Der Italiener Cesare Maestri und der aus Lienz stammenden Toni Egger waren 1959 sechs Tage unterwegs, um als erste den Cerro Torre zu besteigen. Eine Eislawine begrub Toni Egger am Fuße des Berges. Maestri selbst war "mehr tot als lebendig", als er von seinem Kameraden Cesarino Fava am Gletscher gefunden wurde.
Das berichtet der erfahrene Profi-Bergführer und erste Österreicher auf den "7 Summits" Walter Laserer auf seinem Blog . Die Umstände des Todes von Toni Egger sind bis heute ungeklärt - ebenso die Frage, ob die beiden tatsächlich den Gipfel erreicht haben.
Keine Spuren
Die Debatte um dieses Thema wurde oft sehr emotional geführt. Laut Laserer gibt es heute in dem Bereich, in dem Maestri mit Egger auf dem Gipfel geklettert sein will, einige moderne extreme Routen. Aber Oberhalb des sogenannten "dreieckigen Schneefeldes" in der Ostwand habe bisher kein Kletterer Spuren von der Expedition im Jahr 1959 entdeckt. Lediglich in der Nähe dieses Schneefeldes fand man ein Depot mit Seilen, alten Haken und Karabinern - von hier aus ist es aber noch ein weiter Weg bis zum Gipfel.
Rolando Garibotti, der wie Laserer ihn nennt "unumstrittene Hausmeister des Gebietes um Cerro Torre", ist es nun zusammen mit Kelly Cordes gelungen ein Foto, das Cesare Maestri in seinem Buch "Arrampicare e il Mio Mestiere" (Milano, Garzati, 1961) veröffentlicht hatte, nachzustellen. Dazu mussten Garibotti und Dörte Pietron hunderte Fotos sichten, denn auf dem Bild von Maestri war weder ein Hintergrund, noch ein Gipfel zu erkennen, sondern ausschließlich Fels.
Von dieser aufwendigen Spurensuche berichtet Garibotti auf pataclimb.com . Hier ist auch zu lesen, dass er Maestris Foto zusammen mit Ermanno Salvaterra entdeckt hatte. Salvaterra und Garibotti kennen das Gebiet sehr gut, ihnen war daher klar, dass das Bild nicht - wie in der Bildunterschrift des Buches behauptet - am Cerro Torre entstanden war.
Perfil de Indio statt Cerro Torre
Garibotti und Pietron fanden nun heraus, dass es stattdessen einen Ausschnitt des Perfil de Indio zeigt, ein kleiner Turm an der Westseite des Massivs. Eggers und Maestri hatten aber angegeben, genau auf der entgegengesetzten Seite des Berges geklettert zu sein. Daher stellt sich die Frage, warum Maestri diesen Abschnitt, der weit von der eigentlichen Kletterroute entfernt ist, in seinem Bericht nicht erwähnt. Garibotti vermutet, dass beide aufgrund von größeren Schwierigkeiten von der Ost- auf die Westseite wechselten. Zumal ein Jahr zuvor Walter Bonatti und Carlo Mauri dort auf einer günstigen Linie weit vorankamen.
Der Fotovergleich von Rolandi Garibotti zeigt:
- Maestris Behauptung, das Foto sei am Cerro Torre entstanden, ist wiederlegt.
- Maestri und Egger waren auf der Westseite des Torres Massivs.
- In den Tagebüchern und im Expeditionsverlauf waren keine Tage für Erkundungen vorgesehen, auch haben sie darüber nicht berichtet. Daher waren sie wohl während der "6-Tage-Besteigung" auf der Westseite des Berges. Maestri schildert aber sie seien an der Ost- und Nordseite des Berges gewesen.
- Die Kamera, oder zumindest ein Film, wurde entgegen Maestris Angaben nicht verloren.
Für die "Westseiten-Theorie" spricht laut Laserer auch, dass Toni Egger zusammen mit Siegfried Jungmeir 1957 die Erstbesteigung des Jirishanka in Peru gelang. Denn der Jirishanka ähnelt in seiner Struktur und Schwierigkeit der Westseite des Cerro Torres. Daher halten es Laserer und Garibotti für wahrscheinlich, dass Eggers Maestri gedrängt haben könnte, auf diese Seite des Berges zu wechseln.
Appell an Maestri
Was tatsächlich am Cerro Torre passiert ist, welche Route Maestri und Eggers geklettert sind, ob sie den Gipfel wirklich erreichten und wie es zu dem Tod von Toni Eggers kam, kann letztendlich nur Maestri selbst abschließend klären. Garibotti appelliert daher eindringlich an ihn, sein Wissen darüber preiszugeben.
Quellen: Walter Laserer auf seinem Blog alpineneuigkeiten.blogspot.co.at
Rolando Garibotti und Kelly Cordes berichten auf pataclimb.com
Anmerkung der Redaktion: Die Nachricht zu diesem Thema erreichte uns in dem Moment, als die Märzausgabe von ALPIN bereits in Druck gegangen war. Daher werden wir uns im Heft erst in der Aprilausgabe damit beschäftigen können. Dabei wird auch Markus Pucher, wohl einer der besten deutschsprachigen Kenner des Cerro Torre Massivs, zu Wort kommen.
1 Kommentar
Kommentar schreibenEs ist doch allgemein bekannt, dass Maestri und Egger damals den Gipfel nicht erreicht haben. Es ist OK wenn Garibotti durch gründliche Recherche dem Rätsel der Erstbesteigung auf den den Grund geht. Aber wäre es nicht besser, den alten Mann Maestri, der in seiner Zeit zu den unumstrittenen Alpinisten zählte an seinem Lebensabend in Ruhe zu lassen und die Geschichte nicht wieder durch unnötige Polemik neu aufzuheizen. Der am meisten darunter leidet ist wer? Doch nur Maestri.
Genauso leidet sicherlich Steck bis an sein Lebensende, ob seiner angeblichen Tour an der Anapurna. Nur das ist eine ganz andere Geschichte.