Dujmovits will Spendenbereitschaft erhalten

"Nepal braucht auf Jahre Unterstützung"

In diesem Frühjahr wollte sich Ralf Dujmovits eigentlich einen langersehnten Traum erfüllen: Den Everest ohne künstlichen Sauerstoff. Doch dann fing in Nepal die Erde zum beben an. Deutschlands erfolgreichster Höhenbergsteiger berichtet von den Tagen danach.

"Nepal braucht auf Jahre Unterstützung"
© Picture Alliance

Einer der erschütterndsten Tage, die ich unterwegs erlebt habe, liegt hinter mir - gestern besuchten wir mit einem Ärzteteam der Nepalhilfe Beilngries die Region Sindhubachowk, 80 km nordöstlich von Kathmandu. Die neben der Region Gorkha wahrscheinlich vom Erbeben am stärksten in Mitleidenschaft gezogene Gegend Nepals. Die meisten der Schulprojekte der Nepalhilfe Beilngries sind dort zu finden - viele davon vom Erdbeben zerstört. Wie auch zwischen 85 und 95% der Häuser der Einheimischen.

Nachdem der Everest auf der Nordseite von den Chinesen am 28. April wegen möglicher starker Nachbeben gesperrt wurde, konnten Nancy [die kanadische Bergsteigerin Nancy Hansen, Anm. d. Red.] und ich am 06. Mai nach vielen Formalitäten endlich von Lhasa am Everest vorbei nach Kathmandu fliegen. Schon bei der Landung sind die vielen - und trotzdem immer noch zu wenigen - Helikopter am Flughafen zu sehen. Daneben türmen sich Hilfsgüter aus aller Welt. Im Flughafen kümmert sich kaum einer um die wenigen ankommenden Passagiere.

Auf den Straßen von Kathmandu dagegen schon fast wieder Daily Life as usual, - außer dass Touristen fast gänzlich fehlen. Nur da und dort sieht man eher wenige zusammengebrochene oder völlig schief stehende Häuser. Am Nachmittag dann das erste bittere Erwachen: viele der altehrwürdigen Paläste und Tempel der Innenstadt Kathmandu's sind eingestürzt oder schwerst beschädigt. Eine traurige Stille liegt über dem Durbar-Square - Staub hängt in der Luft, überall türmt sich der Schutt und es riecht nach Verwesung. Noch immer sind nicht alle Toten geborgen.

Gestern dann die Fahrt mit einem sechsköpfigen Ärzteteam des Siddhi Memorial Hospitals nach Sindhubalchowk. In Bakhtapur beim Krankenhaus ist Treffpunkt: die sechs jungen Ärzte begleitet von drei Krankenschwestern und weiteren Helfern werden angeführt von Sabina Parajuli, eine ehemalige Schülerin der Schule in Sangachok. Eines der frühen Schulprojekte der Nepalhilfe Beilngries. Die dieser bodenständigen, intelligenten jungen Frau auch das Medizin-Studium ermöglicht hat.

In etwas mehr als zwei Stunden erreichen wir zu dreizehnt in einem Toyota Landcruiser sitzend und mit dem VW Bus der Nepalhilfe 'Blue Elefant' voller Hilfsgüter ihr Heimatdorf Sangachok. Auch das Haus ihrer Eltern, die sie liebevoll begrüßen, ist gänzlich zusammengebrochen. 200 Tote alleine in ihrem Dorf. In kürzester Zeit sind viele Patienten anwesend und werden kostenlos versorgt. Über dreihundert an diesem Tag.

Nach der Besteigung des Lhotse im Mai 2009: Ralf Dujmovits ist der erste Deutsche, der alle Achttausendern der Erde besteigen konnte.
Nach der Besteigung des Lhotse im Mai 2009: Ralf Dujmovits ist der erste Deutsche, der alle Achttausendern der Erde besteigen konnte.
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Wir verteilen medizinische Mundschutze, Seife, Zahnbürsten und Zahnpasta. Vor ein paar Tagen hat die Nepalhilfe schon Reis und Mehl geliefert. Später führt mich Sabina zu 'ihrer' Schule: ich darf ein Gespräch mit ihr filmen, in dem sie unter Tränen um Unterstützung bittet. Ihre Schule steht zwar noch, wird aber abgerissen werden müssen. Wir schätzen, dass etwa 90% der Häuser zerstört sind.

Wir fahren weiter nach Irkhu, einem kleinen Dorf auf einer Anhöhe. Zwischen 2000 und 2002 konnte dort die Nepalhilfe mit meiner finanziellen Unterstützung eine kleine Schule erbauen. Die immer wieder erweitert wurde - und jetzt wie durch ein Wunder stehen geblieben ist. Die Polizei hat dort ihr Hauptquartier aufgeschlagen. Fast keines der umliegenden Häuser steht mehr. Ein furchtbar Anblick. Knapp 80 Patienten versorgen die Ärzte und Krankenschwestern hier.

Der Jeep bringt uns weiter nach Thulosirubari: 2009 durften dort Gerlinde und ich gemeinsam mit dem früheren Vorsitzenden der Nepalhilfe, Karl Rebele, die neue Schule eröffnen. 550 Kinder waren es am Anfang, 700 bis zum Tag als das Erbeben kam.

Glücklicherweise war es ein Samstag und die Schule war geschlossen. Das untere Stockwerk ist zusammengebrochen und die weiteren zweieinhalb Stockwerke sind nach untern gesackt. Ich war so stolz auf 'unsere' Schule. Es wird nur noch ein Komplett-Abriss helfen.

Nancy Hansen und Ralf Dujmovits während der Akklimatisierung.
Nancy Hansen und Ralf Dujmovits während der Akklimatisierung.
© Nancy Hansen

Wir fahren weiter in den Hauptort des Sindhubalchowk: nach Chautara. Wir sehen unterwegs fast nur Ruinen. Die Schule der Österreichischen Nepalhilfe-Sektion Lichtenegg steht zwar noch, hat aber schwerste Schäden. Ein Bauingenieur wird in den nächsten Tagen entscheiden ob noch etwas zu retten ist.

Ein vor allem für das medizinische Personal sehr anstrengender Tag geht zu Ende. Eigentlich wollten wir noch die im Aufbau befindliche neue Lowa-Schule besuchen, sind aber alle zu erledigt. Jeden zweiten Tag ist das nepalische Team der Nepalhilfe und des Siddi Memorial Hospitals auf solch einer Tour. Kaum zu Ermessen, was sie in diesen Tagen wegstecken müssen.

Nancy und ich hatten gehofft auf dem Land helfen zu können - mussten aber einsehen, dass wir mit bloßen Händen und wenig medizinischen Kenntnissen nur beschränkt Hilfe leisten können. Schweres Räumgerät wäre notwendig wo die Menschen zur Zeit schwer traumatisiert vor ihren eingestürzten Häusern sitzen und auf den Monsun warten.

Wir haben verstanden, dass es unsere Aufgabe sein wird, die Spendenbereitschaft der Menschen bei uns mit Bildern und Videos aufrecht zu erhalten. Nepal wird auf Jahre Unterstützung brauchen.

Einen traurigen aber ganz herzlichen Gruß aus Kathamandu

Spendenkonten Nepalhilfe Beilngries
  • Volksbank Bayern Mitte
  • IBAN: DE05 7216 0818 0004 6227 07
  • BIC: GENODEF1INP
  • Kennwort: "Erdbeben"

Text von Ralf Dujmovits

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