Man kann darüber streiten, ob der Cerro Torre (3128m) nun der schönste Berg der Erde ist oder nicht. Dass seine Besteigung bis heute nur echten Könnern vorbehalten bleibt, ist unzweifelhaft. Als sich der Italiener Cesare Maestri 1970 in einer Brachial-Aktion die Südwest-Wand des Torre hinaufbohrte, war daher innerhalb der alpinen Szene der Aufschrei groß.
Mit Hilfe eines Kompressors hunderte von Bohrhaken in die Wand zu treiben, um sich daran Meter für Meter nach oben zu schieben, habe weder etwas mit Klettern noch mit Stil zu tun, so der Vorwurf der Puristen. Maestris Materialschlacht wurde umso weniger verstanden, da die einstige "Spinne der Dolomiten" beim Erreichen des Gipfeleispilzes einfach stoppte, etliche Meter unterhalb des höchsten Punktes des Torre.
Die von Maestri reklammierte Erstbesteigung wollten ihm in Bergsteigerkreisen später nur wenige wirklich zugestehen. Was folgte, war ein jahrelang erbittert geführter Schlagabtausch zwischen Maestri und seinen Kritikern. Ein unrühmliches Stück Alpingeschichte.
Lama sichert sich freie Begehung
David Lama hat in den letzten drei Jahren auch viel Zeit in der "Kompressorroute" verbracht. Das einstige "Kletterwunderkind" wollte sich unbedingt die erste freie Begehung der Route holen. Ein Vorhaben, dass dem Innsbrucker nun gelungen zu sein scheint. Wie der 21-Jährige auf seiner Facebook-Seite verkündete, sei für ihn "ein Traum wahr geworden".
Zusammen mit seinem Seilpartner Peter Ortner war Lama am 19. Januar von dem Bergsteigerdörfchen El Chalten aus Richtung Cerro Torre gestartet. David Lama:
"We climbed to the start of the Bolt Traverse, but instead of turning right, we went straight up on the technically difficult arete, a few meters left of the Salvaterra crack. I took a couple of falls, until I figured out the right sequence and then was able to send the pitch on my second try from the belay. A few pitches higher we reached the Iced Towers, where we picked a small ledge into an icefield to bivi."
"Early the next morning we climbed to the start of the headwall. The fact that Hayden and Jason had chopped Maestri’s bolts a couple of days ago made my endeavour even more challenging, especially mentally as the protection was poor and I had to do long run outs."
"Climbing on hollow and loose flakes we followed the original Compressor route for three pitches. About 20 meters below the compressor we traversed to the right and then reached a system of cracks and corners that lead us to the summit. Climbing the route in alpine style took us 24 hours from the Col."
"To me this first free ascent of the south east ridge of Cerro Torre is the end to the probably greatest adventure I experienced in my life so far. I’m especially proud having it done without adding any bolts. I learned a lot during the past years and climbing in this amazing mountain range has simply been great. Realizing dreams – it couldn’t be any better!"
Der Eigernordwand Speedrekord-Halter Dani Arnold beurteilt Davids Leistung als "Meilenstein im Alpinismus". Auch Patagonien-Kenner Stephan Siegrist würdigt seine Begehung: "Davids Erfolg wird in die Geschichtsbücher eingehen!"