Gerade einmal neun Stunden und 15 Minuten haben Simon Gietl und Michi Wohlleben nach eigenen Angaben für die Realisierung ihres jüngsten Projektes benötigt, dann konnten die beiden Profialpinisten eine weitere Wintererstbegehung in ihre Routenbücher eintragen. Und was für eine!
Die komplette Überschreitung aller fünf Gipfel der Zinnen-Gruppe, also Westliche-, Große- und Kleine Zinne samt Punta Frida und Preußturm, war zuvor im Winter nämlich noch niemanden gelungen.
Michi Wohlleben berichtet von einem ganz besonderen Klettertag im März 2017:
Nachdem wir uns am 16.03. einen Überblick über die Lawinensituation und die Verhältnisse gemacht und am Einstieg ein bisschen Material deponiert hatten, starteten wir schließlich am 17.03. um 6:45 Uhr in die "Scoiattoli-Kante" an der Westlichen Zinne. Da wir beide die Route nicht wirklich gut kannten, rechneten wir mit schwerem Gelände und schlechten Haken, aber irgendwie lief es besser als gedacht, und wir konnte alles am laufenden Seil in drei gestreckten Seillängen klettern.
So fanden wir uns nach zwei Stunden und 20 Minuten auf dem Gipfel der westlichen Zinne wieder. Wir lachten und sagten: "Naja in Mathematik waren wir beide nicht gut, wenn aus geplanten fünf Stunden auf einmal zwei Stunden werden, aber dafür klappt es eben im Klettern." Wir stiegen zügig den Normalweg ab und in die "Dülferroute" an der Westwand der Großen Zinne ein.
Es war zugig und kalt aber auch hier kam uns das gleichzeitige Klettern entgegen – die ganze Zeit in Bewegung zu bleiben scheint der Schlüssel zum Erfolg bei schwierigen Winterbegehungen zu sein - und so standen wir nach einer guten Stunde in der Sonne auf dem Ringband kurz darauf um 11:26 Uhr auf dem Gipfel der Großen Zinne.
In der Scharte zwischen Großerund Kleiner Zinne kochten wir einen Liter Wasser und kletterten dann über den Normalweg auf die Kleine Zinne. So langsam wurde uns auch klar, dass es heute nicht dunkel wird bis wir fertig waren, was der ganzen Geschichte ein bisschen Entspannung verpasste. Niemand klettert gerne in die Nacht hinein.
Von der Kleinen Zinne seilten wir die "Innerkofler" Route ab und stiegen über den Westgrat auf die "Punta di Frida" auf. Wir wurden uns bewusst, dass jetzt eigentlich mit der spannendste Teil der Route kam. Wir mussten in die Scharte zwischen Punta Frida und Preußturm. Ein abenteuerlicher Bereich der Zinnen, dunkel, kalt, exponiert und wenig begangen.
Auch wenn wir es im November schon ausgecheckt hatten, war das runterkommen ein bisschen aufwändig. Beim Abseilen merkten wir, dass wir im Herbst ein acht Meter längeres Seil bei uns hatten, was uns ein bisschen Ärger bereitete, sich aber zum Glück gut auflöste.
Die letzten Meter auf den Preußturm waren fast ein Genuss. Wir freuten uns mussten allerdings um auf der perfekten Überschreitungslinie zu bleiben noch den "Preußriss" abseilen was trotz zu kurzem Seil gut funktionierte. Nach neun Stunden und 15 Minuten standen wir am Boden und waren ziemlich zufrieden und glücklich, dieses lange ersehnte Projekt beendet zu haben. So schnell hätte es nicht gehen müssen, aber wenn es läuft dann läuft es eben.
0 Kommentare
Kommentar schreiben