Tourenplanung, Ausrüstung & Know-how

Mit Kindern auf Skitour: Die besten Praxistipps

Kinder gehen gerne auf Skitour - wenn sie dürfen, und nicht müssen! Wir sagen Euch, was Ihr hinsichtlich Tourenwahl und Ausrüstung beachten solltet. Welche Tourenbindungen eignen sich für Skitouren mit Kindern? Gibt es Tourenski für Kinder? Wie weit darf ein Skitour mit Kindern sein?

Mit Kids auf Skitour: Das solltet ihr wissen!
© IMAGO / Westend61

Mein Sohn geht vor mir. Er zieht einen Ski nach vorne, dann wieder den anderen. Dann wieder den einen, dann den anderen. Der lockere Neuschnee der letzten Nacht staubt bei jedem Schritt etwas nach oben. Die verschneiten Bäume rund um uns entledigen sich auch immer wieder spontan vom bedeckenden Weiß. Wir folgen einer Spur in den verschneiten Bergwald. Nur noch entfernt hört man den Lift surren und den Lärm der Skipiste. Immer stiller wird es mit jedem Schritt in den Bergwald. 

Auch unsere Jungs (9 und 12 Jahre) werden immer stiller. Nicht, weil ihnen die Puste ausgeht, nein, weil sie staunend die Umgebung wahrnehmen. Und weil sie sich doch etwas konzentrieren müssen um „in der Spur zu bleiben“. Bei jedem Schritt nach vorne ändert sich auch die Umgebung. Der Wald gibt immer wieder neue Aussichten frei, die Spur ändert sich immer wieder. Entweder die Richtung, die Steigung, die Routenführung. Mal in einer langen Gerade, mal in Kurven, mal als kleine Serpentine. Und sie entdecken Tierspuren. Eine Hasenspur hier, die Spur einer Gams dort… 

Skitouren haben nicht nur für Erwachsene ihren Reiz. Auch Kinder fasziniert das eigenständige Vorankommen, das Entdecken, die Entschleunigung, das Wir-machen-was-anderes-Gefühl. Doch, was braucht man mit Kindern auf Skitour? Wie plant man eine Tour mit Kindern?

<p>Tourenlehrpfade eignen sich ideal für die erste Skitour mit Kindern.</p>

Tourenlehrpfade eignen sich ideal für die erste Skitour mit Kindern.

© Thomas Harrer

Mit Kindern auf Skitour: Welche Skitouren eignen sich für Kinder?

Als Erwachsener trägt man auf Skitour mit den Kindern die Verantwortung nicht mehr nur für sich selbst als Tourengeher, nein man trifft auch die Entscheidungen für seine Kinder. Das bedeutet Zurückhaltung: Skitouren mit Kindern solte man nur bei sicheren Verhältnissen und auch nur in geeignetem Gelände angehen. Das heißt: Entweder Piste, Skitourenlehrpfad oder einfache, nicht lawinengefährdete Touren mit maximal ca. 500 Höhenmetern. Doch eine Piste aufsteigen, die man auch mit dem Lift erreichen kann? Langweilig!

Für den Einstieg einen sich idealerweise ehemalige Skipisten, die nicht mehr für den Skibetrieb genutzt werden wie z.B. am Tegelberg bei Füssen, am Ronachkopf bei Zell am See, der Taubenstein am Spitzingsee oder der Biberg bei Saalfelden.

Auch Skitourenlehrpfade wie am Hochkeil bei Mühlbach am Hochkönig, am Tegelberg, am Eckbauer in Garmisch-Partenkirchen, am Kranzberg bei Mittenwald, am Kolben bei Oberammergau oder am Unternberg bei Ruhpolding eignen sich für die erste Familenskitour. Hier muss nicht das Familienoberhaupt das komplette Lawinen- und Skitourenwissen vermitteln: Stationen und Infotafeln auf der Tour bieten passende Information in kleinen, verträglichen Häppchen.

Diese Anfängerfehler auf Skitour sorgen für Blasen und schnelle Ermüdung:

Skitouren mit Kindern: Worauf muss ich bei der Planung achten?

  • Für die allererste Tour sollte nicht mehr als 30 bis 60 Minuten Aufstieg geplant werden, das entspricht in etwa 200 bis 300 Höhenmeter. Das Gelände darf nicht zu steil sein, Spitzkehren sind zu vermeiden. Eine gute und ökonomische Spuranlage ist hier besonders wichtig. Oft gibt es im Waldbereich einen alten Forstweg oder ähnliches, auf dem man bequem aufsteigen kann.

  • Die zu erwartende Abfahrt muss dem Skikönnen der Kinder angepasst sein. Wenn noch wenig Erfahrung im Tiefschnee vorhanden ist, lieber eine präparierte Abfahrt nutzen. Die kurzen Ski versinken auch leicht im tiefen Pulverschnee und etwaige Flachpassagen können so schnell zur Spaßbremse werden.

  • Einige Tourenziele bieten den Vorteil einer gemütlichen Hütte am höchsten Punkt. So gibt es schnell eine zusätzliche Motivation für die Kinder, wenn der Kaiserschmarrn oben schon wartet! Die Aufstiegszeit ist egal, nehmen Sie sich den ganzen Tag Zeit, planen Sie kleine Pausen mit einem Schluck "Kraft-Tee" und einer Stärkung ein. Der Spaß steht im Vordergrund.

  • Sobald Skitouren im freien Gelände stattfinden, ist ein LVS-Gerät natürlich Pflicht. Nebenbei lockern Lawinensuchspiele den Tag immer nett auf und die Kinder lernen den Umgang mit den Geräten im Handumdrehen.

<p>Ziel in Sicht auf der Skitourenroute am Ronachkopf bei Zell am See.</p>

Ziel in Sicht auf der Skitourenroute am Ronachkopf bei Zell am See.

© Thomas Harrer

Mit Kindern auf Skitour: Tourenstiefel für Kinder

Die Auswahl an Skitourenschuhe für Kinder ist klein: Neben dem empfehlenswerren Salomon QST Access 70 T gibt es den Scarpa F1 Jr, den K2 Mindbender Team Jr., den Dynafit Youngstar und den Tecnica Zero G Tour TEam in Kindergrößen. Wichtig: Wer auf eine Pin-Bindung setzt, benötigt beim Tourenskischuh die entsprechende Aufnahme.

Wenn aus Kostengründern die "normalen" Skischuhe herhalten müssen, ist das heute zumeost auch kein Problem mehr. Kinderskischuhe sollten sowieso so weich gewählt werden, dass sie bei der Schwerpunktverlagerung "nach vorne" nachgeben - wenn man die oberen zwei Schnallen (bei einem Drei- oder Vierschnaller) offen lässt! Somit funktioniert der Aufstieg recht gut.

Kritischer sind Schuhe mit Heckeinstieg. Da es hier oft nur eine zentrale Schnalle gibt, muss man die ggf. einhängen oder ganz leicht schließen. Heckeinsteiger sind aber meist für Kinder mit sehr kleinen Füßen - und in dem Alter gehen im Regelfall Kinder noch nicht auf Skitour.

<p>Abseits der Piste unterwegs ist mit Kindern spannender als auf der Piste.</p>

Abseits der Piste unterwegs ist mit Kindern spannender als auf der Piste.

© Thomas Harrer

Mit Kindern auf Skitour: Der richtige Tourenski

Kinder-Tourenski wählt man lieber zu kurz als zu lang! Macht nicht den Fehler, eurem Kind zu früh die Ski der Mama anzudrehen, die dann locker zehn Zentimeter über Körpergröße sind. Im Gelände tut ihr eurem Youngster keinen Gefallen.

Gut geeignet sind einfache Kinderski. Die sind leicht und die gibt es häufig schon für 30 bis 40 Euro auf Secondhand-Märkten. Als ideale Länge empfehlen wir: Kinn- bis maximal Augenhöhe.

Mittlerweile gibt es von mehreren Firmen auch kindertaugliche Tourenski: z.B. den SL80 von Dynafit (399€) oder den Hagan Ride Jr. (199€). Natürlich gehen aber auch andere Kinder-Freeride-Ski als Basis. 

<p>Skitourenbindung für Kinder: Die ATK Candy 5 Pin-Bindung.</p>

Skitourenbindung für Kinder: Die ATK Candy 5 Pin-Bindung.

© ATK

Tourenbindungen für Kinder: Touren-Adapter oder richtige Tourenbindung?

Ein Tourenski definiert sich neben einem passenden Schnitt vor Allem durch die Bindung mit Gehmechanismus. 

Während bis 2018 Jahr nur Hagan mit der Z02 Jr. eine Skitourenbindung für Kinder im Programm hatte, gibt es mittlerweile mit der Dynafit ST Rotation 7 Tourenbindung und mit der ATK CANDY 5 auch Pin-Bindungen mit kindertauglich einstellbarem Z-Wert. 

Wer schon eine komplette Skiausrüstung für die Kinder hat, kann sich zum Einstieg und zum Ausprobieren auch den Contour Startup Tourenadapter nutzen. Dieser wird für den Aufstieg einfach in die Skibindung geklickt und ermöglicht Schuh und Ski die Auf- und Vorwärtsbewegung. Für die Abfahrt werden die Adapter aus der Bindung entnommen und im Rucksack verstaut. Oben angekommen wird der Tourenadapter wie die Felle abgenommen und im Rucksack für die Abfahrt verstaut. Der Contour Startup Tourenadapter kostet regulär 99€, dazu werden dann noch die Felle benötigt. Entweder man schneidet dann ein vorhandenes Erwachsenen-Fell zurecht oder kauft für 50€ das Basic Kids Zuschneidefell von Contour Skins.

<p>Skitouren-Adapter zum Einklicken in die Bindung.</p>

Skitouren-Adapter zum Einklicken in die Bindung.

© Contour

Halt beim Aufstieg: Welche Felle eignen sich für Skitouren mit Kindern?

Am preiswertesten ist es, aus den alten Fellen von Papa oder Mama neue für die Kinder zu basteln. Man sollte beim Zuschneiden aber akribisch auf die Passgenauigkeit achten.

Ansonsten rutschen die Kinder (wie die Erwachsenen) zurück und gewöhnen sich einen schlechten Gehstil an. Zudem verlieren sie schnell an Kraft.

Vorne kann man Felle in der Regel selbst zuschneiden. Muss man für die richtige Länge den Endhaken abschneiden, ist das kein Problem.

Felle halten auch ohne den Haken. Allerdings muss man darauf achten, dass das Fell bis mindestens 15 Zentimeter vor dem Skiende gekürzt wird. Sonst löst es sich beim Gehen sehr leicht.

Was braucht man eigentlich auf Skitour? Wir zeigen euch in unserer Bildergalerie die Basics inklusive Pllegetipps:

Mit Kindern auf Skitour: Die Stöcke

Für die meisten Touren reichen die ganz normalen Skistöcke in der Größe des Kindes. Wer bisher keine Skistöcke besitzt, kann z.B. auch auf die höhenverstellbaren und somit „mitwachsenden“ LEKI Vario XS Speed Lock Wanderstöcke setzen. Diese haben wechselbare Teller, sodass auch Tiefschneeteller eingesetzt werden können und der Stock im Tiefschnee nicht bei jedem Schritt „durchsackt“.

Sicherheitsausrüstung: LVS, Schaufel, Sonde

Auch für Kinder gehört auf Skitour die persönliche Sicherheitsausrüstung dazu: Das LVS-Gerät („Der Pieps“), eine Schaufel und die Sonde gehören auch in den Kinderrucksack – Pistentouren ausgenommen.

Kindern kann man den Umgang mit der Sicherheitsausrüstung auch schnell und spielerisch beibringen. Der Umgang mit dem LVS lässt sich als Suchspiel gut auch im flachen Gelände umsetzen. Schaufeln ist für die meisten Kinder im Schnee eine natürliche Geschichte und wenig erklärungsbedürftig, z.B. um eine Schneehöhle zu bauen. Und zum Üben des Sondierens kann man unterschiedliche Dinge im Schnee (oder unter einer kleinen Schneewächte) vergraben um diese zu erkennen.

Die Notfallausrüstung auf Skitouren ist essentiell, in unserer Bildergalerie erfahrt ihr mehr:

Bekleidung: Mit Kinder auf Skitour nicht zu warm und nicht zu kalt bekleiden!

Für die Skitour im Frühjahr und bei Sonnenschein eignen sich Softshell-Hose und Jacke, darunter lange Unterwäsche. Kinder frieren jedoch gerade bei auffrischendem Wind, am Gipfel und bei der Abfahrt viel schneller als Erwachsene. Deshalb sollte man die ersten Touren mit der normalen Skibekleidung gehen, um auszuprobieren, was die Kinder gegen die Kälte benötigen. 

Helm und Skibrille sollte für die Abfahrt definitiv dabei sein. Beim Aufstieg wird den Kindern schnell unterm Helm zu warm. Deshalb die Mütze nicht vergessen – und auch die Sonnenbrille und die Sonnencreme gegen die Sonne.

<p>Verdient Abfahrt nach dem eigenständigen Aufstieg.</p>

Verdient Abfahrt nach dem eigenständigen Aufstieg.

© Thomas Harrer

Mit Kindern auf Skitour: Der eigene Rucksack

Kinder sollten für die Sicherheitsausrüstung ihren eigenen Rucksack haben. Das zeigt ihnen auch die Wichtigkeit der Ausrüstung und macht die Kinder auch etwas stolz. Ein geeigneter Rucksack für Kinder auf Skitour ist z.B. der Deuter Climber. Mit 22 Litern bietet er genügend Platz für Felle, Tourenadapter, die Sicherheitsausrüstung und die Getränkeflasche. Und auch die Ski lassen sich für kürzere Aufstiege oder den Weg vom Auto zum Einstieg in die Tour außen an den Kompressionsriemen befestigen.

Ganz wichtig auf Skitour mit Kindern: Brotzeit, Getränk, Motivation/Süßes

Auf jeder Tour sollte eine Brotzeit und genügen Süßes als Motivation dabei sein. Wichtig ist immer auch etwas Schokolade, Traubenzucker oder ein Müsliriegel, um einen eventuellen „Hungerast“ zu überwinden. Die meisten Kinder haben nur wenig Kraftreserven und müssen diese schnell wieder aufgefüllen. Sonst droht ein Tourabbruch unter Umständen schon auf den ersten Metern. Auch genügend Wasser oder Tee zum Trinken sollte dabei sein. Und als Motivation taugt den die Einkehr auf der Hütte am Berg bei Pommes oder Germknödel erfahrungsgemäß ganz gut.

Runter kommen sie alle, mit unseren sieben Tipps für die Abfahrt bei der Skitour:

 

Text von Thomas Harrer/mehr-berge.de