Tom Dauers Kolumne über (halb-)nackte Influencerinnen

Sex sells auch am Berg?

Wie umgehen mit sexualisierten Content in den sozialen Medien? ALPIN-Kolumnist Tom Dauer findet, dass wir im Umgang mit den sozialen Medien alle Verantwortung übernehmen müssen.

Posts bei mountain.babes auf Instagram
© Instagram

Eine Zeit lang folgte ich über meinen Instagram-Account den Hashtags #berge #mountains #alpen #alps. Falls jemand nicht mit den sozialen Medien vertraut sein sollte, kurz zur Erläuterung (alle anderen können im dritten Absatz weiterlesen): Der Begriff "Hashtag" setzt sich zusammen aus den englischen Wörtern "hash" für das Schriftzeichen Doppelkreuz, also #, und "tag" für "Markierung". 

Ein Hashtag dient im Digitalen einem ähnlichen Zweck wie die Verschlagwortung in einem analogen Archiv. Wer sich zum Beispiel für alte Autos interessiert, findet unter dem Hashtag #oldtimer im Idealfall jede Menge Fotos auf Glanz polierter Boliden und vielleicht sogar die ein oder andere nützliche Information dazu. 

Ich hielt es daher für eine gute Idee, nicht nur die Seiten einiger guter Freunde und die Feeds ausgewählter Nachrichtenkanäle zu abonnieren, sondern eben auch Hashtags, die auf eine Auseinandersetzung mit alpinen Themen schließen lassen. Zu meinem Erstaunen stellte ich aber fest, dass mir auf meinem Smartphone-Display unter #berge #mountains #alpen #alps vornehmlich knapp bekleidete junge Frauen entgegenlächelten. 

Geschlechterklischees und "alte weiße Männer" auch bei ALPIN? Dieser Cartoon löste auf unserem Instagram-Account eine hitzige Diskussion aus.

Ich würde ja behaupten, dass die Analogie zwischen Bergen und Tälern einerseits, Busen und Pobacken andererseits eher der Gedankenwelt hormongesteuerter Pubertierender entspringt – wüsste ich nicht, dass ich die Pubertierenden damit beleidigen würde. Anscheinend gibt es aber irgendeinen Algorithmus, der assoziativ ganz schön querdenkt. 

Kampf um digitale Aufmerksamkeit

Wie dem auch sei, die softpornografischen Bildchen sind lediglich die Spitze einer Entwicklung, die ich für problematisch halte. Tatsächlich lassen auch viele Athletinnen – kletternd, bouldernd, wandernd, laufend, im Meer oder in Gumpen badend – im ewigen Kampf um digitale Aufmerksamkeit Teile ihrer Hüllen fallen und das nicht nur, weil es aus Gründen der Performance sinnvoll wäre. 

Die Absicht ist leicht zu durchschauen und das Spiel mit basalen Instinkten vermutlich erfolgversprechend. Nun ist die sexualisierte Zurschaustellung weiblicher Körper beileibe kein Phänomen, das sich auf soziale Medien beschränken würde.

Anders als bei klassischen Medienformen hat es dort aber jede Nutzerin und jeder Nutzer in der Hand, ob sie oder er die strukturellen Schieflagen unserer Gesellschaft stützen möchte oder nicht. Der "Folgen/Entfolgen"-Button ist dafür ein gutes Werkzeug.

9 Kommentare


Mein Gott Walter

Moralisierender Duktus und ideologisierte Sprache ist in Tom Dauers Kolumne beim besten Willen nicht zu erkennen. Bevormundung liegt nicht vor, in der Kolumne wird mit keinem Wort geschrieben, dass die Frauen nicht tun dürften, was sie tun. Denjenigen, die keine Lust auf die sich ständig wiederholenden Bilderchens haben, "übergriffigen" Puritanismus vorzuwerfen, ist lächerlich, auch wenn Sie, lieber Walter, die jungen Frauen, die sich um Kampf um likes und klicks ausziehen, geil finden mögen. Hören Sie auf, Ihre vor selbstzufriedener Rechthaberei triefenden persönlichen Befindlichkeitsausbreitungen als Tatsachen darzustellen.

Albert M.

Walter Kovacs Sie sind halt auch nur ein Stelzbock der gefallen an der ganzen schei... hat ????!

john holmes

insta ist für exhibitionisten und voyeure, aber vor allem ist insta für ein jüngeres publikum. (wobei ich auch nicht ganz verstehe, wofür die eigentlich werbung machen, wenn die fast nix anhaben.) für nen alpin-redakteur jedenfalls neuland, mit so komischem zeug wie hashtags und so weiter. er erwartet handfeste informationen zum thema alpinismus. ich gehe auch immer auf *******.com auch wegen der wirtschaftsnachrichten. immer wird man enttäuscht, nur nackte körper, aber ich bleib dran. wenn tom nicht so frustrationstolerant ist wie ich, dann gibt es auf biederbergsteigen.de bestimmt eine kindersichere alternative.

Walter Kovacs

@Nose: Das Präsentieren auf Sozialen Netzwerken mag eine Zeitgeisterscheinung sein. Die Gegner dieses Phänomens in ihrem moralisierendem Duktus und mit ihrer ideologisierten Sprachen repräsentieren den Zeitgeist aber nicht weniger.

Es handelt sich um volljährige und mündige Frauen. Die brauchen keine Bevormundung. Wer sich in den Sozialen Netzwerken präsentieren möchte, kann dies tun. Wer sich das anschauen möchte, kann dies ebenfalls tun. Angebot und Nachfrage. So funktioniert das in einer freien Gesellschaft.

Wer nackte Frauenrücken als "softpornografisch" wahrnimmt und sich von solchen Bildern sittlich gefährdet sieht, muss sich das ja nicht antun. Allerdings habe ich ernsthafte Zweifel, ob als vermeintliche "Werte" getarnte freiheitsferne Prüderie und übergriffiger Puritanismus einen zivilisatorischen Fortschritt darstellen.

Hansi auf unserer Facebook-Seite


Darauf springen vermutlich nur noch Leute an, die sonst auch keinen nackten Rücken sehen. Das ist doch schon so ausgelutscht, dass man nur noch scrollen kann.

Jamón auf unserer Facebook-Seite

Mich nervt sowas auch total, wenn es vielleicht wenigstens etwas subtil wäre aber meist ists ja ganz plump im Zentrum des Bildes und versperrt den Blick auf die Natur. Ähnlich ätzend der Trend überall Drohnenvideos zu machen.

Nose

Wer sich heute noch für „Werte“ ausspricht oder einsetzt oder den Zeitgeist in Frage stellt, erhält schnell mal einen Kommentar wie der von Walter Kovacs. Dabei spielt es auch keine Rolle um welches Thema es geht. Im Alpinismus zeigt sich meiner Meinung nach das selbe Phänomen, wie insgesamt in unserer Gesellschaft: auffallen um jeden Preis. Sind wir doch mal ehrlich, sexualisiertes verkauft sich nach wie vor und sichert die Aufmerksamkeit. Das Internet bietet dazu eine ausgezeichnete Plattform. Allerdings ist nicht das Internet das Problem, sondern der Mensch, der es gestaltet und nutzt. Ich finde wir haben sehr viel an Menschlichkeit, wertvollen Werten, Respekt und Demut verloren und das auch im Alpinismus. Wohlwissend, dass ich damit für viele auch als Moralapostel gelte, aber ich stehe zu meinen Werten und Tom Dauer‘s Gedanken teile ich.

Lars

Das Internet hätte es nie geben dürfen!

Walter Kovacs

Alpin, der ideologische "Wachtturm" unter den Bergmagazinen. Tom Dauer gibt sich prüde, moralisierend und paternalistisch. Tapfer kämpft er gegen "strukturelle Schieflagen unserer Gesellschaft" wie Don Quijote gegen Windmühlen. Statt es - gelassen und liberal - den Protagonistinnen selbst zu überlassen, wie sie sich präsentieren, sorgt er sich der "alte weiße Mann" um die "Sexualisierung des weiblichen Körpers". Vielleicht ist der Literaturwissenschaftler Dauer ja auch inzwischen schon so vergeistigt, dass er in Sphären jenseits von Gut und Böse unterwegs ist...