Der Mittenwalder Höhenweg im Winter – ein Erlebnisbericht@(zwischenHeadlineTag)>
Dick eingepackt und noch recht müde stapfen wir hintereinander her. Michael erklärt mir, dass wir heute eine so genannte "Inversionswetterlage" haben. Soweit das Auge reicht, ist alles bis etwa 1800 Meter unter einer Wolkendecke verschwunden. Darüber scheint die Sonne und die Bergspitzen ragen wie Inseln aus dem Nebel-Meer. Wir sind überzeugt, dass wir es heute schaffen, da weniger Schnee liegt und sogar eine Spur vorhanden ist.
Die Sicherungen ragen nun weitgehend aus dem Schnee heraus und wir kommen zügig vorwärts. Bis zum Gatterl brauchen wir gerade mal eine Stunde. Ab hier beginnt für uns das Neuland. Es folgen nun einige Leitern, über die wir aufgrund der Steigeisen etwas wackelig kraxeln. Michi und ich gehen alles gleichzeitig am Seil. Ich bin froh, dass ich einen erfahrenen Führer am anderen Ende habe.
Eine anschauliche wie detaillierte Beschreibung der Tour in Videoform findet ihr beim YouTube-Kanal AlpineFex.
Im Winter muss man das Stahlseil schonmal suchen@(zwischenHeadlineTag)>
Durch die starke Sonneneinstrahlung ist der vor uns liegende Weg weitgehend gut begehbar, so dass wir ohne große Schwierigkeiten das Stück bis zum Einstieg in die Nordostflanke der Sulzleklammspitze passieren können. Kurz nach der kleinen Unterstandshütte sehe ich nur noch die steil abfallende und unberührte Schneeflanke. Die Spur endet hier und von den Sicherungen ist weit und breit nichts zu sehen. Unweigerlich breitet sich ein flaues Gefühl in meinem Magen aus. Ich versuche aber, mir nichts anmerken zu lassen.
Michi ist schon wieder ganz engagiert bei der Sache: Geschickt quert er die Flanke. Nachdem das Seil aus ist und er kein frei liegendes Drahtseil gefunden hat, buddelt er kurzerhand ein Loch, in das er sich dann zum Sichern hockt. Für mich heißt es jetzt "Nachkommen"! Ich zögere und frage mich, wieso ich diesmal keinen Eispickel dabei habe und ob Michi mich wirklich mit dieser Luis-Trenker-Sicherung im Falle eines Sturzes halten kann. Schritt für Schritt taste ich mich vorsichtig in Michis Trittspuren vorwärts. Unter mir gähnt der Abgrund - und ich soll auch noch für ein Foto lächeln. Als ich endlich am Sicherungsloch ankomme, blicke ich ziemlich stolz auf die soeben bezwungene Flanke zurück.
Der Mittenwalder Höhenweg: Im Sommer deutlich leichter als im Winter@(zwischenHeadlineTag)>
Die folgende enge und steile Rinne, im Sommer an sich technisch recht einfach, erweist sich im Winter als wahre Herausforderung. Wegen des Tiefschnees versinkt Michi bis zum Bauch und muss sich wie ein Maulwurf hinaufgraben. So schnell wie möglich wühle ich mich hinterher, denn so ganz allmählich geraten wir unter Zeitdruck.
Der Weg zum Gipfel der Sulzleklammspitze gestaltet sich noch anstrengender, da der Schnee wegen der Sonne zunehmend sulziger wird - nomen est omen. Endlich wieder oben am Grat angekommen, wird der weitere Weg wieder überschaubarer. Wir schnaufen erst einmal durch und genehmigen uns eine kurze Brotzeit. Ich genieße die herrliche Aussicht in vollen Zügen und verdränge die düsteren Gedanken an ein kaltes Biwak wieder.
Nicht ohne Grund, denn den Rest des Grates hinüber zur Kirchlspitze, wo die Sicherungen und die Schwierigkeiten der Route enden, bringen wir zügig hinter uns. Die letzten Sonnenstrahlen begleiten uns noch bis zum Brunnsteinanger, bevor wir kurz darauf wieder in das fast unwirklich erscheinende Wolkenmeer eintauchen und ins Tal absteigen.
Alle Infos zur Tour über den Mittenwalder Höhenweg@(zwischenHeadlineTag)>
Schwierigkeit: Klettersteig, schwer (Winter) bzw. mittel (Sommer)
Gesamtzeit: 8 – 12 Std.
Höhenmeter: 500 Hm (mit Bahnunterstützung)
Anreise: Autobahn bis Garmisch und über die B2 nach Mittenwald. Mittenwald liegt an der Bahnlinie München – Garmisch – Innsbruck.
Hütte: Brunnsteinhütte, 1560 m, DAV Mittenwald, brunnsteinhuette.de
Bergbahn: Karwendelbahn, karwendelbahn.de
Bergführer: Bergführeragentur Mittenwald, bergfuehrer-mittenwald.de
Beste Zeit: Früh im Jahr liegt meist Schnee, später sind die Tage länger, beides bietet Vorteile.
Ausrüstung: Komplette Klettersteigausrüstung. Im Winter ggf.: diverse Karabiner, 2 – 4 lange Bandschlingen, Einfachseil 50 m, Steigeisen, Kurzpickel, LVS-Gerät, Lawinenschaufel, Stirnlampe, Biwakausrüstung.
Literatur: Paul Werner: Klettersteige Bayern – Tirol – Salzburg, Bergverlag Rother, 2004.
Karte: AV-Karte, Blatt 5/1, Karwendelgebirge, West, 1:25000.
Achtung! Im Winter hochalpine und anspruchsvolle Überschreitung, bei der neben günstigen Schneeverhältnissen gute Kondition sowie vor allem der erfahrene Umgang mit den Sicherungstechniken (z. B. auch Gehen am kurzen Seil!) Vorraussetzung ist.
Der Mittenwalder Höhenweg: Routenbeschreibung@(zwischenHeadlineTag)>
Route: Von der Karwendelbahn Bergstation (2244 m) auf dem Rundweg in 25 Min. hinauf zum Beginn des Mittenwalder Höhenweges. Auf der schattigen Nordseite geht es nun entlang der mehr oder weniger verschneiten Sicherungsanlagen hinauf zur Nördlichen Linderspitze (2372 m). Weiter über den luftigen Grat und südseitig hinab in einen kleinen Sattel, das Gatterl (2266 m). Wer bis hierher schon länger als 2 Std. unterwegs war, sollte umdrehen.
Der nächste Abschnitt führt über eine Reihe von Leitern hinauf zum ausgesetzten Grat, welcher bis zur Südlichen Linderspitze (2305 m) führt. Nach kurzem Abstieg zum Gamsanger (2188 m) beginnt der heikelste Teil der Route. Vorbei an einer kleinen Unterstandshütte quert man in der steilen NO-Flanke der Sulzleklammspitze schräg links ansteigend zum Beginn einer engen Rinne (Haken rechts an der Wand).
Nach der Rinne hält man sich links, bis man über eine Leiter den Ausstieg aus der Flanke erreicht. Weiter links hoch zu einer Schulter, welche zum Gipfelgrat führt. Entlang dem Grat zur Sulzleklammspitze (2321 m) und Kirchlspitze (2302 m), wo die Sicherungen enden. Über den breiten Rücken gelangt man nun hinab zum Brunnsteinanger (2080 m). Gesamtzeit: 6 – 9 Std.
Abstieg: Am Sommerweg zur Brunnsteinhütte (1560 m). Achtung: Keinesfalls vom Brunnsteinanger direkt die Rinne ins Tal nehmen – Absturzgefahr! Von der Hütte durch den Wald in den Talgrund und über den Feldweg neben der Bundesstraße zur Talstation der Seilbahn (2 – 3 Std.)
Was ihr über Klettersteige wissen müsst, erfahrt ihr in unserer Bildergalerie:
0 Kommentare
Kommentar schreiben