Tourenski und Schneeschuhe versprechen die große Freiheit im Schnee, Erlebnisse unabhängig von Wegen. Doch neben den Winterproblemen Kälte und kurze Tage ist das Schlagwort "Lawine" ständiger Begleiter. Deshalb gilt besonders im Winter der bewährte Berg-Grundsatz: langsam anfangen, allmählich lernen. Wer sich an vielbegangenen und offiziell empfohlenen Touren orientiert, ist tendenziell sicherer unterwegs – und stört auch nicht ungewollt Wildtiere.
Wer das Draußen genießen möchte, dem sollte klar sein, dass "freies" Skigelände eben auch "ungesichert" bedeutet. Das heißt, lawinenbewusstes Verhalten ist sowohl als Selbstschutz wie auch als Fremdschutz zwingend notwendig – spätestens dann, wenn der Schnee so hoch liegt, dass Freeridefeeling aufkommt.
Das richtige Verhalten zur Minimierung des Lawinenrisikos auf Skitour@(zwischenHeadlineTag)>
Was heißt das für die Praxis? Die entscheidenden Weichen werden schon bei der Tourenauswahl und -planung gestellt. Grundlage dafür ist eine ehrliche Selbsteinschätzung: Was kann ich? Wie bin ich aktuell drauf? Was will ich erleben?
Über diese Fragen sollte man sich auch als Team klar sein. Für die Auswahl eines angemessenen Ziels ist der wichtigste Faktor die probabilistische (=statistikbasierte) Risikoabschätzung anhand des aktuellen Lawinenlageberichts (den aktuellen Lawinenlagebericht Bayern findet ihr hier, und hier einen Artikel, wie ihr den LLB richtig lest).
Aber auch Schwierigkeit und konditioneller Anspruch sollten bei den aktuellen Verhältnissen und Wetteraussichten deutlich im grünen Bereich liegen. Zur Planung gehört ein Zeitplan mit Etappenzeiten und Puffern für unerwartet schwierige Verhältnisse (Spuren im Tiefschnee) und Rüstzeiten (Auf- und Abfellen), um nicht in die Dämmerung zu kommen. Aus Führern und Karte sieht man die Schlüsselstellen der Tour – in puncto Schwierigkeit und Gefahrenpotenzial. Mit genügend Abstand dazu lokalisiert man Checkpunkte, an denen man vor Ort die Machbarkeit einschätzt – und überlegt sich schon zu Hause attraktive Alternativen (Plan B, C, …), die dann ein "Nein, Danke!" wegen Risiko oder Zeitüberschreitung nicht als einen Verlust empfinden lassen.
Lawinensicher auf Skitour: Die fünf Kriterien des Lawinenmantras@(zwischenHeadlineTag)>
Damit hat man quasi schon die erste Phase des Lawinenmantras durchgespielt, das der Snowcard-Miterfinder Jan Mersch entwickelt hat (hier ein Interview mit Jan Mersch). Der Grundgedanke des Mantras: In allen Phasen einer Tour – Auswahl und Planung, Anfahrt und Ankunft, regelmäßig unterwegs – checkt man gebetsmühlenartig diese fünf relevanten Kriterien:
Statistikbasierte (probabilistische) Risikobewertung. Mit Tools wie der DAV-Snowcard können auch weniger Erfahrene auf Basis des LLB ihr Risiko einschätzen. Für die Touren-Auswahl können KI-Tools wie skitourenguru.ch nützen.
Die analytische Risikobewertung fordert viel Fachwissen und kann vor allem Experten zusätzliche Informationen liefern. Doch es gibt auch relativ einfache Kriterien wie "kritische Neuschneemenge" oder "Alarmzeichen", die im Gelände helfen, lokale Gefahrenstellen zu erkennen.
Der Faktor Mensch wird allzu gerne unterschätzt: Unerfahrenheit, Übermotivation, Zielfixiertheit, Gruppendruck, Powderalarm oder schlechte Tagesform bedeuten Gefahr. Wer defensiv unterwegs ist und ein Grummeln im Bauch zum Anlass für Plan B nimmt, sichert sich einen zweiten Versuch.
Konsequenzanalyse: Vor allem an Checkpunkten im Gelände kann man abschätzen, wo eine Lawine wohl enden wird – mit sanftem Auslauf? Im Wald? An einem Felsabbruch?
Vorsichtsmaßnahmen wie "Abstand halten" oder "einzeln fahren" können auf Tour das Risiko einer Lawinenauslösung senken oder deren Folgen mindern.
Mit diesem System im Kopf geht man offenen Auges durchs Gelände, achtet auf "Alarmzeichen", ist sich stets im Klaren, wo man ist, und prüft spätestens an den festgelegten Checkpunkten, ob man noch im grünen Bereich ist, Sicherheitsmaßnahmen ergreifen oder zur entspannteren Alternative wechseln sollte. Denn: Eine fixe Idee durchsetzen zu wollen, den Berg bezwingen – das führt im Winter noch schneller als im Sommer ins Risiko.
Skitouren: Regeln zur Touren-Auswahl anhand der Lawinenwarnstufe@(zwischenHeadlineTag)>
Wer sich nicht in die Tiefen der zahlreichen Lawinenstrategien einarbeiten möchte und dafür bereit ist, sich mit einem etwas reduzierten Tourenangebot zu begnügen, kann die Auswahl nach folgenden Regeln nur anhand der Warnstufe des Lawinenlageberichts treffen. Die Checks unterwegs bleiben aber trotzdem angesagt.
Stufe 4 und 5: Keine Aktivitäten abseits geöffneter Pisten!
Stufe 3: Keine Touren mit Hängen über 30 Grad Steilheit! (in der Literatur meist so beschrieben: leicht, Modetour, viel begangen, Lawinengefahr: selten)
Stufe 2: Viel begangene Touren in typischen Modegebieten mit über 30 Grad Steilheit möglich (Literatur: mittel, Modetour, viel begangen, Lawinengefahr: manchmal) oder wenig begangene Touren unter 30 Grad Steilheit (Literatur: leicht, wenig bekannt, Lawinengefahr: selten).
Stufe 1: Auch selten begangene Touren mit einzelnen Passagen über 30 Grad (Literatur: mittel, wenig bekannt, Lawinengefahr: manchmal) oder anspruchsvolle, steile, aber viel begangene Touren Literatur: mittel bis schwer, viel begangen, Lawinengefahr: häufig).
Ob Lawinenstrategie oder Tourenauswahl "light" – für welche Variante man sich auch immer entscheidet: Grundlage zur Touren-Planung ist und bleibt die Kenntnis und das Verständnis des aktuellen Lawinenlageberichts für das geplante Zielgebiet. Wie man den Lawinenlagebericht richtig liest und versteht, erfahrt ihr in diesem Artikel.
Und jetzt: Viel Spaß im Schnee!
Unverzichtbar im freien Skigelände: das LVS-Gerät.
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