Voraussetzung für die Selbstrettung aus einer Gletscherspalte ist, dass der Gestürzte bei Bewusstsein und handlungsfähig ist.
Besonders der Führende einer Seilschaft sollte Selbstrettungstechniken anwenden können. Dafür empfiehlt sich ein "Trockentraining" an Bäumen oder in der Kletterhalle um im Notfall fit zu sein.
Selbstrettung auf Hochtour: Die Standardausrüstung@(zwischenHeadlineTag)>
2 Reepschnüre mit ca. 3,5 m Länge, Ø ca. 5 mm (ca. ½ Durchmessers des Seils, an dem man aufgesteigt) aus Polyamid, Kevlar oder Dyneema (steifere Reepschnüre erfordern mehrere Umwicklungen ums Seil, um gut zu klemmen)
oder 2 vernähte Bandschlingen aus Dyneema mit 120 mm oder 120 mm und 180 mm Länge für die Steigschlinge, Breite ca. 8 mm
1 Karabiner mit Verschlusssicherung für die Fixierung der Selbstsicherungsschlinge am Klettergurt
Selbstrettung auf Hochtour: Die Klemmknoten-Methode@(zwischenHeadlineTag)>
Die bekannteste Selbstrettungstechnik beim freien Hängen im Seil ist der Aufstieg mit Klemmknoten (Prusikknoten oder Bandklemmknoten).
Eine Reepschnur- oder vernähte Bandschlinge (Selbstsicherungsschlinge) wird mittels dieser Klemmknoten ins Seil geknüpft, auf Armlänge mittels Sackstich oder Achter abgeknotet und mittels Karabiner mit Sicherung in die Anseilschlaufe des Klettergurtes eingehängt.
Eine zweite Reepschnur- oder Bandschlinge (Steigschlinge) wird mittels Klemmknoten unter der ersten ins Seil geknüpft und falls nötig auf eine effektive Länge abgeknotet, die einen möglichst großen Hub ermöglicht (mit gebeugtem Bein sollte man gerade noch hineinsteigen können).
Die Effektivität bzw. der Höhengewinn pro Hub hängt dabei sehr stark von den optimierten Längen der beiden Schlingen ab. Durch das Durchstrecken eines Beines in der Steigschlinge wird der Hub ausgeführt, wobei man sich mit den Händen am Seil festhält.
Dadurch wird die Selbstsicherungsschlinge entlastet. Nach dem Hub wird die Selbstsicherungsschlinge mit einer Hand maximal nach oben geschoben und wieder belastet. Nun erfolgen das Höherschieben der Steigschlinge und der nächste Hub.
Selbstrettung nach Spaltensturz: Der Selbstflaschenzug@(zwischenHeadlineTag)>
Eine Selbstrettungstechnik, die auf dem Prinzip des Flaschenzugs mit Rücklaufsperre basiert. Ausgangssituation ist das Prusiken mit Selbstsicherungsschlinge und Steigschlinge.
Zusätzlich wird die armlange Selbstsicherungsschlinge möglichst kurz hinter dem ins Seil geknüpften Klemmknoten abgeknotet und in die dabei entstehende Seilschlinge ein Karabiner geklinkt. Nun wird so lange am Seil aufgestiegen, bis das Seil, an dem der Gestürzte im Anseilgurt hängt, entlastet ist.
Nun wird das entlastete Seil im Idealfall mit einer Seilklemme und einem Karabiner mit Verschlusssicherung in die Anseilschlaufe des Gurtes eingeklinkt. Das lose Seilende (Zugseil) wird in den Karabiner der Selbstsicherungsschlinge eingeklinkt und fertig ist ein einfacher Flaschenzug.
Durch Zug des Seils nach unten und gleichzeitiges Vor- bzw. Hochschieben der Hüfte erfolgt der Höhengewinn, der durch die Rücklaufsperre fixiert wird. Die Steigschlinge unter der Selbstsicherungsschlinge kann nun entfernt werden.
Zur Erleichterung des Höhersteigens, bei dem man bei jedem Hub nur einen halben Höhengewinn macht, kann man eine Steigschlinge mit Klemmknoten oder Tibloc in das Zugseil knüpfen und nach jedem Hub nach oben schieben.
Bei scharfwinkligem Spaltenrand oder wenn sich das Seil in den Schnee des Spaltenrands einschneidet, ist das Höherschieben der Klemmknoten schwierig oder unmöglich.
Hier bietet der Selbstflaschenzug Vorteile, da man sich durch die fast horizontale Körperposition besser gegen den Spaltenrand stemmen kann und so das eingeschnittene Seil besser frei bekommt.
Wichtig bei der Selbstrettung aus einer Gletscherspalte:@(zwischenHeadlineTag)>
Die Techniken funktionieren mit Reepschnüren und mit vernähten Bandschlingen mit Prusik bzw. mit Kreuzklemmknoten.
Bei der Verwendung von Reepschnurschlingen kann auf einen Karabiner mit Verschlusssicherung verzichtet werden, wenn die Selbstsicherungsschlinge direkt in die Anseilschlaufe geknotet wird.
Als Steigschlinge bei großen Personen kann eine vernähte Schlinge mit 180 mm Länge evtl. vorteilhaft sein (wahlweise 1 x 60 mm und 1 x 120 mm mit Sackstich verbinden).
Hochfeste vernähte Bandschlingen können auf Hochtouren vielseitiger eingesetzt werden (T-Anker, Köpflschlinge).
Beim Selbstflaschenzug kann eine in den Umlenkkarabiner eingehängte Seilrolle, durch die das Zugseil geführt wird, die Effizienz zusätzlich erhöhen.
Die verschiedenen Vor- und Nachteile der Seilklemmen, Klemmknoten, Schlingen, Klemmen und Karabiner sollte man an verschiedenen Seildurchmessern ausprobieren und üben.
Die Überwindung von Bremsknoten (Zweierseilschaft) ist komplizierter und muss möglichst gesondert geübt werden.
1 Kommentar
Kommentar schreibenSehr geehrter Herr Wölki, Andreas,
Vielen Dank wieder für den lehrreichen Artikel. Ich möchte jedoch ausnahmsweise auf einen kleinen Fehler aufmerksam machen. Denn im folgenden Satz bzw. Punkt stimmen die Maßeinheiten (mm) nicht:
"oder 2 vernähte Bandschlingen aus Dyneema mit 120 mm oder 120 mm und 180 mm Länge für die Steigschlinge"
Weiters finde ich den besagten Satz auch sonst etwas verwirrend. Denn "120 mm oder 120 mm" ist identisch, und es könnte missverstanden werden, dass beide Längen als Steigschlinge dienen sollen obwohl nur eine Steigschlinge benötigt wird.
Solche Kleinigkeiten bestätigen übrigens nur die allgemein hohe und weitum anerkannte Qualität von ALPIN!
Mit freundlichem Gruß,
Christian H.