Auf dem Podium saßen der amerikanische Ausnahme Kletterer Ed Webster, der slowenische Bergsteiger Marko Prezelj, der Italiener Mario Curnis, der Journalist der Süddeutschen Zeitung Dominik Prantl und der Organisator des Piolets d'Or Christian Trommsdorff, selbst begeisterter Bergsteiger. Ein leuchtendes Beispiel wie man sich ein Leben nach dem Bergsteigen aufbauen kann, ist der 95 jährige Filmemacher Norman G. Dyhrenfurth. Er blickt mittlerweile auch auf ein Leben als Filmemacher und Professor zurück. Auch er zählte zu den hochkarätigen Gästen der Diskussionsrunde.
"Wir sprechen hier von einem sozialen Problem" unterstrich Reinhold Messner. "Diese jungen Leute investieren all ihre Energien in den Alpinismus auf höchstem Niveau, die Sponsorengelder werden in die Realisierung der Projekte gesteckt und nach Karriereende schaffen es diese nicht, ihr Leben zu meistern." Messner erinnerte in diesem Zusammenhang an zwei eklatante Beispiele, der berühmte amerikanische Alpinist Jim Bridwell und der deutsche Filmemacher Lothar Brandler, die heute ein Leben quasi als Obdachlose führen.
"Es gibt keine Absicherung im Sozialsystem für Alpinisten und Bergführer" stellte Christian Trommsdorff fest. "Es gibt einige Wenige, die Alpinismus als Beruf betreiben, aber sehr viele begeisterte Alpinisten, die ihr Leben zwar dem Berg widmen, aber ihren Unterhalt mit kleinen Nebenjobs finanzieren, also hin und wieder als Bergführer arbeiten oder als technische Berater für Kletter- und Bergausrüster arbeiten".
Trotz seiner großen Leidenschaft zu den Bergen hat er nie seinen Beruf als Maurer und Bauunternehmer aufgegeben, erzählte Mario Curnis. "Von 1949 bis 2010 war ich Maurer. Ich arbeitete und dann erst ging ich in die Berge. Damit hatte ich eine Absicherung und musste mir keine Sorgen machen. Dem Berg muss ich nur DANKE sagen. Ich ging in die Berge zum Klettern wann ich wollte und mit wem ich wollte. Ich habe nie um Geld gebeten um in die Berge zu gehen, denn ich wollte nicht das Geld mit der schönsten Sache meines Lebens vermischen."
Interessant der Beitrag des Slowenen Marko Prezelj, der sich selbst nicht als Profi bezeichnen würde. " Vor das Profitum setze ich die Leidenschaft" sagte Prezelj. "Jemand hat den Alpinismus als die Kunst des Leidens bezeichnet. Darum ist es auch klar, dass es beim Bergsteigen hauptsächlich um die Leidenschaft geht. Wer von dieser getrieben wird, macht sich keine Gedanken um die Zukunft, er denkt nicht daran, was dann passiert, wenn die Leidenschaft erlischt. Die Jungen müssen neue Ideen finden, wissend, dass ein Großteil der Alpinisten Erzähler sind und jeder kann seine Geschichten erzählen."
Wie die Medien das Thema sehen, beschrieb der Journalist Dominik Prantl. "Wer vom Alpinismus lebt, braucht die Aufmerksamkeit der Medien. Es stimmt nicht, dass im Zusammenhang mit Bergen vor allem die Tragödien Aufmerksamkeit erzeugen. Sobald Alpinsten von ihren Abenteuern zurückkommen, wollen sie ihre Geschichten erzählen. Aber nicht alle können das. Es genügt nicht der Beste am Berg zu sein, um Seher und Leser zu begeistern. Heldengeschichten sind zwar schön, aber man muss einen Weg finden, die Einmaligkeit der Geschichte richtig zu präsentieren. Ethik spielt in diesem Zusammenhang auch eine wichtige Rolle. Zum Beispiel Gerlinde Kaltenbrunner. Sie wird auch wegen ihrer Niederlagen geschätzt. Nach der Karriere, werden auch Geschichten zur Kameradschaft zwischen Alpinsten gerne gehört und gelesen, denn es interessiert mehr wie ein Abenteuer gelebt wurde, als der alpinistische Stil, mit dem ein Aufstieg gemacht wurde."
"Wie man überlebt nach dem Klettern? - Eine Erfahrung die ich jeden Tag erlebe" scherzte Ed Webster. "Ich habe mich nie als Profi-Kletterer gesehen, deswegen wurde mir auch nie Geld gezahlt oder hatte nie einen Sponsor. Ich war reich im Kopf und an Geschichten und hatte ein Klettertalent, aber auch eines fürs Schreiben und Fotografieren. Mein Rat an die jungen Alpinisten ist der, dem Herzen zu folgen und die eigene Kreativität auszuleben. Es wird sich dann ein Weg finden, durch diese Kreativität das Leben zu meistern". Dann fügte er lachend hinzu "Aber besser ist es, wenn ihr einen Bergunfall habt, oder eine Grenzerfahrung zwischen Leben und Tod, vielleicht dabei auch noch einige Finger und Zehen verliert auf einen Achttausender, dann wird Euer Buch sicher ein Erfolg."
Nach den Beiträgen der Podiumsteilnehmer kamen noch Wortmeldungen aus dem Publikum, darunter auch jene des Deuter Geschäftsführers und Bergsteigers Bernd Kullmann. Sein Tipp an die jungen Bergsteiger ist, sich nicht zu viel auf die Sponsoren zu verlassen. Man kann auch professioneller Alpinist sein und einem Beruf nachgehen. Wichtig ist dabei die schulische Ausbildung, die in einem auch andere Eigenschaften wachsen lässt, denn es genügt nicht mehr, nur ein guter Kletterer oder Bergsteiger zu sein.
Abschließend fasste Reinhold Messner die Diskussion mit diesen Worten zusammen: "Wir wollen den Jungen helfen, aber die Firmen und Sponsoren allein können das wahrscheinlich nicht übernehmen. Es wird deshalb wichtig, dass die Hilfe aus zwei oder drei Quellen kommt. Wir erfahrenen Bergsteiger haben die Pflicht darauf zu verweisen, dass die Eroberungen und Abenteuer nichts nützen, wenn man daraus nichts lernt."
Zum Abschluss der zweiten Ausgabe von Quo CLIMBis? setzte Reinhold Messner ein starkes Zeichen und überreichte zwei Hilfsschecks für den Amerikaner Jim Bridwell und Lothar Brandler. Mit dieser Spende will er den finanziell gescheiterten Alpinsten ein wenig unter die Arme greifen.