Schon seit einigen Jahren zieht es mich immer wieder nach Oberitalien und zwar ins Friaul. Letztes Jahr eröffneten mein Partner Bruno Schneider und ich eine "Dreamline" an der Cima Avostanis in den Karnischen Alpen: steile Wand, beste Felsqualität, und im klassischen Stil abzusichern, was für mich sehr wichtig ist. Normalerweise ist heutzutage die Bohrmaschine ein ständiger Begleiter aller "Erstbegehungen". Doch ich frage mich dabei: "Wo bleibt das Abenteuer?"
Der Avostanispfeiler ist nicht sehr hoch, aber hat es durchaus in sich. Durch den zentralen, sehr steilen Wandteil ist uns bei einem Trip 2013 eine Schwachstelle ins Auge gefallen und los ging's. Der untere Teil liegt schnell hinter uns. Jetzt ein ca. 60 Meter langer und 8 Meter überhängender Riss. Ich klettere die ersten 25 Meter technisch hinauf. Shit... immer nass, und für mich zum Freiklettern nahezu unmöglich.
Doch ein paar Meter weiter links fällt mir ein genialer Fingerriss auf. Es heißt also: Abseilen und nochmal von vorne. Perfekt, der Weg nach oben geht weiter. Die nächste Länge wird immer steiler und steiler. Eine große Schuppe zieht über einen Überhang nach links hinaus, zum Klettern perfekt.
Ich will sie aber nicht mit Profilhaken zu sehr belasten und setze mit dem Handbohrer zwei 8 mm Kronendübel, um uns nicht umzubringen. Die letzten sieben Meter aus dem Überhang hinaus A2+ ( Messerhaken, Cliffhanger.....). Dann einen Runout zum nächsten Stand. Bruno kommt nach, genug für heute.
In einem nächsten Versuch zu einem späteren Zeitpunk wollen wir die Route zu Ende bringen. Wir können bis auf die A2+ alles frei klettern, doch dann kommt Regen und der nahende Winter macht weitere Versuche unmöglich. Nach einigen Versuchen im Frühjahr 2014, die immer wegen des Wetters abgebrochen wurden, herrschte große Verzweiflung.
Dieses Jahr im September ist es uns dann gelungen: Wir können die letzten Längen klettern. Das Warten hat sich gelohnt und die neue Dreamline "Highland Performance" ist entstanden.
"Aonikenk" am der Croda Bagnata
Auf geht’s in die Dolomiten. Die Croda Bagnata (Nasswand) im Höllensteintal, eine bis zu 900 Meter mächtige Wand mit nur geringem Zustieg, geht wegen der hohen Dichte an Bergen in den Dolomiten zu unrecht unter. Ein großer Reiz für mich. Bereits 2013 erkannte ich bei einer Klettertour eine neue "Dreamline" für mich.
Bester Fels, im Gegensatz zu einigen anderen Bergen in den Dolomiten. Bruno und ich entscheiden uns zum Angriff. Im ersten Zug klettern wir den unteren Teil (5 Längen) und seilen ab. Nach oben hin stellt sich die Wand immer mehr auf und die Kletterei wird interessanter. Dann folgt der Mittelpfeiler bis auf ein großes Band. Bis jetzt kein Problem, aber anspruchsvoll.
Beim nächsten Versuch, eine sehr steile Seillänge vom Band, die nach einer leichteren Länge zur Schlüsselstelle führt. Ich nagle mich über diesen 25 Meter-Überhang bis auf ein perfektes Podest für den Stand hinauf. Es beginnt zu regnen und wir seilen ab.
Diesen September war Hector Oscar Soto Nieto zu Besuch, ein guter Freund aus Patagonien. Bruno hat an diesem Tag leider keine Zeit, aber die wenigen Schönwettertage in diesem Sommer müssen genutzt werden.
So machen Hector und ich uns auf den Weg die restlichen Seillängen zu klettern. Wegen des nassen Fels, klettern wir den unteren Teil über eine andere Route bis auf das Band hinauf. Jetzt kommen die Schlüssellängen. Ich kann alles auf Anhieb Rotpunkt klettern, doch stehen noch einige neue Längen vor uns.
Mit 20 Haken aller Art mache ich mich auf den Weg. 100 Meter weiter, kurz vor dem Ausstieg, hänge ich auf einer Kante. Den Ausstieg kann ich schon sehen. Hector versucht mir auf Spanisch klar zu machen, dass sich das Sackseil verhängt hat. Shit, ich will auf keinen Fall abspringen und entscheide mich das Seil hinunter zu werfen. Ich muss noch einige Meter weiter, dann ist es geschafft!
Der Name für die Route soll "Aonikenk" sein. Die Aonikenk sind die Bewohner des Südens Patagoniens, sowie auch Bruno und ich aus dem Süden Österreichs kommen. Die Route "Aonikenk" führt direkt und kompromisslos über steilen doch sehr guten Fels zum rechten Vorgipfel der Nasswand und ist zum großen Teil gut abzusichern.
Text: Mario Walder