Unterkühlung: Hypothermie erkennen und vermeiden@(zwischenHeadlineTag)>
Der menschliche Körper ist gleichwarm, sprich er hält seine Körperkerntemperatur (KKT) in einem Bereich um 37 Grad mit einer physiologischen Schwankung von +/– 0,5 Grad, unabhängig von der Außentemperatur. Da fühlen wir Menschen uns wohl, so sollte es am besten immer sein. Im Bergsport, aber auch in anderen Bereichen des Lebens, kommt es immer wieder vor, dass unsere Temperatur unter die – nennen wir es mal die Komforttemperatur – fällt.
Das ist gar nicht so ungefährlich, da die lebensnotwendigen Vorgänge im Körper auf die besagte Temperatur eingespielt sind und die Lebensfunktionen bei veränderter Temperatur eingeschränkt werden oder im schlimmsten Fall ausfallen können. Im Fall einer Unterkühlung spricht man von Hypothermie. Aber was bedeutet das überhaupt und wann spricht man in der Medizin von einer Hypothermie? Und: Wie stellt sich eine Hypothermie dar und was kann man tun, um diese zu vermeiden oder ihr entgegenzuwirken?
Was ist Hypothermie?@(zwischenHeadlineTag)>
Wenn Mediziner oder rettungsdienstliches Personal von einer Hypothermie sprechen, geht man von einer Unterkühlung eines Menschen aus. Man spricht von einer Unterkühlung, wenn die Körperkerntemperatur unter 35 Grad fällt. Nicht alle Menschen kühlen gleich schnell aus. Schlanke und ältere Menschen sowie Schwerverletzte verlieren ihre Temperatur schneller. Auch zu beachten ist, dass das Abfallen der Körpertemperatur vor allem im Wasser, aber auch in feuchter oder nasser Kleidung deutlich schneller stattfindet.
Isolierende Kleidung und das rasche Wechseln von durchgeschwitzten Garnituren nach körperlicher Anstrengung im Bergsport kann einer Unterkühlung entgegenwirken und ist daher grundsätzlich zu empfehlen. Regionen (weit) weg vom Körperstamm wie die Extremitäten kühlen schneller aus als der Körperkern. Es ist ein Schutzmechanismus des Körpers. Zweck ist, dass die lebenswichtigen Organe im Körperstamm möglichst lange warmgehalten und versorgt werden, man spricht von "Zentralisierung".
Die Stufen der Abkühlung und Unterkühlung@(zwischenHeadlineTag)>
Es gibt verschiedene Stadien der Unterkühlung, welche nach der Schweizer Klassifikation gemessen an den Vitalfunktionen wie folgt eingeteilt werden:
Stadium 1: milde Hypothermie@(zwischenHeadlineTag)>
In Stadium 1 ist der Patient wach und das Bewusstsein ist uneingeschränkt. Meistens zittern die Patienten in diesem Stadium, da der Körper durch das Muskelzittern versucht Wärme zu erzeugen. Wenn der Patient unverletzt ist, benötigt er in der Regel keinen Transport in ein Krankenhaus. Der Patient sollte in eine warme Umgebung gebracht werden und ihm können warme, möglichst zuckerhaltige Getränke angeboten werden. Ebenfalls sollte man ihn zu Bewegungen motivieren.
Bei einer moderaten Hypothermie und einer schweren Hypothermie, welche die Stadien 2 und 3 darstellen, zeigt der Patient deutliche klinische Zeichen einer Unterkühlung:
Stadium 2: moderate Hypothermie@(zwischenHeadlineTag)>
Der Patient ist bewusstseinsverlangsamt und schläfrig, er reagiert auf Ansprache. Das Muskelzittern hat bereits nachgelassen, der Herzschlag und die Atmung sind deutlich verlangsamt. Wichtig ist hier, dass der Patient schonend liegend gelagert, sprich vorsichtig hingelegt und transportiert wird. Der Kreislauf des Patienten hat sich zentralisiert und es muss vermieden werden, dass das kalte Blut der Körperschale sich mit dem noch warmen Blut des Körperstamms vermischt. Diesen Vorgang nennt man Afterdrop, die Temperatur des Patienten sinkt durch das Vermischen noch weiter ab und dies kann im Verlauf zu einem Herzstillstand führen.
Stadium 3: schwere Hypothermie@(zwischenHeadlineTag)>
Im Stadium 3 hat sich die Vigilanz (Aufmerksamkeit und Reaktion) des Unterkühlten weiter verschlechtert. Eine Reaktion auf einen gezielt gesetzten Schmerzreiz ist noch wahrscheinlich. Die Vitalfunktionen sind wie bei Stadium 2 verlangsamt. Bei beiden Stadien ist das Absetzen des Notrufs unabdingbar. Der Patient benötigt medizinische Hilfe, Sauerstoffgabe und eine EKG-Überwachung sowie einen schonenden Transport ins Krankenhaus mit intensivmedizinischen Versorgungsmöglichkeiten und Überwachung. Wie oben bereits aufgeführt, sollen Patienten so wenig wie möglich bewegt werden. Dennoch ist es wichtig, die Patienten von der Kälte zu isolieren. Dies kann durch das Abdecken mit wetterfester Kleidung oder einer Rettungsdecke geschehen. Hierbei sollten auch der Kopf und das Gesicht bedeckt werden, allerdings ohne den Patienten am Atmen zu hindern.
Stadium 4: sehr schwere Hypothermie@(zwischenHeadlineTag)>
Im Stadium 4 ist das Überprüfen der Vitalparameter eine Herausforderung. Der Patient ist tief bewusstlos und die Vitalfunktionen sind so eingeschränkt/heruntergefahren, dass auch geübtes Fachpersonal sich Zeit nehmen muss, Lebenszeichen wie Puls oder Atmung feststellen zu können.
In diesem Stadium ist der Schritt zum Herzstillstand ein kleiner. Werden keine Lebenszeichen festgestellt, beginnt man mit Reanimationsmaßnahmen. Unterkühlte Patienten haben gute Chancen einen Hypothermie-bedingten Herz-Kreislauf-Stillstand zu überleben, da der Sauerstoffverbrauch bei abfallender Körpertemperatur ebenfalls abnimmt.
Mit dem Zwiebelprinzip auf Skitour: "Skitourenkleidung für jede Lage"
Hypothermie: Ein Beispiel aus der Praxis@(zwischenHeadlineTag)>
Du bist mit einem Kollegen auf der Abfahrt von einer anspruchsvollen Skitour. Der Aufstieg war fordernd, aber ihr hattet Spaß. Nun gilt es noch gut zurück ins Tal zu kommen. Wie im Wetterbericht angekündigt, hat es bald nach Beginn der Abfahrt zu schneien begonnen. Macht nichts, eure gute Kleidung hält euch trocken und warm. Nach circa zwei Drittel des Weges seht ihr unter einem Baum einen Skitourengeher angelehnt sitzen. Er scheint erschöpft zu sein und ihr seht beim Annähern, dass die Kleidung dem Wetter nicht angepasst ist.
Die Augen sind geschlossen, ihr könnt erkennen, dass sich der Brustkorb hebt und senkt. Die ermüdete Person ist mittleren Alters. Der Patient reagiert nicht auf eure Annäherung, erst als du den Patienten berührst und ansprichst, öffnet dieser die Augen. Während dein Kollege eure Erste-Hilfe-Ausrüstung aus dem Rucksack holt, untersuchst du den Patienten gemäß des ABCDE-Schemas im Rahmen deiner Möglichkeiten
A: Der Atemweg ist frei, ihr hört kein Atemnebengeräusch wie ein Schnarchen
B: Der Brustkorb hebt und senkt sich regelmäßig, circa zehn Mal in der Minute. Die Lippen des Patienten sind bläulich verfärbt. Der Patient gibt beim Abtasten des Thorax keine Schmerzen an und der Brustkorb ist stabil.
C: Am Handgelenk des Patienten kannst du einen schwachen, regelmäßigen Puls fühlen. Die Haut fühlt sich kalt an, sowohl am Handgelenk, als auch an der Stirn. Auch im Bauchraum hat der Patient keine Schmerzen, beim Abtasten stellst du nichts ungewöhnliches fest, der Bauch und die Oberschenkel sind weich, im Bereich des Beckens gibt der Patient keine Schmerzen an.
D: Der Patient reagiert auf deine Ansprache, er kann dir, wenn auch verlangsamt, Auskunft über seinen Namen und sein Ziel geben, auch kann er dir verständlich machen, vom schlechten Wetter überrascht worden zu sein. Nach längerem Aufstieg im Schneeregen hat er unter dem Baum Schutz gesucht. Die Frage, wie lange er schon hier sitze, kann er nicht beantworten.
E: Er gibt keine Verletzungen oder Schmerzen an, er klagt lediglich darüber, wie kalt es sei.
Deinem Kollegen und dir ist klar, dass der Mensch medizinische Hilfe benötigt, da er vermutlich unter einer Hypothermie leidet, und ihr setzt über die Nummer 112 einen Notruf ab. Der Disponent der Leitstelle teilt euch mit, dass die Bergwacht alarmiert wird, bis zu deren Eintreffen allerdings mindestens 20 Minuten vergehen werden.
Nun ist es an euch, die Zeit bis zum Eintreffen der medizinischen Hilfe sinnvoll und zielgerichtet zu nutzen und mit Zuhilfenahme des Erste-Hilfe-Sets den Patienten zu versorgen. Neben zwei Rettungsdecken habt ihr noch eine Weste sowie eine Mütze. Die Weste und die Mütze werden dem Patienten vorsichtig über die Kleidung bzw. über den Kopf gezogen.
Ihr habt genügend Platz, um unter dem Baum eine Rettungsdecke auszubreiten. Nun legt ihr den Patienten langsam und sehr vorsichtig auf die Rettungsdecke. Falls ihr Wärmekissen o. ä. habt, könnt ihr diese dem Patienten in die Leiste oder die Achsel legen. Nun deckt den Patienten mit der zweiten Rettungsdecke zu. Achtet darauf, dass seitlich keine Schlitze entstehen, und steckt die obere Silberdecke überschlagend unter den Patienten, sodass ein Hohlraum entsteht. Auch der Kopf des Patienten soll mit in diesen Kokon eingebaut werden, allerdings darf die Atmung nicht behindert werden.
Während ihr auf die Rettung wartet, überprüft ihr weiterhin die Atmung und den Bewusstseinszustand des Patienten. Bei drastischer Veränderung könnt ihr erneut die 112 wählen, um die Rettungskräfte vorab darüber zu informieren oder telefonische Unterstützung durch den Leitstellendisponenten zu bekommen. Wichtig ist auch, dass ihr auf euren Eigenschutz achtet. Bleibt in Bewegung, damit ihr nicht selbst auskühlt und euch damit in Gefahr bringt. Wenn ihr aber Kleidung entbehren könnt, baut ihr diese selbstverständlich mit in eure Hilfsmaßnahmen ein.
Teilt den Rettungskräften nach deren Ankunft mit, wie ihr den Patienten vorgefunden habt, ob es Zustandsveränderungen in der Wartezeit gab und welche Maßnahmen ihr ergriffen habt, um den Patienten vor weiterem Auskühlen zu schützen. Sollten die Rettungskräfte keine weiteren Fragen mehr haben oder eure Hilfe nicht mehr benötigen, könnt ihr guten Gewissens das letzte Stück der Abfahrt starten.
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