Die Watzmann-Überschreitung ist einer der ganz großen Tourenklassiker in den Bayerischen Alpen. Jedes Jahr wagen sich mehrere Tausend Bergsteiger an die anspruchsvolle Traverse vom Watzmann-Hocheck über die -Mittelspitze zur -Südspitze; immer häufiger auch viele Aspiranten, die der Unternehmung weder konditionell noch von ihren technischen Fähigkeiten her gewachsen sind.
Beim Deutschen Alpenverein und der Nationalparkverwaltung Berchtesgaden beobachtet man diese Entwicklung schon länger mit Sorge. Deshalb hat man sich nun zu einem außergewöhnlichen Schritt entschlossen:
Statt den Grat durchgängig zu versichern, um weitere Schlüsselstellen - etwa zwischen Mittel- und Südspitze - zu entschärfen, geht man den umgekehrten Weg.
Zwischen Hocheck und Mittelspitze wurden jetzt rund 60 Meter Stahlseil abgebaut und 20 Trittstifte erneuert, so dass auf dem Abschnitt fast keine künstlichen Sicherungsmittel mehr zu finden sind. Durch die Maßnahme hofft man, all diejenigen von der Tour abhalten zu können, die im hochalpinen Gelände ohne Klettersteigset aufgeschmissen sind.
Ob der gewünschte Effekt tatsächlich eintritt, und die Bergwacht Berchtesgaden zukünftig weniger Einsätze am "König Watzmann" verzeichnen kann, bleibt abzuwarten.
Nachtrag vom 11. Juli
Abbau von Sicherungsmitteln als Maßnahme gegen überforderte Begeher? Von offizieller Seite aus wird dies nicht so explizit formuliert. Die Sanierung der Steiganlage mache die Überschreitung nicht schwerer, ist sich Lorenz Köppl, Wegereferent im Nationalpark Berchtesgaden, im Fernseh-Interview mit dem BR sicher:
"Die Seilsicherungen, die wir hier zurückbauen, nimmt der Wanderer, der sie vorher nicht gekannt hat, gar nicht wahr."
Auch gegenüber alpin.de versicherte der Leiter des Steigbau-Teams, dass sich am Charakter der Tour nichts verändert habe. Die in unschwierigem Gelände entfernten Sicherungsmittel seien allesamt "überflüssig" gewesen. Das Hauptaugenmerk liege sowieso auf dem Austausch beschädigter Seile und Trittstifte.
Die steigende Anzahl an Rettungseinsätzen am Watzmann beschäftigt aber auch Köppl. Selbstüberschätzung sei hier eines der Hauptprobleme, weniger die fehlenden Sicherungen:
"Wir vertreten schon die Ansicht, dass es gut wäre, wenn sich das Können eines Bergsteigers an die Verhältnisse am Berg anpassen würde, und nicht umgekehrt, dass immer Forderungen laut werden, wir müssen die Berge niederbohren und zuschlossern, damit wirklich jeder hochkommt", so der Experte im Beitrag des BR.
24 Kommentare
Kommentar schreibenDie Maßnahmen sind gut und richtig und sollten an jedem Berg umgesetzt werden.
Die Berge sind kein Abenteuerspielplatz und sollen auch bitte nicht zu so einem werden!
Entweder kann ich einen Berg ohne jeglich künstlich geschaffene Hilfsmittel besteigen, aus eigenem technischen Können, oder ich habe dort absolut nichts zu suchen.
Alle möchtegern Bergsteiger gefährden echte Bergsteiger indem sie durch Angst, Unsicherheit und Langsamkeit Staus verursachen oder waghalsige Umgehungen auslösen die man sich antun muss, nur weil sie sich nicht trauen weiterzugehen. Von hauptsächlich unnötigen Rettungseinsätzen wegen unangebrachten Schuhwerk, fehlender Stirnlampe, fehlendes Kartenmaterial usw. will ich hier gar nicht anfangen.
Jeder sollte sich umfassend auf eine Tour vorbereiten und sich genau überlegen und ehrlich bewerten ob man den konditionellen Anforderungen (auch mit evtl. Reserve) und den technischen Anforderungen (was ist wenn ein Trittstift rausgebrochen ist?) gewachsen ist.
Viele Grüße einer ehemaligen Bergwachtlerin...
Der Berg "gehört" erst mal niemand und man sollte Respekt vor der Natur haben. Es geht um Eigenverantwortung. Nur Verantwortung schiebt der Mensch gerne von sich. Viele sehen es aber als ihr Recht an, den Berg zu "erleben" und es werden Bahnen und Infrastruktur geschaffen..... der Respekt vor der Natur und dem Berg geht verloren. Dies zeigt sich am Gipfel der Zugspitze. Meiner Meinung nach ist eine Renaturierung der Überschreitung ein vernünftiger Schritt. Die Tour ist ein Traum und wird dann gefährlich, wenn sie verstopft wird durch Gruppen, die über den Grat zittern.
Wenn ich hier all die dummen Meinungen lese, könnte ich kotzen.
Warum denn nicht den Grat komplett versichern?
Warum sollen den Menschen unnötig sterben. Ohne die Touristen und von euch bezeichneten möchte gern Bergsteiger könnte doch Berchtesgaden aber auch die gesamte Alpengegend seine Türen zu schließen.
In 6-7 Stunden müßte für mich diese Querung beendet sein. Leichtsinnig sollte niemand werden da du nicht nur dich sondern auch andere mit gefährden kannst. Versicherungen abbauen wird niemand von diesem Abenteuer Watzmann abhalten. Schlechte Entscheidung
Warum nehmen sich hier so viele als Maß aller Dinge – jeder sollte den Bergsport nach den eigenen Wünschen betreiben können und ein Sicherungsseil ist ein Angebot – die, die es nicht benutzen wollen, benutzen es einfach nicht - viele Tritthilfen umgehe ich auch kletternd – ich gönne den Berg aber auch denen, die diese Hilfen nutzen möchten, ohne auf sie verächtlich herabzuschauen. Aber solch eine Diskussion bietet natürlich mal wieder die Möglichkeit zu sagen/schreiben, wie toll man ist!
Das BGL ist voller Berge – ohne Seil, ohne Krampen, ohne Menschen…. Für alle die, die gerne einsam und ungesichert durch die Gegend ziehen wollen, bitte!
Aber eines ist natürlich klar: Hier soll die Zunft der Bergführer gestärkt werden….
Die Region hier lebt vom Tourismus und ob die Rechnung aufgehen wird, wird sich zeigen.
Bergwanderer ohne alpine Erfahrung haben dort nichts zu suchen.
Ich finde die Maßnahme richtig. Früher, als die Tour noch nicht als Klettersteig ausgewiesen worden ist, haben sich meiner Meinung nach deutlich weniger die Überschreitung zugetraut.
topo watzmann? Die Felsen bleiben doch so wie sie sind... Nur wird jetzt nochmals ganz klar gesagt, dass die Watzmannüberschreitung kein Klettersteig der Schwierigkeit A B ist sondern eine anstrengende konditionstour ist, die nicht jeder Anfänger klettern kann, sondern denen vorbehalten ist, die auch über genau dieses Können und diese Kondition verfügen , diese Gradkletterei auch ohne durchgehende Seilversicherung zu bewältigen. Mag sein, dass jetzt der ein oder andere Kletterer einen beleidigten Flunsch zieht, aber den Watzmann muss man sich einfach mit Können und Erfahrung und auch mit Respekt vor der Gewaltigkeit verdienen.
Interessantes Experiment. Da stehen sich zwei unterschiedliche Hypothesen zur Bergsicherheit gegenüber. Entscheidungskriterium wird wohl die Unfallstatistik sein.
Vollkommen richtig!
Der Watzmann ist kein Klettersteig und sollte auch keiner werden.
Leider verleitet angebrachtes Eisen häufig dazu dies anzunehmen. Ein ähnliches Beispiel ist der Jubiläumsgrat an der Zugspitze.
Dummerweise springen selbst Tourenbücher und Beschreibungen im Internet immer wieder auf diesen Zug auf und verleiten Leute dazu, sich nur mit einem Klettersteigset ausgerüstet, in Hochalpines Gelände zu begeben.
Ein vollständiger Rückbau der "Eisenhilfen" ist hier der erste Schritt zur Besserung - eine konsequente Kommunikation der zweite.