima bieten, sondern auch vor Stürmen schützen.
Ob das stimmt und wo noch Schwachstellen auszumerzen sind, soll der Termin bei BMW überprüfen. Dass dafür der 1. April ausgesucht wurde, ist wohl nur ein Zufall – es musste ein Samstag sein, da unter der Woche Autos im Sturm stehen. Andreas Lichte, Leiter des Umweltwindkanals, erklärt, was „Sturm“ bedeutet: Das Forschungs- und Innovationszentrum von BMW kann ihn mit gigantischen Turbinen simulieren, und dazu noch jede Klimazone der Erde.
Der Klimawindkanal liefert künstlichen Fahrtwind bis 280 km/h, der Thermowindkanal zeigt Beschleunigungen, die dem freien Fall nahekommen und ein kleineres Wind-Gehäuse aus extradicken Stahlwänden lässt sich bis auf eine simulierte Meereshöhe von 4200 Meter einstellen.
Da schnauft jedes Auto! Der Umweltwindkanal schließlich erlaubt Temperaturen von -40 bis +55 Grad, bei 5 bis 95 % Luftfeuchtigkeit. Mit Lampen, die stärken als die Saharasonne leuchten können. Andreas Lichte: "Starkregen? Schneesturm? Können wir alles!“
Ist auch wirklich saukalt in der großen Röhre. -18 Grad zeigt das Thermometer. Noch kälter wird’s, wenn die Turbine langsam hochfährt, ihr Rauschen sich zu einem bösartigen Fauchen steigert und der "Tachometer" sich bei 80 km/h einpendelt. Wohl dem, der jetzt einen sicheren Unterstand findet – oder ihn einfach mitnehmen und aufbauen kann wie Stefan Glowacz.
Und tatsächlich, er hockt gut gelaunt in seinem Häuschen, brüllt gegen den Sturm an, der an den dünnen Stoffwänden zerrt und tobt, und freut sich, dass es im Inneren angenehm windstill ist. Fast jedenfalls. Und ein bisschen kalt auch. Im Nu sind unsere Ärmel bereift.
Denn oben an der Aufhängung finden ein paar Schneeflocken den Weg hinein. Aber dazu war der Termin ja da: um Verbesserungen an dem Karbonteil zu finden, für das nur noch ein griffiger Name fehlt. "Multifunktionsschlitten" – wie klingt denn das? Unser Vorschlag: UNIGOM. Ist es doch kein Universal-Motor-Gerät, sondern angesichts von Klimawandel und Neuorientierung des Mobilitätsgedankens DAS Universal-Gerät-Ohne-Motor schlechthin. Gute Reise, lieber Stefan!
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