Sicherungstechniken in Schnee- und Firnflanken

Hochtouren: So sichert ihr richtig im Steilgelände

Im 40-Grad-Gelände ist stürzen tabu! Allerdings ist es in steilen Firnflanken oft äußerst schwierig, solide Sicherungen zu schaffen.

Hochtouren: So sichert ihr richtig im Steilgelände
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Hochtouren: So sichert ihr richtig im Steilgelände

Die einzige sichere Möglichkeit der Mitreißgefahr in steilen Schnee- und Firnflanken zu begegnen ist die Sicherung von Standplatz zu Standplatz. Nach Untersuchungen des DAV-Sicherheitskreises unterscheiden sich die Fallgeschwindigkeiten und auftretenden Kräfte beim Ausgleiten und Stürzen in Firn und Eis nur geringfügig vom freien Fall.

<p>Firnflanken: Schön, aber schwierig bzw. aufwendig abzusichern.</p>

Firnflanken: Schön, aber schwierig bzw. aufwendig abzusichern.

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Zur Reduktion der auftretenden Kräfte auf den Standplatz im Firn wird deswegen die dynamische Sicherung mit der Halbmastwurfsicherung (HMS) über einen verlässlichen Fixpunkt empfohlen.

Allerdings ist die Festigkeit von Fixpunkten in Schnee und Firn im Gegensatz zu einem Bohrhaken beim Felsklettern schwer einschätzbar. Und es ist schwierig, solide Fixpunkte zu schaffen.

Definitonssche: Was ist eigentlich Firn?

Die Bezeichnung Firn ist vieldeutig und steckt in vielen Begriffen des Bergsteigens, welche die Schneeverhältnisse beschreiben ("aufgefirnt", "Butterfirn", "Trittfirn", "harter Firn", "Firnspiegel"). Sie wird für viele Arten von Schnee unterschiedlicher Härte verwendet.

Firn entsteht durch eine abbauende Umwandlung (Prozess des wiederholten Auftauens und Gefrierens von Schneekristallen) zu körnigen, runden Kristallen (Dichtezunahme, 400 bis 800 kg/m²).

<p>So hart kann Schnee sein.</p>

So hart kann Schnee sein.

Der T-Anker zur Sicherung auf Hochtouren

Der T-Anker stellt die zuverlässigste Verankerung in Schnee und Firn dar und das Anbringen ist praktisch bei fast jeder Schneehärte möglich. Belastungsversuche haben ergeben, dass die Haltekräfte stark von der Schneehärte abhängen (von ca. 1 kN bei weichem Schnee bis hin zu fast 17 kN bei hartem Firn).

<p>Der T-Anker hält je nach Schneebeschaffenheit sogar Vorstiegsstürze.</p>

Der T-Anker hält je nach Schneebeschaffenheit sogar Vorstiegsstürze.

© Sojer

Die Festigkeiten von T-Ankern genügen bei weichem Schnee normalerweise für die Nachsicherung von einem oder mehreren Kameraden, bei hartem und sehr hartem Schnee (Schneehärte "Bleistift" und "Messer") können sogar Vorsteiger gesichert werden.

Da diese Verankerung abhängig von der Belastungsrichtung ist, steigt der Führende normalerweise vom Standplatz am T-Anker zum nächsten ohne Zwischensicherung vor. Da in der Regel nur kurze Firnflanken (wenige Seillängen) so gesichert werden, steht einem vertretbaren Zeitaufwand zum Anbringen eines T-Ankers (5 bis 10 Minuten) ein deutlicher Sicherheitsgewinn gegenüber, der den Komplettabsturz einer Seilschaft verhindern kann.

Wie mache ich einen T-Anker zur Sicherung auf Hochtouren?

Mit der Pickelhaue werden zwei Gräben in T-Form aus dem Firn ausgehoben. In einen Graben kommt der normgeprüfte Pickel mit der Haue nach oben oder unten. 

In den senkrecht zum ersten verlaufenden Graben kommt in Belastungsrichtung eine mittels Ankerstich am Flächenschwerpunkt des Pickelschaftes (ca. 5 cm von der Schaftmitte in Richtung Pickelkopf) angebrachte, vernähte Bandschlinge (z. B. Dyneema 120 cm lang), die in Belastungsrichtung an die Grabenoberfläche läuft.

Die Tiefe der Gräben beträgt mindestens 30 cm vom Pickelschaft zur Schneeoberfläche. Eine große Grabentiefe (mind. 50 cm) ist anzuraten, wenn sich unter weichem Oberflächenschnee tiefer liegende harte Schichten befinden.

Anschließend werden die Gräben mit Schnee aufgefüllt und gut verdichtet bzw. festgetreten. Vorsicht bei harter Schneeoberfläche und darunterliegenden weichen Schichten oder vielen unterschiedlich harten Schichten. Die Schicht mit der geringsten Schneehärte ist maßgeblich für die Festigkeit der Verankerung.

Experten-Tipp: Sichern in Flanken

  • Die Sicherung in Schnee und Firn ist immer mit Vorsicht zu genießen. Die Haltekräfte sind stark von der Schneebeschaffenheit abhängig.

  • T-Anker mindestens 30 cm, besser 50 cm tief eingraben.

  • Rammpickel nur zur Nachsicherung kurzer Passagen.

  • T-Anker vor Rammpickel.

  • Mehr Zeitaufwand steht einem Sicherheitsplus gegenüber.

Rammpickel (Sitzpickel) zur Sicherung auf Hochtouren

Diese Verankerung weist geringere Haltekrafte als der T-Anker auf und ist beispielsweise zur Sicherung bei kurzen Steilstufen zu empfehlen. Die Festigkeit des Firns ist hier von entscheidender Bedeutung fur die Haltekrafte.

Nach den Ergebnissen der Belastungsversuche sollte der Sitzpickel nur bei gut gesetztem Altschnee (Sommerschnee mit Hartegrad . 1 Finger der Schneeharteskala) fur die Nachsicherung von einer Person verwendet werden.

<p>Der Sitzpickel empfiehlt sich nur für die Absicherung kurzer Aufstiege im Nachstieg.</p>

Der Sitzpickel empfiehlt sich nur für die Absicherung kurzer Aufstiege im Nachstieg.

Sicherung auf Hochtour: So funktioniert der Rammpickel/Sitzpickel

Eine kurze vernähte Bandschlinge (z. B. Dyneema 60 cm lang) wird mit einem Ankerstich am Pickelschaft befestigt. Dann wird der Pickel leicht gegen die Belastungsrichtung geneigt mit dem Pickelkopf quer zur Belastungsrichtung in den Firn eingerammt.

Der Sichernde setzt sich stabil mit niedrigem Körperschwerpunkt in Belastungsrichtung blickend auf den Pickel. Die Bandschlinge wird mittels einer Ausgleichsverankerung und Karabiner in die Anseilschlaufe des Hüftgurtes eingehängt.

Der Geführte wird mit HMS-Sicherung gesichert, wobei das Seil immer straff zu führen ist, um die im Sturzfall auftretenden Kräfte zu minimieren.

Text von Andreas Wölki

1 Kommentar

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Andreas

Bin ein bisschen erstaunt dass sog. Snow Pickets in Europa fast unbekannt sind. In den USA und Kanada sind solche Kant-"Eisen" aus Aluminium gang und gebe zur Sicherung in Schneeflanken und auf verschneiten Gletschern. Zusätzlich gibt es spatenförmige Schneeanker, z.B. von MSR und DMM, die auch vielversprechend aussehen. Mit jeweils ungefähr 200 Gramm für die leichtesten Versionen sollten sie auch nicht zu schwer sein. Wenn man den Pickel noch braucht, dann ist der T-Anker natürlich keine Option. Und den Rucksack zu vergraben, ist schon ein ganz schöner Aufwand.