Zunächst fiel mir die Schmiererei gar nicht auf. Es war windig und kalt und ich zog mir erstmal eine Jacke an. Dann machte ich Brotzeit. Dann schaute ich umher. Und erst als ich mich aufmachte, vom Gipfel des Risserkogel wieder abzusteigen, sah ich den Schriftzug auf dem Gipfelkreuz: KAMPF stand da, auf dem Längsbalken, große Lettern untereinander in gebrochener Grotesk-Schrift, wie sie die Nationalsozialisten gerne benutzten. Die Assoziation war gewollt.
Ich erschrak. Und stellte mir vor, wie einer oder mehrere, wahrscheinlich Männer, hier heraufgegangen waren, einen dicken Stift im Rucksack, mit der Absicht, ein Wort auf das Gipfelkreuz zu schreiben, das genau die Mischung aus Ekel, Abscheu, Unverständnis und Ärger hervorrufen sollte, die ich in diesem Moment empfand.
Was waren das für Leute? Faschisten, Neonazis,rechte Anstifter, dumme Schläger auf einem Gipfel, den ich schon als Kind bestiegen habe und dann wieder und wieder, weil er so schön ist.
Man kann von Gipfelkreuzen halten, was man will. Man kann sie als Symbol sehen für die christliche Vereinnahmung des alpinen Kulturraums, die seit Jahrhunderten praktiziert wird. Man kann das unangemessen finden, aus der Zeit gefallen oder verwerflich. Man kann blau-weiß-rot-grün-gelbe Gebetsfahnen aufhängen damit eine spirituelle Glaubensalternative anbieten. Meinetwegen kann man sogar TSV-1860-Aufkleber auf die Gipfelbuchkassette pappen.
Was man auf keinen Fall kann, ist ein Kreuz zu beschmieren. Und schon gar nicht auf eine Art und Weise, die einer menschenverachtenden und und rassistischen Ideologie Ausdruck gibt.
Noch am selben Abend schrieb ich eine Mail an die Sektion Tegernsee des Deutschen Alpenvereins, in deren Arbeitsgebiet der Risserkogel liegt. Am nächsten Tag antwortete mir Carolin Machl, Leiterin der Geschäftsstelle: "Herzlichen Dank, dass du uns Bescheid gibst. Wir als Sektion sehen das genauso wie du, und ich leite das an unsere Jungs weiter, die vor zwei Jahren auch den Querriegel erneuert haben. Sie werden das beseitigen."
Es dauerte nicht einmal zwei Tage, bis "unsere Jungs", der Estner Marinus und der Hagn Peter, beides gestandene Mannsbilder, auf den Risserkogel stiegen. Die Schmiererei ist jetzt weg, das Gipfelkreuz schaut wieder so aus wie vorher.
Darüber freue ich mich. Und ich habe mir vorgenommen, auch wenn das nicht meine Art ist, mich öfter einzumischen. Weil es wichtig ist.
1 Kommentar
Kommentar schreibenEs is wurscht, ob linke oder rechte Schmirage, oder irgendwelche parolen-aufkleber - das ist idiotenwerk und hat am Berg nix verloren
Genauso wie das umherturnen am Gipfelkreuz, alles Unarten…