"In den letzten Jahren verspürte ich immer mehr den Drang, wieder einmal in die Heimat meines Vaters zurückzukehren. Am Lunag Ri selbst reizt mich vor allem der jungfräuliche Gipfel und die anspruchsvolle Kletterei – eine Kombination, die nicht alltäglich ist, denn oft sind die unbestiegenen Gipfel klettertechnisch eher weniger reizvoll", so David Lama im Herbst des vergangenen Jahres über sein neuestes Projekt.
Mit von der Partie: Conrad Anker. Die beiden Profialpinisten hatten im Sommer 2015 gemeinsam die Route "Latent core" in Utah eröffnet. Jetzt sollte sich die österreichisch-amerikanische Seilschaft im Himalaja bewähren, so der Plan.
Perfekte Wetterbedingungen bis zur Errichtung des Basislagers und während der Akklimatisierung ließen die Erwartungen des Duos entsprechend steigen. Nach nicht einmal zwei Wochen im Basecamp waren sie bereit für einen Gipfelversuch.
"Weil im unteren Bereich der Wand kaum Schnee und Eis zu finden war, was auch die Steinschlaggefahr erheblich vergrösserte, mussten wir von unserer geplanten Aufstiegslinie absehen und eine andere Linie durch sehr viel steileres und schwieriges Gelände wählen."
So wich man auf den nicht minder anspruchsvollen Nordwestgrat aus, um von dort einen Gipfelversuch zu starten. Über den Grat gelangten Lama und Anker in zwölfstündiger Kletterei auch bis unter die 300 Meter hohe Gipfelwand.
Um schneller unterwegs sein zu können, hatten die Profis bei ihrem "Summit Push" bewusst auf die Mitnahme jeglicher Biwakausrüstung verzichtet gehabt. Eine Entscheidung, die sich nun, wenige Seillängen unterhalb ihres Zieles, rächen sollte.
Denn der höchste Punkt war an diesem Tag für die beiden nicht mehr zu erreichen. Und das Risiko, bei -25°C und starkem Wind ohne Zelt und Schlafsäcke biwakieren zu müssen, wollte man auf gar keinen Fall eingehen.
So blieb Lama und Anker nur eine Option: Rückzug. Nach zeitraubendem Abstieg erreichte das Duo schließlich gegen Mitternacht seinen Biwakplatz auf ca. 6000 Meter.
"Hätten wir den Gipfel noch in der Tasche gehabt, wäre unsere Tour perfekt gewesen", resümiert David Lama. "Dafür haben wir unsere Finger noch, die wir am Weg runter in unser Lager immer wieder in unseren Hosentaschen wärmen konnten und die auch bei unserem neuerlichen Versuch nützlich sein dürften. Diesen haben wir bereits für nächstes Jahr ins Auge gefasst."
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