European Outdoor Film Tour 2018/19

Von witzig bis erwartbar: die EOFT-Premiere in München

ALPIN-Redakteur Andreas Erkens war beim Tourauftakt am 09. Oktober in der BMW-Welt in München dabei.

Von witzig bis erwartbar: die EOFT-Premiere in München
© Joachim Stark / Gore-Tex

Im vielleicht nicht ganz zum rauen und manchmal auch staubigen Outdoor-Alltag passenden Rahmen der hochglänzenden, perfekt polierten BMW-Welt in München feierten am Dienstag, den 9. Oktober über 600 Gäste den Auftakt der bekannten Film-Tour. Nicht ganz passend war der opulent inszenierte Rahmen vielleicht auch deshalb, weil mittlerweile sogar ein paar kritische Stimmen zu vernehmen sind: Was die High-Tech Marke BMW eigentlich mit Outdoor-Sport zu tun habe, fragen sich manche. Und auch das Engagement anderer Sponsoren scheint schwierig zu verstehen.

<p>Volles Haus: Großer Zulauf bei der Premiere in der BMW-Welt.</p>

Volles Haus: Großer Zulauf bei der Premiere in der BMW-Welt.

© Joachim Stark / Gore-Tex

 Zum Beispiel die Firma Bahlsen. Was treibt Leibniz dazu, sich mitsamt ihren Familien-Kinder-Keksen als Outdoormarke zu profilieren – Marketingleiter Dieter Lutz konnte in seiner Antwort dazu nicht wirklich überzeugende Argumente liefern. Abgesehen davon, dass ihm nach der Pause und vor den nächsten Filmen sowieso kaum jemand aus dem Premierenpublikum wirklich zuzuhören schien, weil alle auf den nächsten Film warteten… Denn dafür war man ja schließlich gekommen!

Paukenschlag zum Beginn

Los ging es gleich mit einem Paukenschlag. Etwas das ich nur selten bei der EOFT erlebt habe: Es gab Szenenapplaus im laufenden Film für Antoine Girard. Und das überraschte mich doppelt. Schließlich geht es in "8000+" vermeintlich „nur“ um einen Gleitschirmflug über den Broad Peak. Erwartet hatte ich ein Heldenepos über den höchsten Gleitschirmflug und dementsprechend kritisch war ich. 

Zum Glück überraschte mich der Film mit einem witzigen, leidenschaftlichen Protagonisten und Kameramaterial, das eben nicht inszeniert war oder von zahlreichen Profis begleitet entstand. Es war authentisch und die Geschichte auch – das ist es, was einen erfolgreichen Film ausmacht. Prädikat: Hervorragend!

<p>Auch da: Michael Pause, der langjährige Moderator von "Bergauf-Bergab" und künstlerischer Leiter des Bergfilmfestivals Tegernsee.</p>

Auch da: Michael Pause, der langjährige Moderator von "Bergauf-Bergab" und künstlerischer Leiter des Bergfilmfestivals Tegernsee.

© Joachim Stark / Gore-Tex

Ganz anders der Film "North of Nightfall". Ein Mountainbike-"Abenteuer" auf Axel-Heiberg-Island, einer unbewohnten Insel nördlich des Polarkreises. Laut den Protagonisten des Films aus dem Red Bull Media House bestes Mountainbike-Terrain. Und so legen sie dann auch in typischer Manier los: backflippend, dirtspritzend, sich-verletzend-aber-trotzdem-weitermachend, krasse-Lines-fahrend. Das kann man jetzt gut oder schlecht finden. Aber es sind schöne (Helikopter-)Bilder – und dennoch Bike-Einheitsbrei. 

<p>Gehörte ebenfalls zu den Gästen: Extrembergsteiger Robert Jasper.</p>

Gehörte ebenfalls zu den Gästen: Extrembergsteiger Robert Jasper.

© Joachim Stark / Gore-Tex

An einem Ort, den man per Extra-Flug (Umwelt?) erreicht hat, wo niemand sonst außer Tieren lebt (Umwelt??) und wo man kreuz und quer durchs Gelände "ballert" (Umwelt???). Obendrein kleidet man all das in das Tarnmäntelchen des Umwelt-Interesses, weil die Protagonisten auch eine Forscherin auf ihrer Station besuchen. Bei mir als Biker entstand das Bild eines Werbefilms ohne Rücksicht auf Verluste mit einem guten Schuss Green-Washing. Prädikat: Unnötig!

Im Fokus: Adam Ondra

Das diesjährige Gesicht der E.O.F.T. ist das ehemalige Kletterwunderkind und heutige Ausnahmetalent Adam Ondra. Er präsentierte den Film "The A.O.", in dem es um seine Erstbegehung der Route Silence geht. Gezeigt werden Ondras revolutionäre Ansätze in tollen Bildern. Wer sich mehr über den Menschen Adam Ondra erwartet, wird eher enttäuscht. Wer aber etwas über dessen Methoden erfahren möchte und über die Begehung, wird mit herrlichen Kletterbildern belohnt. Prädikat: Erwartbar!

<p>Das Gesicht der EOFT 2018/19: Adam Ondra.</p>

Das Gesicht der EOFT 2018/19: Adam Ondra.

© Joachim Stark / Gore-Tex

Mal etwas anderes im Rahmen der modernen Heroen-Stücke war der Film "Viacruxis", der in eineinhalb Jahren Arbeit und viel Enthusiasmus in der Stopmotion-Technik entstanden ist. Prädikat: Kurzweilig!

Der Film "Strong Goat" erzählt die Geschichte von Tom Belz, der selbst kein Bergsportler ist oder war und sich dennoch in den Kopf gesetzt hat, als Beinamputierter auf den Kilimandscharo zu steigen. Eine bewegende Geschichte, aber auch irgendwie austauschbar. Obwohl die Protagonisten extrem sympatisch sind und ich großen Respekt vor der Leistung und Vorbildfunktion von Tom Belz habe, fand ich den Film austauschbar. Austauschbar in der Rolle des Gehandicapten Menschen, in der Rolle des Ziels und in der Erzählweise. Dennoch gut, dass dieser Film das Thema Willensstärke einer breiten Masse zugänglich macht. Prädikat: Wichtig!

<p>Stopmotion at its best: "Viacruxis".</p>

Stopmotion at its best: "Viacruxis".

© Joachim Stark / Gore-Tex

In "A to B Rollerski" wird die Geschichte einer Reise auf Rollski erzählt. Vom Norden Kanadas bis nach Mexiko. Der Lette Raimonds Dombrovskis ist ein schräger Vogel und zugleich ein herausragender Weltcup-Biathlet gewesen. Jahrzehnte nach der ersten Tour 1988 bricht er erneut auf und erlebt die Strecke heute erneut. In Rückblenden erzählt er von seiner Leidenschaft und dem Leben als emigrierter Lette aus einer Sowjetrepublik im Umbruch. Ein lustiger und auch interessanter Film über einen Sport, der die Menschen am Bildschirm seit jeher fasziniert. Prädikat: Interessant!

Fazit

<p>Hatte offensichtlich Spaß: das Premieren-Publikum in München.</p>

Hatte offensichtlich Spaß: das Premieren-Publikum in München.

© Joachim Stark / Gore-Tex

Eine breite Filmauswahl also, deren Inhalte viele Outdoor-Enthusiasten ansprechen dürfte! Aber auch die ein oder andere Dame verstören dürfte: Denn Frauen suchte man dieses Jahr auf der Leinwand vergebens. Alle Protgonisten waren Männer. Und das – meine lieben Veranstalter – spiegelt nun wirklich nicht das wahre Outdoor-Leben wieder. Denn auch Frauen liefern Spitzenleistungen, über die Filme gemacht werden. Euer Programm habt ihr dahingehend in den letzten Jahren besser ausgewählt! Prädikat: Verbesserungswürdig!

Wer jetzt Lust auf die E.O.F.T. bekommen hat, kann sich ab dem 11. Oktober in Deutschland selbst ein Bild machen. Weitere Infos zur E.O.F.T. 2018/2019 findet Ihr unter www.eoft.eu.

Text von Andreas Erkens

1 Kommentar

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Matterhornmurmeltier

Danke für diesen guten Artikel, der ganz meine Gefühle zum diesjährigen EOFT widerspiegelt. Im letzten Film bei uns hatte ich Hoffnung: "Doch noch ENDLICH eine Frau!" Aber es war nur die Sprecherin. Gezeigt wurden zwei Herren. Ende. Als Frau und aktive Bergsteigerin kann ich nicht verstehen, warum wir fehlen. Ich kenne so viele tolle Talente, witzige Persönlichkeiten und Alpinsportlerinnen. Ist das eine "Auflage" vom neuen Sponsor DMAX? Das EOFT war ja schon immer auch eine Werbeveranstaltung, aber es wird immer abstruser (den Hund kärchern? Mit dem Auto in die Natur? Süßwaren für das Outdoorerlebnis?). Mich haben sie dieses Jahr verloren. Und das habe ich auch den Veranstaltern so als Feedback gegeben. Der Film von Tom Belz hat mich echt wütend gemacht. Es ist ganz ohne Frage ein furchtbarer Schicksalsschlag sein Bein im Kindesalter zu verlieren! ABER für mich bedarf Bergsport mehr als Willensstärke! Der Typ "besteigt" den Kilimandscharo. Zitat Belz: "Ich war noch nie in den Bergen. Der höchste Punkt an dem ich stand war 1000m." WARUM MUSS er denn dann DA hoch? Es ist kein gutes Vorbild und anmaßend, wenn man ohne alpine Erfahrung, Training und von einem Team aus mehr als 10 afrikanischen Lastenträgern/Animateuren begleitet einen 5000er "besteigt". Bersteigen wird zur Dienstleistung für jedermann (Wikinger Reisen lässt grüßen...). Vom unsinnigen Geschwafel des Typen und CO2-Fußabdruck durch Flüge nach Tansania mal ganz abgesehen. GENAU DIESE Art von Berichten beflügelt dann Menschen, die noch NIE in den Bergen waren, die Alpen überqueren oder auf den Everest gehen zu wollen. Und dann setzen Bergretter/Sherpas/andere Bergsteiger ihr eigenes Leben aufs Spiel um diese Leute aus selbstverschuldeten Miseren zu retten. Alpinismus ist MEHR als Willensstärke!