Wie ist die Leistung von Simone Moro, Alex Txikon und Muhammad Ali Sadpara einzuschätzen?
Alleine die Tatsache, dass in über 20 Jahren mehr als 20 Versuche unternommen wurden den Nanga Parbat im Winter zu besteigen, sagt schon einiges. Der Berg ist von allen Seiten technisch anspruchsvoll und mit den tiefliegenden Basislagern ist für eine Besteigung im Winter ein überdurchschnittlich langes Gutwetter-Fenster notwendig - was sich am Nanga im Winter nur äußerst selten entwickelt. Mit einem solch außergewöhnlichen Wetterfenster hat Simone Moro nun seine Hartnäckigkeit der letzten Jahre verdient belohnt bekommen - auch wenn er letztlich auf der von Ali "Sadpara" und Alex Txikon vorbereiteten (Normal-)Route aufgestiegen ist.
Alex Txikon hatte sich in Südamerika bestens vorakklimatisiert, trotz interner Auseinandersetzungen im Basislager die Nerven behalten und nun nach harter Vorarbeit im richtigen Moment mit aller Konsequenz seinen Traum umgesetzt.
Ali "Sadpara" dürfte der stärkste pakistanische Hochträger, Guide und Bergsteiger der letzten Jahre sein. Seiner außergewöhnlichen Leistungsfähigkeit und großen Erfahrung - er stand schon auf dem Gipfel des Nanga Parbat - dürfte eine "gewichtige" Rolle bei der Einrichtung der Lagerkette zugefallen sein. Ich gönne es ihm von Herzen, dass er als Vertreter seines Heimatlandes nun als erster einheimischer Bergsteiger bei der ersten Winterbesteigung eines 8000ers am Gipfel stehen konnte. Schon Messner hatte bei seinem Winterbesteigungs-Versuch am Makalu 1986 Hochträger eingesetzt. Nie war es aber einem Hochträger erlaubt oder gelungen letztlich am Gipfel zu stehen.
Abgesehen von der Kälte: Was macht eine Winterbesteigung am Nanga Parbat so besonders schwierig?
Die Tage sind extrem kurz, die Basislager - insbesondere das auf der Diamirseite des Nanga Parbat - bekommen nur für wenige Stunden am Tag Sonne und die Windgeschwindigkeiten sind fast durchgängig deutlich höher als zu den üblichen Besteigungszeiten. Damit müssen lange Wartezeiten auf ein Gutwetterfenster in Kauf genommen werden, was sowohl an der Moral als auch an den Kräften zehrt. Ein weiterer erschwerender Punkt ist das über weite Strecken blankgefegte Eis, das bei den winterlichen Gefriertruhen-Temperaturen betonhart wird und damit den Aufstieg sehr viel kraftraubender macht.
Der K2 wurde als einziger Achttausender noch nicht im Winter begangen. Beginnt jetzt der Run auf den Berg? Hältst Du eine Winterbesteigung überhaupt für machbar?
Um ehrlich zu sein: Ich glaube nicht, dass die Zeit - oder das Klima - schon reif dafür sind. Es wurden in den letzten Jahren schon mehrere Versuche unternommen, den K2 im Winter zu besteigen. Insbesondere unter der Leitung von Krzysztof Wielicki - sowohl von der pakistanischen Südseite als auch von der Xinjiang-Seite über den Nordpfeiler. Die Windgeschwindigkeiten werden nochmal eine Etage stärker sein, die Temperaturen eine Etage tiefer. Die Kombination daraus möchte man sich gar nicht ausmalen.
Einen echten Run - wie jetzt zuletzt am Nanga Parbat - wird es deshalb nicht geben. Zudem liegt der K2 sehr viel weiter von der Zivilisation entfernt als der Nanga. Zu hart sind deshalb die Einstiegsvoraussetzungen, um nur das Basislager oder gar das Ausgangslager für den Gipfel zu erreichen. Mit dem sich verändernden Klima weltweit bleibt abzuwarten, ob dies für eine Besteigung zukünftig hilfreich sein könnte.
Mit den aktuellen klimatischen Gegebenheiten bräuchte es extrem viel Härte und Wetterglück um im entscheidenden Moment an der richtigen Stelle zu sein.
Würde Dich diese letzte verbliebene 8.000er-Winterbesteigung reizen?
Nach einer Besteigung des K2 1994 und drei weiteren Malen, die ich Gerlinde am K2 in Höhen um 8000m begleitet habe, glaube ich nicht, dass mich diese unendliche Geschichte nochmal herausfordern könnte. Realistisch gesehen sind die Chancen zudem fast bei Null und dafür ist mir der finanzielle und auch der zeitliche Aufwand zu groß.
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