Die Tendenz, dass die Gletscher schrumpfen, ist eindeutig, so Studienautor Daniel Farinotti in einem Interview. "Bis in die 1980er Jahre hatten die Gletscher eine positive Massenbilanz." Das Rekordjahr an Verlusten war der hitzereiche Sommer 2003. "Dieser Trend ist auch in Österreich zu beobachten", meint der Forscher.
Das neue Verfahren haben die Wissenschaftler auf jene 59 Schweizer Gletscher angewandt, die größer als drei Quadratkilometer sind. "Für die übrigen 1.400 Gletscher in der Schweiz, haben wir das Eisvolumen von einem empirischen Flächen-Volumen-Ansatz abgeleitet", erklärt Farinotti.
Für den Gletscherstand im Jahr 1999 haben die ETH-Forscher ein Gesamtvolumen von 74 Kubikkilometer berechnet. Die vergletscherte Landesfläche umfasste 1.063 Quadratkilometer und hatte eine mittlere Eisdicke von 70 Metern. Die Unschärfe dieses Resultats liege bei plus/minus neun Kubikkilometer. "Das Volumen entspricht in etwa dem Jahresdurchschnitt an Regen in der Schweiz", so der Wissenschaftler.
Neue Methode verschaft neue Erkenntnisse
Das Neue an der Studie ist weniger diese Abnahmetendenz als vielmehr die neue Methode zur Gesamterfassung der Gletschervolumen. Als Grundlage der Erfassung dient das Massenerhaltungsgesetz. Dieses besagt, dass die Oberflächenmassenbilanz durch den Eisfluss und die Eisdickenänderung ausgeglichen werden muss.
So können die Wissenschaftler allein aufgrund der Topographie der Gletscheroberfläche und der geschätzten Verteilung der Oberflächenmassenbilanz das Eisvolumen berechnen. Im Gegensatz zu den bisherigen Schätzverfahren ist mit dieser neuen Methode erstmals auch die räumliche Verteilung der Eisdicke eines Gletschers erkennbar.
Rund 88 Prozent des Eises sind in den 59 größten Gletschern gespeichert. "Damit wird klar, dass zur Bestimmung eines regionalen Eisvolumens vor allem jene Gletscher ins Gewicht fallen, die größer als drei Quadratkilometer sind", erklärt Martin Funk, Leiter der Abteilung Glaziologie der ETH.
Die Gletscher im Aletschgebiet machen zusammen fast ein Viertel der Eismassen aus. Die Fläche des Großen Aletschgletschers entspricht in etwa der Gesamtfläche aller Schweizer Gletscher, die kleiner als ein Quadratkilometer sind.
Steigende Temperaturen, schwindende Gletscher
Allein im Jahrhundertsommer 2003 gingen 2,6 Kubikkilometer Gletscher in der Schweiz verloren. Durch die ständig steigenden Temperaturen - für die Schweizer Alpen ist ein Temperaturanstieg von 1,8 Grad im Winter und 2,7 Grad im Sommer bis ins Jahr 2050 erwartet - werden die Gletscher weiter zurückgehen.