Interview mit Paul Nicolini von Himalaya Fair Trekking

"Die Nepalesen wollen zurück zur Normalität"

Ein Jahr nach den beiden schweren Erdbeben von 2015: Wir haben mit Paul Nicolini vom Münchner Fernreiseanbieter Himalaya Fair Trekking über die derzeitige Lage in Nepal gesprochen.

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Herr Nicolini, wie ist die momentane Situation in Nepal?

Bis auf Langtang sind alle Trekking-Gebiete offen. Dieses Gebiet wurde von den beiden Erdbeben im vergangenen Jahr besonders hart getroffen. Hingegen sind andere Regionen wie Annapurna oder Mustang so gut wie gar nicht betroffen gewesen. Natürlich findet man auch in Kathmandu ein paar eingestürzte Tempel, aber man wird mit dem Auswirkungen der Erdbeben nicht konfrontiert, wenn man nicht gezielt danach sucht.

<p>Naturschönheit, Kultur und Spiritualität: Das alles und mehr bietet Trekking im Himalaya.</p>

Naturschönheit, Kultur und Spiritualität: Das alles und mehr bietet Trekking im Himalaya.

© Paul Nicolini

Kommt der Wiederaufbau in den betroffenen Gebieten voran?

Geld wäre genug da, aber es gibt keinen Plan. Es hat keinen Plan A und auch keinen Plan B gegeben. Bis die nepalesische Regierung einen Minister ernannt hat, der für den Wiederaufbau zuständig ist, war ein Jahr vergangen. Und die internationalen Spendengelder in Milliardenhöhe sind bis heute nicht abgerufen worden. Die werden Kathmandu nur für konkrete Projekte zur Verfügung gestellt, aber daran hapert es ja gerade. Die vielen kleinen privaten Hilfsprojekte haben im vergangenen Jahr jedenfalls weit mehr bewirkt als die großen internationalen Organisationen, die über den nepalesischen Staat gelenkt werden.

Über 400 Everest-Besteigungen allein in diesem Frühjahr: Hat der Run auf den höchsten Achttausender der Erde touristisch auch auf andere Regionen abgefärbt?

Das waren noch die Nachwehen der letzten beiden Jahre, wo keine Besteigungen möglich waren. Auf den Trekking-Tourismus hatte dies überhaupt keinen Einfluss. Hier waren die Zahlen im Frühjahr noch unter dem Normalniveau.

Warum schrecken sehr viele Touristen immer noch davor zurück, nach Nepal zu reisen?

Das liegt vor allem daran, dass viele Leute immer noch die falschen Bilder im Kopf haben: "Alles ist zerstört, das alte Kathmandu, ja, das alte Nepal gibt es nicht mehr " und so weiter. Manche glauben auch, dass man es den Nepalesen, die alles verloren hätten, nicht zumuten könne, in so einer Situation auch noch Touristen zu bewirten. Das ist aber alles nicht richtig!

Die Infrastruktur in den relevanten Gebieten ist vollkommen intakt. Hier waren auch alle Hotels nach den Beben bewohnbar. Die Versorgung funktioniert ebenfalls einwandfrei. Die Leute warten hier förmlich auf die Trekker, sie wollen zur Normalität zurück und ihren Alltag leben. Dazu brauchen sie aber die Touristen, vor allem aber die Trekking-Touristen. Denn die bringen das Geld in die verschiedenen Regionen, Täler und Ortschaften.

Inwiefern tragen auch die Medien dafür Verantwortung?

Zunächst ist viel über die Erdbeben geschrieben worden. Die Berichterstattung war nicht falsch, aber doch recht einseitig. Damit hat man den Land mittelfristig einen Bärendienst erwiesen. Weil überwiegend nur die Schäden thematisiert wurden. Natürlich ist später auch erwähnt worden, dass Reisen nach Nepal prinzipiell wieder möglich sind. Das steht allerdings in keinem Verhältnis zu den Katastrophenberichten über das Erdbeben.

<p>Vor beeindruckender Kulisse: Trekking ins Annapurna Basecamp.</p>

Vor beeindruckender Kulisse: Trekking ins Annapurna Basecamp.

© Paul Nicolini

Zieht es die Trekker statt nach Nepal nun in andere asiatische Länder?

Ich habe den Eindruck, dass Ladakh, im Norden Indiens gelegen, noch am meisten davon profitiert. Aber nicht in dem Ausmaß wie Nepal nachgelassen hat. Nepal kann man als Fernreiseveranstalter nicht kompensieren. Das ist einfach die wichtigste Trekking-Destination weltweit.

Neben Himalaya Fair Trekking bieten unter anderem Amical Alpin, der DAV Summit Club, Hauser Exkursionen und Top Mountain Tours Trekking-Touren in der Himalaya-Region an. 

2 Kommentare

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Paul Nicolini / Himalaya Fair Trekking

Mir ist kein einziger Fall von Kidnapping in Nepal bekannt. Auch wenn die allgemeine Kriminalität in Nepal in den letzten Jahren zugenommen hat, würde ich Nepal noch immer als sicheres Land bezeichnen. Wer ganz sicher gehen will, geht immer mit einem Führer auf Trekkingtour.

Tobi

Mir fehlt in dem Bericht eine Aussage darüber, ob es in wirklich die Gefahr von kidnapping gibt in folge der Armut wegen des Erdbeben.