Toller Dreitausender ohne Gletscherberührung

Bergporträt: Der Habicht (3.277 m)

Am Simmingjöchl zweigt vom Stubaier Hauptkamm nach Nordosten der Habichtkamm ab, er trennt das Gschnitztal vom Stubaier Unterbergtal. Seine zentrale Berggestalt ist der Habicht, eine kolossale Erscheinung. Von Schönberg an der Brenner-Autobahn aus betrachtet, beherrscht er den Blick ins Stubaital. Dabei zählt der Habicht nicht zu den höchsten Gipfeln der Stubaier Berge. Allein die vertikale Distanz von über 2000 Höhenmetern zwischen Talboden und Gipfel bewirkt seine imposante Erscheinung.

Trotz seiner bemerkenswerten Höhe ist der Habicht für alpin erfahrene Wanderer weitgehend problemlos zu besteigen.
© IMAGO / agefotostock

Der Habicht: Lage

Nach Süden, Osten und Westen hin dominieren Fels und Schrofen den kantigen Aufbau. Der kleine Pinnisferner und der Habichtferner an der ostseitigen Gipfelabdachung sind zu rudimentären Resten dahingeschmolzen. Einzig auf der Nordseite hat sich in einer geschützten Mulde der Mischbachferner mit dem markanten Eissporn des Habichtsschnabels erhalten.

Über ihn führt bis heute einer der abwechslungsreichsten Stubaier Eisanstiege, ein spannendes Abenteuer am 45 bis 55 Grad steilen, zerschrundenen Gletscher, das man am besten im späten Frühling mit Ski-Unterstützung angeht – im Sommer kann die Route wegen des Steinschlags nicht mehr empfohlen werden.

Eine anschauliche wie detaillierte Beschreibung der Tour in Videoform findet ihr beim YouTube-Kanal AlpineFex.

Der sehr viel einfachere Normalweg kommt aus dem Gschnitztal über die Ostflanke herauf, eine alpine Bergtour auf markiertem und schon seit den 1890er-Jahren versichertem Steig. Die Innsbrucker Hütte ist dabei willkommener Stützpunkt und portioniert die Tour in zwei appetitliche Happen von nahezu gleicher Länge.

<p>Kontrastprogramm: Durch alle alpinen Vegetationsstufen führt der Anstieg aus dem Gschnitztal über gut 2000 Höhenmeter zum Gipfel des Habichts. </p>

Kontrastprogramm: Durch alle alpinen Vegetationsstufen führt der Anstieg aus dem Gschnitztal über gut 2000 Höhenmeter zum Gipfel des Habichts.

© Bernd Ritschel

Der Habicht: Historisches

Über die Ostseite kam auch der touristische Erstbesteiger. Der umtriebige Alpinismus-pionier Professor Peter Carl Thurwieser versicherte sich in Fulpmes der Führerdienste des Feilenschmieds Ingenuin Krösbacher. Nach einer Nacht in der 1560 Meter hoch gelegenen Pinnisalpe brachen die beiden am 1. September 1836 gegen 8.00 Uhr auf, um in knapp vier Stunden den Gipfel zu erreichen.

Thurwieser schrieb darüber in der Innsbrucker „Zeitschrift des Ferdinandeums“: „Ich reichte bisweilen das Barometer, woran mir viel gelegen war, oder auch Stock und Rock dem Führer hinauf, um sicherer und schneller nachzuklettern.“ Erst am Gipfel durfte Thurwieser ordentlich durchschnaufen, vier Stunden lang, während derer er das umfangreiche Panorama detailgenau aufzeichnete.

Und das ist dank der freistehenden Lage des Habichts zwischen dem Stubaital und dem Gschnitztal wirklich sehr bemerkenswert: Von der Zugspitze über den Kaiser und den Dachstein bis zum Triglav und weiter über die Dolomiten bis zur Wildspitze reicht die große Schau – ein verdienter Lohn für 2000 und ein paar Höhenmeter.

Toureninfo: Die Besteigung des Habicht

Trotz seiner bemerkenswerten Höhe ist der Habicht für alpin erfahrene Wanderer weitgehend problemlos zu besteigen: Steile und ausgesetzte Felspassagen sind mit reichlich Drahtseil entschärft worden und der zu einem Firnfeld abgeschmolzene Habichtferner kann ohne Spaltengefahr überquert werden.

<p>Ausblick auf die österreichischen Alpen vom Schrankogel über die Ruderhofspitze, die Östliche Seespitze und den Habicht bis zum Großglockner.</p>

Ausblick auf die österreichischen Alpen vom Schrankogel über die Ruderhofspitze, die Östliche Seespitze und den Habicht bis zum Großglockner.

© picture alliance / imageBROKER
  • Schwierigkeit: Alpine Bergtour mit Stellen im I. Schwierigkeitsgrad. Weite Strecken sind mit Drahtseilen versichert. Wer trittsicher und schwindelfrei auf den Beinen steht, wird darauf teilweise verzichten können. Der flache und spaltenfreie Habichtferner wird nur noch kurz betreten. Eine ideale Tour für passionierte Alleingänger und all jene, die gerne einmal in ein Bergerlebnis jenseits der 3000er-Grenze hineinschnuppern wollen.

  • Höhenmeter: 910 Hm von der Innsbrucker Hütte, 3 Std. Aufstieg, 2 Std. Abstieg. Auch als Tagestour vom Gasthof Feuerstein machbar: knapp über 2000 Hm, 6 Std. Aufstieg, 4 Std. Abstieg.

  • Ausrüstung: Bergausrüstung. Seil, Pickel und Steigeisen kann man getrost zu Hause lassen.

  • Talort: Gschnitz, 1242 m.

  • Ausgangspunkt: Gebührenpflichtiger Parkplatz am Gasthof Feuerstein, 1281 m, im Talschluss des Gschnitztals.

  • Hütte: Innsbrucker Hütte, 2370 m, ÖAV TK Innsbruck, bewirtschaftet je nach Verhältnissen ab Mitte Juni bis Anfang Oktober, sonst offener Winterraum, 21/2–3 Std. ab Gasthof Feuerstein, innsbrucker-huette.at

  • Route: Gleich hinter der Hütte beginnt der bezeichnete Steig zu einigen Steinmännern mit Gedenktafeln. Nunmehr rechts haltend über steile Schrofen in eine Schuttflanke aufsteigen, die nach rechts an den Grat traversiert wird. Hier wechselt man auf die Pinnistal-Seite, der Pfad schlängelt sich in vielen Kehren durch die Nordostseite hinauf. Man gelangt an einen Rücken, über den man links eines Altschneefelds so weit aufsteigt, bis das Schneefeld gequert werden kann. In der sanften Mulde südöstlich unter dem Gipfel liegen die Reste des Habichtferners. Über den Firn hinweg oder rechts daran vorbei an den nun markanteren Ostgrat. Knapp unterhalb des Grates auf einer Rampe empor und über letzte Versicherungen dem Gipfel entgegen.

  • Abstieg: Über die Anstiegsroute, 2 Std. Achtung: Dabei keinesfalls über das Firnfeld in der Nordostflanke abfahren, es bricht jäh in Richtung Pinnistal ab.

  • Weitere Route: Der Mischbachferner auf der Nordseite bietet im Mai und bis in den Juni hinein eine herrliche Eistour, je nach Routenführung 45 bis 55 Grad, 5–8 Std. Man übernachtet dazu in der Mischbachalm (Schlafsack und Isomatte mitnehmen). Besonders die Ausstiegswand apert später zusehends aus, dann ist mit Steinschlag (auch auf die unteren Partien des Ferners hinab) zu rechnen.

<p>Austria Alpin - Große Gipfel Österreichs</p>

Austria Alpin - Große Gipfel Österreichs

© Tyrolia Verlag

Mit freundlicher Genehmigung aus:

Austria Alpin - Große Gipfel Österreichs

Autor: Robert Demmel mit Fotografien von Herbert Raffalt und Bernd Ritschel

Preis: 29.95 EUR

Details: 240 Seiten mit 300 farb. Abbildungen und 52 Kartenskizzen

Dieser Text enthält sogenannte Affiliate-Links, über die der Verlag bei Verkäufen eine geringe Provision vom Händler erhält. Diese sind mit “Anzeige“ gekennzeichnet. Weitere Informationen findet ihr hier.

Text von Robert Demmel

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