Risiko, Planung, Technik, Ausrüstung, Spuranlage

Hochtouren: Auf Gletschern sicher unterwegs

Wer in den Alpen hoch hinaus will, wird früher oder später auf Gletscher treffen. Gut, wenn man weiß, was wann zu tun ist.

Wer in den Alpen hoch hinaus will, trifft auf Gletscher. Gut, wenn man weiß, was wann zu tun ist.
© Imago / Blickwinkel

Gletscher sind aus Schnee hervorgegangene und sich auf dem Grund bewegende Eismassen. Die Fließgeschwindigkeit ist abhängig von Temperatur, Massenänderungen und der Geländeform. Bei den Alpengletschern liegt sie bei ca. 10 bis 30 Meter pro Jahr.

Unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten und die Geländeformen (Gebirgsrelief) erzeugen Spannungen im Eis, was zur Bildung von oberflächlichen Gletscherspalten führt. Diese können bei Alpengletschern maximal 30 bis 40 Meter tief werden.

<p>Ein Gletscher mit seinem Nährgebiet (mit Schnee) und seinem Zehrbereich (unten, aper). In wenigen Jahren wird die Gletscherzunge verschwunden sein.</p>

Ein Gletscher mit seinem Nährgebiet (mit Schnee) und seinem Zehrbereich (unten, aper). In wenigen Jahren wird die Gletscherzunge verschwunden sein.

© Andreas Wölki

Das plastische Verhalten des Eises ermöglicht es, dass sich Spalten auch wieder schließen können. Je nach Position und Lage zur Hauptbewegungsrichtung unterscheidet man Querspalten, Längsspalten, Radialspalten, Randspalten.

Zwei besondere Spaltenarten sind der Bergschrund (Spalte zwischen einer unbewegten Eisflanke und dem bewegten Gletscher) und die Randkluft (Spalte zwischen Felswand und Gletscher).

Gletschertypen

© Georg Sojer

Talgletscher: Sie haben ein deutlich begrenztes Einzugsgebiet und fließen unter Schwerkrafteinfluss ins Tal. Sie zeigen das typische Erscheinungsbild mit Spalten, Brüchen, Zungenbildung und Moränenbildung. Bekannte Beispiele in den Alpen sind der Aletschgletscher oder die Pasterze. Spaltensturz stellt für Alpinisten die Hauptgefahr dar.

Hängegletscher: Sie bestehen aus Eismassen, die an Geländeversteilungen und Felswänden über 40 Grad in einer steilen Stirnzone zu einem unkalkulierbaren Zeitpunkt abbrechen.

Risiko bei Gletschertouren

Für selbstständige Gletschertouren sollten Sie Basiswissen über Gletscher haben und mit den Grundlagen der Seiltechnik (Anseilen und Gehen auf Gletschern, Fixpunkte in Schnee und Eis), der Spaltenbergung und auch mit dem Gebrauch von Pickel und Steigeisen vertraut sein. Ein Ausbildungskurs bei einer Bergschule schafft hier die beste Grundlage.

Gletscherspalten: Generell besteht auf Gletschern Spaltensturzgefahr. Als Faustregel gilt deshalb, dass schneebedeckte Gletscher angeseilt als Gletscherseilschaft begangen werden.

Die Gefahr ist abhängig von vielen Faktoren (Schneebedeckung und -verhältnisse, Tragfähigkeit der Spaltenbrücken, Temperatur, Sichtverhältnisse etc.). Auf schneebedeckten Gletschern ist die Gefahr naturgemäß höher als auf einem aperen Gletscher mit gut sichtbaren Spalten. 

<p>Es gilt: Über einen schneebedeckten Gletscher nur in Seilschaft.</p>

Es gilt: Über einen schneebedeckten Gletscher nur in Seilschaft.

© Imago / Westend61

Wenn Spalten zugeschneit sind, sind sie auf der Oberfläche oft durch dunkle eingesunkene Bereiche zu erkennen. Spaltenzonen sind ortsfest und in topografischen Karten eingezeichnet, wobei die Aktualität des Gletscherstandes in der Karte zu berücksichtigen ist.

"Der frühe Vogel fängt den Wurm", dies gilt insbesondere für Hochtouren! Auch wenn kaum jemand gerne um drei Uhr in der Früh aufsteht: Bei vielen Hochtouren muss das sein. Dann ist man zur Mittagszeit, wenn der Schnee weich wird und die Spaltenbrücken nicht mehr tragen, schon wieder auf der Hütte (oder zumindest vom Gletscher runter).

In Seilschaft über den Gletscher

Gletscherseilschaft: Eine Gletscherseilschaft mit genügend großen Abständen zwischen den Mitgliedern schafft günstige Verhältnisse für das Abbremsen von Spaltenstürzen. Dabei liegt die optimale Teilnehmerzahl einer Gletscherseilschaft bei drei bis fünf Seilschaftsmitgliedern.

<p>Wichtig bei der Auswahl der Seillänge für Gletschertouren ist es, das Restseil für die Spaltenbergung miteinzuberechnen.</p>

Wichtig bei der Auswahl der Seillänge für Gletschertouren ist es, das Restseil für die Spaltenbergung miteinzuberechnen.

© Georg Sojer

Je geringer die Seilschaftsgröße, desto größer die Abstände zwischen den Mitgliedern, um genügend Bremsweg im Falle eines Spaltensturzes zu haben. Die Richtwerte sind so: 3 Seilschaftsmitglieder 10 – 12 Meter, 4 Seilschaftsmitglieder: 8 – 10 Meter, 5 Seilschaftsmitglieder: mindestens 8 Meter.

Angeseilt werden muss generell, wenn der Gletscher schneebedeckt ist, bei Festigkeitsverlust der Schneedecke durch hohe Temperaturen, nach Neuschneefall mit Wind, im Frühwinter bei geringer Schneeauflage, bei schlechter Sicht, in Gletscherbrüchen und Spaltenzonen.

<p>Auf schneefreien Aperen Gletschern kann auf das Seil verzichtet werden.</p>

Auf schneefreien Aperen Gletschern kann auf das Seil verzichtet werden.

© imago / Schwenke

Auf schneefreien aperen Gletschern und bei guter Sicht kann auf das Seil verzichtet werden. Ein Verzicht des Anseilens ist außerdem möglich auf vom Sommer bekannten spaltenfreien Gletschern und bei hoher festgefrorener Firnauflage frühmorgens bis vormittags.

ALPIN-Ausrüstungstipps

Wie bei anderen alpinistischen Spielarten ist eine gewichtsoptimierte Ausrüstung von Vorteil, da gerade Gletscher- und Hochtouren materialintensiv sind.

Klickt euch durch die Fotogalerie mit unseren Ausrüstungstipps für Hochtouren.

Text von Andreas Wölki, Olaf Perwitzschky

0 Kommentare

Kommentar schreiben