Alexander Huber und du, ihr ward ja jüngst gemeinsam unterwegs. Wie seid ihr eigentlich zusammengekommen?
Nach meiner Verletzung konnte ich ja erst mal nicht mehr bouldern und habe einige alpine Touren gemacht, unter anderem seine „Nirwana“ (8c+, Loferer Alm). Danach habe ich ihm geschrieben, dass mir die Route voll gut gefallen hat. Er lud mich zu einem Vortrag ein und wir kamen ins Schwätzen. Er meinte dann, wenn ich mal ein Projekt habe, das für ihn spannend sei, dann würde er sich anschließen. So kam er dann eben mit nach Südafrika. Und das hat ziemlich gut gepasst.
Ihr seid ja altersmäßig doch etwas auseinander. Was lernst du von ihm, was lernt er von dir?
Er hat einfach so unglaublich viel Erfahrung im Alpinen mit seinen ganzen Erstbegehungen. Davon kann ich viel lernen, wie man an so etwas herangeht. Das ist einfach eine wahnsinnige Bastelei, wenn du mit möglichst wenigen Tagen durchkommen willst. Ich habe dafür wohl ein höheres Sportkletterniveau, so ergänzen wir uns eben ganz gut. Und wenn jeder seine Stärken ausspielt, wird es lässig.
Du kommst ja aus einer Generation, die schon von Anfang an das ganze Jahr lang trainieren konnte …
Ich habe ehrlich gesagt noch nie in meinem Leben trainiert. Klar, ich hätte zumindest die Möglichkeit dazu. Um Hallen mache ich aber schon immer einen großen Bogen. Auch zu Zeiten, wo ich 8c gebouldert bin, bestand die einzige Vorbereitung darin, dass ich im Keller an meinem Beastmaker gehangen bin. Oder ich gehe halt viel bouldern, damit ich schwer klettern kann. Aber ich bin einfach niemand, der in die Halle geht und seinen Plan durchzieht, das taugt mir nicht. Bei schlechten Bedingungen gehe ich auch nicht klettern, da zieht es mich zum Eisklettern, Skifahren oder Laufen. Für die alpinen Geschichten, die ich machen will, muss ich ja ein guter Allrounder sein. Und 8a oder 8b, die klettere ich ja eh – fast – immer (lacht dabei).
Du kommst ja vom Bouldern. Was ist der entscheidende Unterschied im alpinen Gelände?
Naja, in langen Touren spielen der Kopf und die Erfahrung eine große Rolle. Der Alex sieht zum Beispiel schon sehr früh, wo man einen Haken setzen kann. Wo es weitergeht. Im alpinen Gelände muss man den Fels einschätzen können, sich schnell bewegen, gerade im brüchigen Gelände musst du dir absolut sicher sein.
Wenn du dich in der Szene verortest: Wo sind deine Stärken? Und von wem würdest du dir gerne noch eine Scheibe abschneiden?
Meine Stärke ist definitiv alles, was eher felslastig ist. Denn das habe ich einfach am meisten gemacht. Mein Ziel ist es, schwere Routen im hochalpinen Gelände erstzubegehen. Dazu muss ich immer ein hohes Sportkletterniveau halten. Tja, und Vorbilder? Da denke ich zum Beispiel immer wieder an Steve House mit seiner Tour durch die Rupalwand 2005, das fand ich einfach Wahnsinn.
Weil?
Weil die sich als Team so hart gepusht haben, um durch diese Wand zu kommen. Das finde ich eine der größten Leistungen überhaupt. Ansonsten motivieren mich diese ganzen alten Kletterer wie Cassin und Heckmair. Die haben so viel investiert, hatten so wenig Equipment, wollten aber unbedingt auf diesen einen Gipfel, durch diese eine Route, haben dafür alles gegeben – das imponiert mir! Irgendwelche Routen, die 1930 erschlossen worden sind, heute mit einer Uhr schneller hinaufzujagen, das hat für mich mit Alpinismus eigentlich nichts zu tun, da fehlt die Ungewissheit.
Heißt das, bei jedem Wetter, bei allen Bedingungen?
Nein, bei jedem Wetter, bei allen Bedingungen – dass kann schnell einmal schiefgehen. Es geht eher darum, wenn die Bedingungen passen, dann auch etwas zu wagen und zu riskieren. Die Zeit ist dabei wie gesagt eher zweitrangig. Die Stoppuhr nimmt dem Alpinismus viel Freiheit. Bei bestimmten Passagen ist Schnelligkeit natürlich wichtig, wenn es um Séracs oder andere objektive Gefahren geht, wenn die Sonne oben in den Hang scheint und du musst unten traversieren – klar, dann heißt es schnell sein. Aber Tempo ist kein Ziel an sich.
Was sind denn deine Ziele an sich?
Auf ästhetischen Linien mit möglichst wenig Hilfsmitteln durch schöne Wände zu kommen. Darum geht es mir.
Bei welchen deiner Touren warst du am meisten am Limit?
Bei der Wetterbockwand war ich wirklich am Rotieren. Das war ja praktisch die erste wirklich alpine Unternehmung, die ich gemacht habe. Mein Know-how war relativ gering. Das ist so abgelegen, du hast keinen Handyempfang, da hilft dir keiner. Und es ist wirklich sportlich eingerichtet, wenn du an bestimmten Stellen fliegst, dann war es das einfach.
Dein Unfall …
Welchen meinst du denn? Ich habe mir dreimal das rechte Sprunggelenk gebrochen, einmal die linke und rechte Ferse, einmal beide Fersen – und alles innerhalb der letzten zweieinhalb Jahre …
Was für eine Bilanz! Kommt man da ins Nachdenken?
Ja klar! Es waren dumme Aktionen, die vermeidbar gewesen wären.
Dennoch haben dich die Verletzungen ins Alpine gebracht, oder?
Ja, voll. Denn nach dem zweiten Knöchelbruch hieß es, ich darf nirgends mehr runterspringen. Der Einstieg ins Alpine hat mir dann wieder voll den Spaß am Klettern gegeben. Im Alpinen war alles Neuland. Am Fels, im Eis, dann habe ich das Soloklettern begonnen, auch das hat wieder eine Zeit gedauert, bis ich da mein System gefunden habe. Und das macht es wirklich interessant. Es ist für mich viel mehr wert, das ganze Jahr in den Bergen herumzuspielen als eine 9b zu klettern. Nicht falsch verstehen: Ich habe ultra Respekt vor denen, die das machen, denn dafür musst du echt hart trainieren.
Kommst du eigentlich aus einer Bergsteigerfamilie?
Nein, es sind alle nur Ski gefahren. Erst als ich mit dem Renn-Skilaufen aufgehört habe, ging es mit dem Klettern los.
Was heißt das aus deiner Sicht für den Sport, wenn er jetzt olympisch wird?
Plastikklettern ist einfach etwas völlig anderes. Das ist eine weitere Spezialisierung, in einem anderen Bereich. Die Leute, die dort gewinnen, werden am Fels nicht unbedingt die Stärksten sein. Das ist ein schöner Sport, in den Hallen kann ihn jeder machen, alles fein – nur mich interessiert es halt nicht. Es wird mit Sicherheit viel Geld in den Sport kommen, vor allem die Japaner pumpen extrem viel Geld rein. Andererseits darf der Klettersport seine Authentizität nicht verlieren. Vieles tut dem Kletterimage schon heute nicht gut.
Was meinst du damit?
Dieses ganze Geposte, das ist alles so vergänglich! Jeder stellt in der Früh seinen Kaffee online, dann geht er trainieren, dann bohrt er was ein, dann klettert er das Projekt doch nicht, aber Hauptsache auf den ganzen digitalen Kanälen wird darüber geschwätzt: Das taugt mir überhaupt nicht! Das ist in den letzten zwei Jahren viel schlimmer geworden. Früher hieß es immer: erst klettern, dann drüber reden – wenn überhaupt. Und heute vermarktet jeder sein Projekt und wer am meisten schwätzt, leistet nicht unbedingt am meisten!
Du studierst ja Geowissenschaften. Machst du das ernsthaft?
Ja, ich habe praktisch schon alle Scheine. Neben dem Klettern muss es schon noch etwas anderes im Leben geben.
Steckbrief
Mein voller Name lautet … Fabian Buhl. Spitzname Mogli.
Geboren wurde ich am … 2.11.1990 in Lindenberg im Allgäu.
Gelernt habe ich … Koch – und ich studiere noch Geowissenschaften.
Ich wohne in … Oberstaufen im Allgäu.
Facebook-Fans habe ich … Keine Ahnung und es ist es mir nicht einmal wert nachzuschauen.
Mich unterstützen … Adidas, Petzl, La Sportiva, Komperdell, Lyofood, Climb ON, Totem Cam.
Meine Website lautet … Ich habe keine, dafür bin ich schon vor zwei Jahren kritisiert worden, aber ich gehe halt immer noch lieber klettern.
Wichtigste Erfolge
Bouldern: „Dreamtime“, fb 8c, Cresciano, CH; „Le Boa“, fb 8c, Walensee, CH
Sport: „Frontman Deluxe“, 9a, Allgäu, D
Trad: „Psychogramm“, 8b+, Bürs, A; „Prinzip Hoffnung“, 8b, Bürs, A
Alpin: „Ganesha“, 8c, 7SL, solo rotpunkt (Erstbegehung), Loferer Alm, A; „Tough Enough“, 8c, 10 SL, solo rotpunkt, Madagaskar; Wetterbockwand, 8c, solo, Winterbegehung, Hoher Göll, A; „Nirwana“, 8c, 7SL, Loferer Alm, A
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