Gerlinde Kaltenbrunner im Interview@(zwischenHeadlineTag)>
Am 17. Mai 2012 stand die Extrembergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner gemeinsam mit dem deutschen Alpinist David Göttler auf dem Gipfel des Nuptse im nepalesischen Himalaja. Mit dieser Besteigung gelang es der Österreicherin als erste Frau überhaupt diesen wunderschönen 7861m hohen Gipfel, der die rechte Seite des Hufeisens am Mount Everest bildet, zu erreichen. Während das Duo einsam und allein den Nordpfeiler des Nuptse bestieg, tummelten sich gegenüber am Mount Everest über 200 Menschen, die nur einen Traum erfüllen wollten -einmal auf dem Dach der Welt stehen zu dürfen.
Wenn man 14 8000er erfolgreich bestiegen, wie fühlt man sich auf so einem verhältnismäßigen kleinen Berg?
Diese Besteigung war etwas ganz besonderes für mich. Die Route ist wunderschön und David und ich waren dort ganz alleine unterwegs. Bei besten Bedingungen im Schatten des Everest aufzusteigen war wirklich einzigartig. Es war ein langgehegter Wunsch, den wir uns jetzt erfüllen konnten. Schade, dass Ralf nicht dabei war, aber er war ja schon mal oben.
Ihr wolltet ursprünglich den unbestiegenen Ostgrat des Nuptse versuchen, der sich ja dann als zu gefährlich herausstellte. Wenn man so viel erreicht hat wie Du, ist man da ständig auf der Suche nach etwas, was noch niemandem vorher gelungen ist?
Der Nuptse hat uns schon immer begeistert und wir waren ja schon oft in der Gegend unterwegs. Im Khumbu ist er sehr präsent, auch wenn er oft nicht beachtet wird. Der Ostgrat war Ralfs Idee -ich wusste gar nicht, dass er noch nie begangen worden war. Am Einstieg sahen wir jedoch sofort, dass die Bedingungen schlecht waren und nachdem sich Ralf vollkommen auf den Everest konzentrieren wollte, entschieden David und ich den sehr markanten und sicheren Nordpfeiler zu versuchen.
Projekt Nuptse-Ostgrat @(zwischenHeadlineTag)>
Werdet ihr das Ostgrat-Projekt trotzdem noch im Auge behalten?
Ich muss nicht unbedingt wieder zum Everest Basislager zurück. Ich hatte jedes Mal Angst, wenn ich durch den Khumbu Eisbruch musste und das will ich in Zukunft vermeiden. Es gibt noch viele schöne 6000er und 7000er in anderen Gegenden.
Eure letzte Expedition zum Nordpfeiler des K2 war ja sehr einsam. Wie hast du dich in dem Tumult am Everest Basislager gefühlt?
Es war ein großer Kontrast zur letzten Expedition. Allerdings wussten wir, worauf was wir uns einlassen. Es ging schon, jedoch brauche ich das jetzt eine zeitlang nicht mehr.
Kannst du es auch genießen, dort zu sein?
Es ist schön alte Bekannte zu treffen, die wir über die vielen Jahre des Expeditionsbergsteigens kennen gelernt haben. Auch der Austausch mit den Sherpas macht mir immer sehr viel Spaß. Es sind so viele liebe Menschen dort und das genieße ich sehr. Allerdings sind dort auch viele Menschen, die eigentlich nicht an den Everest gehören.
Der Nuptse ist ein technisch sehr anspruchsvoller Berg. Wie habt ihr die Besteigung erfahren?
Es hat sehr viel Spaß gemacht, jedoch war es auch sehr anstrengend. Oben mussten wir viel spuren und unten war viel Blankeis. Der Berg verlangt volle Konzentration und man darf keinen Fehler machen. Es ist immer Absturzgelände und es gibt keinen Ort, wo man sich mal kurz hinsetzen und ausruhen kann. Jedoch waren David und ich am laufenden Seil sehr sicher unterwegs. Wir haben so eine Art blindes Verständnis und deshalb konnten wir auch gemeinsam den Gipfel erreichen.
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Gerlinde Kaltenbrunner über ihre Erlebnisse an Nuptse und Everest @(zwischenHeadlineTag)>
Wie hast du reagiert als Ralf Dujmovits sich gegen den Nuptse und für den Everest entschied?
Am Anfang war es schwierig, Jedoch konnte ich Ralfs Entscheidung gut nachvollziehen. Er wollte den Everest ohne Flaschensauerstoff und ohne Hochträger besteigen. Ursprünglich wollte ich ihn bis zum Südsattel begleiten, was aber wegen unserem fast zeitgleichen Aufstiegs nicht möglich war. Ich hatte nur gehofft und darauf vertraut, dass er dort oben ganz besonders in sich hinein hört und die richtigen Entscheidungen trifft. Er brach nach der Nacht am Südsattel ab, da er erkannte, dass es für seinen Körper zu gefährlich war. Ich war sehr erleichtert und er hat mir versprochen, es jetzt sein zu lassen und darüber bin ich sehr froh.
Du hast den Everest 2010 von der Nordseite aus erfolgreich bestiegen. Hätte dich die Südroute bis ganz zum Gipfel nicht gereizt?
Nein, überhaupt nicht. Ich wusste von Anfang an, dass ich kein zweites Mal ohne Flaschensauerstoff auf den Everest steigen möchte. Ich glaube nicht, dass das gesund ist. Ich habe damals schon gemerkt, dass so eine Besteigung den Körper an die absolute Grenze bringt. Und als ich dann die Menschenmassen an der Lhotse Flanke sah, war mir klar, dass ich mich dort niemals eingereiht hätte.
Wie fühlt man sich, wenn man so einen Massentourismus sieht?
Ich will nicht sagen, dass es mich aggressiv macht, aber es tut mir weh zu sehen, wie manche Leute unterwegs sind und wie sie ihre Sherpas behandeln.
Viele Menschen gehen auch zurück zu den 8000ern. Hast du Ambitionen nochmal so hoch zu steigen?
Das lasse ich vollkommen auf mich zukommen. Abgeneigt bin ich nicht, jedoch würde ich nicht noch einmal die gleiche Route machen wollen. Der Nanga Parbat von der Rupalseite reizt mich noch sehr.
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