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Bittet man im Jahr 2024 zehn Passanten in der Fußgängerzone einer beliebigen Stadt Deutschlands, Italiens, Österreichs oder der Schweiz, den Namen eines bekannten Bergsteigers zu nennen, wird dieser am häufigsten fallen: Reinhold Messner. Und das obwohl dessen große Bergsteigerzeit inzwischen schon Jahrzehnte zurückliegt.
Warum ist das so?
Mythos Messner@(zwischenHeadlineTag)>
Nun, zum einen sind die bergsteigerischen "Heldentaten" des Südtirolers in ihrer Summe einzigartig. Bereits im zarten Alter von fünf Jahren bestieg der gebürtige Brixener, der mit acht Geschwistern im Villnößtal aufwuchs, in Begleitung des Vaters seinen ersten Dreitausender, den Sass Rigais in der Geislergruppe im Grödnertal.
Es war der Beginn einer bergsteigerischen Weltkarriere, an dessen Anfang hunderte Klettertouren und zahlreiche Erstbegehungen schwierigster Routen in den heimischen Alpen standen. Zu dieser Zeit, in den 1960er Jahren, machte sich Reinhold Messner zunächst innerhalb der Szene einen Namen.
Den Beruf als Mathelehrer ließ er bald sein, um sich als Profi aufs Bergsteigen zu konzentrieren. Mit Erfolg. In den 1970ern und 1980er Jahren geriet der Name Messner durch spektakuläre (und schlau vermarktete) Achttausender-Besteigungen auch in den Fokus einer außeralpinen Öffentlichkeit: erste Überschreitung eines Achttausenders (1970 am Nanga Parbat, Bruder Günther starb dabei), erste Besteigung des Mount Everest ohne Flaschensauerstoff (1978 mit Peter Habeler), erste Solobegehung eines Achttausenders (Nanga Parbat, August 1978), erste Solobegehung Mount Everest (ohne Flaschensauerstoff, 1980), erste Achttausender-Doppelüberschreitung (mit Hans Kammerlander an Gasherbrum I und II, 1984), schließlich als erster Mensch auf allen vierzehn Achttausendern der Erde (1986) – um nur einige der wichtigsten Stationen zu nennen.
Messner, der sich seit 1986 auch rühmen darf, alle Gipfel der Seven Summits, die höchsten Berge der sieben Kontinente, bestiegen zu haben, hat die Grenzen des Alpinismus verschoben – und das so weit wie kaum jemand vor ihm. Aber dies alleine kann seine auch heute noch nahezu ungebrochene Prominenz nicht in vollem Umfang erklären.
Bilder zu den Achttausender-Besteigungen von Reinhold Messner findet ihr in dieser Fotogalerie:
Medienmacht Messner@(zwischenHeadlineTag)>
Reinhold Messner hat es seit seinen ersten grandiosen Achttausender-Besteigungen vor über 50 Jahren bis in die Gegenwart hinein verstanden, sich und seine Erfolge in fast 100 Büchern, Vortragstourneen und Filmen einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren und sich durch TV-Auftritte in großen Samstagabend-Shows wie "Wetten dass ..." oder "Verstehen Sie Spaß?" sowie unzähligen Talkshows in den Köpfen der Menschen auch im Jahre 2024 als DER Bergsteiger schlechthin festzusetzen.
Zudem hat sich der Südtiroler Visionär auch nach seiner Bergsteigerkarriere immer wieder "neu erfunden" und mit großem Erfolg Ziele und Unternehmungen gesucht, die ein großes Publikum in ihren Bann zogen.
Sei es als Weitwanderer in der Wildnis (Durchquerung der Antarktis, Grönlands und der Wüsten Gobi und Takla Maka), als Biobauer mit Selbstversorgerhöfen und eigener Yak-Zucht in Sulden, als Kurzzeitpolitiker (ab 1999 saß er für die Grünen Südtirols für fünf Jahre im Europaparlamament) oder als Gründer der Messner Mountain Museen Firmian, Juval, Dolomites, Ortles, Ripa und Corones.
Reinhold Messners Aktivitäten scheinen ausnahmslos zu gelingen, sie wurden und werden wie seine Treffen mit (Ex-)Kanzlerin Angela Merkel allzeit von den Medien ausführlich begleitet.
Bilder aus dem Leben Reinhold Messners findet ihr in dieser Fotogalerie:
Mensch Messner@(zwischenHeadlineTag)>
Wenn Franz Beckenbauer die Lichtgestalt des Fußballs war, so ist Reinhold Messner die Lichtgestalt des Bergsteigens. Doch wie "Kaiser Franz" (spätestens durch dessen Rolle in der Affäre um die Vergabe der WM 2006) sind auch Reinhold Messner und sein Tun nicht frei von Kritik.
Die Art und Weise des Vorgehens bei der Durchsetzung seiner Ziele, die medienwirksame Darstellung seiner (bergsteigerischen) Aktivitäten und sein Hang, zu allem und jedem eine explizite Meinung zu haben und diese lautstark kundzutun, brachten Reinhold Messner in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur Freu(n)de ein. Nicht wenige Kritiker hielten und halten ihm mangelnde Kritikfähigkeit, Rechthaberei oder Narzissmus vor.
Besonders wenn es um die Ereignisse am Nanga Parbat 1970 ging, als Günter Messner starb, duldete und duldet Reinhold Messner keine andere Darstellung des Geschehenen als die eigene. Jene, die es für möglich hielten, er habe die Überschreitung des Berges und den Abstieg über die Diamirseite zur Mehrung seines alpinistischen Ruhms von Anfang an geplant und möglicherweise seinen erschöpften Bruder alleine auf der Aufstiegsroute über die Rupalflanke zurück geschickt, bezeichnete er als Verbrecher und sah sie an der Spitze einer "internationalen Rufmordkampagne". Der vom Tod Günthers tief getroffene Reinhold scheute auch mehrere Male nicht den Gang vor Gericht, um missliebige Behauptungen verbieten oder den Vorwurf der unterlassene Hilfeleistung an Expeditionsleiter Karl Maria Herrligkoffer verhandeln zu lassen. Es kam zum Bruch mit Expeditionsteilnehmern von damals wie etwa Hans Saler, Max von Kienlin oder Gerhard Baur.
Weggefährten wie etwa Achttausender-Seilpartner Peter Habeler, Expeditionsarzt Oswald "Bulle" Oelz oder der Südtiroler Kletterer Hans-Peter Eisendle lassen dagegen nichts auf ihren Freund Reinhold kommen.
Messner hat insgesamt vier Kinder, drei davon (Magdalena, Simon und Anna Juditha) mit seiner langjährigen Partnerin Sabine Stehle. Magdalena und Simon sind auf gewisse Weise in die Fußstapfen des Vaters getreten. Das Museumsprojekt hat Reinhold Messner 2017 an seine heute 36-jährige Tochter Magdalena abgegeben.
Mit 1990 geborenen Sohn Simon Messner, einem ebenfalls exzellenten Bergsteiger und Kletterer, widmete sich Reinhold Messner einige Jahre dem Bergfilm und erntete als Regisseur mit Streifen wie "Still Alive - Das Drama am Mount Kenya" oder "Die Große Zinne - 150 Jahre Kletterkunst" großes Lob von Kritikern und Publikum.
Dennoch ist es aktuell um das Familienglück der Messners nicht gut bestellt. Um Streitigkeiten zu vermeiden, hat Reinhold Messner sein Erbe bereits zu Lebzeiten an seine Familie vergeben. Mit ungutem Ergebnis. "In dem Moment, als ich mein materielles Erbe an die Kinder und Ehefrau verteilt hatte, zerbrach die Familie. Die Frage, wer mehr bekommen hat, stand im Vordergrund und ich stand mit 75 am Abgrund", klagte Reinhold Messner in einem vielzitierten Interview mit der Apotheken-Rundschau im Sommer 2024.
Simon Messner wehrte sich gegen die Darstellung, er und seine Geschwister seien undankbar. Im BR-Podcast "Messners - Ein extremes Leben" schildert der Sohn die spannungsreiche Beziehung zu seinem Vater und erzählt, dass seit mehreren Jahren keinen Kontakt mehr zu Reinhold bestehe. Die eindringliche Schilderung gipfelt in der Aussage Simon Messners: "Mein Vater ist für mich schon gestorben."
Möglicherweise ist dieses Zerwürfnis auch der Grund, weshalb es keine große Geburtstagsfeier geben soll. Stattdessen wolle Messner alleine mit seiner dritten Ehefrau Diane Schumacher (44) feiern, die er im Mai 2021 geheiratet hatte. "Diane und ich werden in eine kleine Berghütte auf 2000 Metern ziehen, um zu feiern. Nur wir zwei", wird Messner in der italienischen Zeitung "Corriere della Sera" zitiert.
Vielleicht drehen die beiden ja eine schöne Wanderrunde um die Hütte? Fit ist Reinhold Messner immer noch. "Natürlich werde auch ich ungeschickter, langsamer, vergesslicher. Ab und zu verstolpere ich mich", sagte Messner, der mit seiner Ehefrau erst diesen Sommer den Kailash in Tibet umrundete, jüngst der Deutschen Presse-Agentur. "Aber als alt empfinde ich mich nicht."
Gratulation an Reinhold Messner@(zwischenHeadlineTag)>
Reinhold Messner hat das Bergsteigen geprägt wie kaum ein anderer. Der Alpinismus verdankt ihm vieles. Der Rebell widersetzte sich - ganz im Geist der freiheitssuchenden Jugend der Siebziger - den militärisch-nationalstolzen Bergbelagerungsexpeditionen wie sie davor im Höhenbergsteigen üblich waren. Stattdessen etablierte er spätestens mit der Besteigung des Gasherbrum I mit Peter Habeler im Jahr 1975 den Alpinstil auch im Höhenbergsteigen: kleine Seilschaften, ohne Fixseile, ohne Träger, ohne Flaschensauerstoff, ohne Hochlager. Reinhold Messner erweiterte den Horizont des Bergsteigens und verschob wieder und wieder die Grenzen des (alpinistisch) Möglichen. Dafür gebührt ihm allergrößter Respekt.
ALPIN dankt Reinhold Messner, der unserem 1963 ins Leben gerufenem Magazin, von 1982 bis 1984 als Herausgeber fungierte. Unter seiner Regie fand das Magazin vom damaligen "Alpinismus" zu seinem heutigen Namen.
Wir gratulieren dem streitbaren Süditroler herzlich zum 80. Geburtstag und wünschen alles Gute für die Zukunft und vor allem weiterhin beste Gesundheit!
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2 Kommentare
Kommentar schreibenGuter, differenzierte Würdigung. Messner ist einfach ambivalent. Wo viel Licht, da viel Schatten. Fürs Bergsteigen sicher mehr Licht.
Na da gratulieren wir doch ganz herzlich. Schön das er nicht weichgespült und immer seinen Kopf behalten hat. Man muss auch sagen ohne ihn hätte der traditionelle Alpinismus einen großen, wenn nicht den, Verfechter weniger. Er hat für die Nachwelt viel geschaffen und an Werten erhalten und transportiert, auch mit den Museen.Danke