Liebe Freunde,
heute melden wir uns aus unserem Basislager, auf 3900 Meter gelegen.
Seit unserer Landung in Bishkek hat sich viel ereignet. Darek trafen wir bereits bei unserem Zwischenstopp in Moskau, Maxut und Vassiliy dann in Bishkek beim Frühstück im Hotel, wo wir uns ein wenig frisch machen konnten. Nachdem die beiden ihr chinesisches Visum hatten, konnten wir in Richtung chinesischer Grenze, zunächst nach Tash Rabat losfahren. Ein paar wenige Jurten einsam auf ca. 3000 Meter gelegen waren unsere Schlafstätten. Juri und seine Frau sind den Sommer über dort oben, um vorbeikommende Leute zu bewirten. Ein sehr nettes kirgisisches Ehepaar. Am nächsten Morgen probierten wir noch fermentierte Stutenmilch von der benachbarten kleinen Pferdefarm. Ein etwas gewöhnungsbedürftiger Geschmack, soll aber angeblich sehr gesund sein!! Lesen Sie auch unser Interview mit Gerlinde Kaltenbrunner, das wir kurz vor ihrer Abreise führten. Nach mehreren länger dauernden Grenzkontrollen erreichten wir Kashgar in der chinesischen Provinz Xinjiang. Für mich war diese Stadt nicht wieder zu erkennen. 1995 nach unserer Muztagh Ata Expedition kam mir die Stadt mit 200.000 Einwohnern noch überschaubar vor. Mittlerweile ist Kashgar eine 4 Mill. Einwohner Stadt!! Hier stießen Chip (Sandford Brown; er begleitet uns als Journalist für National Geographic bis ins Basislager) und Tommy dazu.
Mit Keyoum, dem Inhaber unserer Agentur vor Ort hatten wir noch einiges zu besprechen und zu organisieren. Abends führte er uns in ein traditionelles uigurisches Restaurant. Wie die Uiguren starteten auch wir unser Essen mit einer Schale Joghurt und tranken dazu Safrantee.
Eindrücke von der abenteuerlichen Anreise ins Basislager - klicken Sie sich durch unsere Slideshow! Bevor wir nach Yecheng in Richtung K2 aufbrachen besuchten wir noch den Sonntagsmarkt. Ein riesiger Markt an dem alles denkbare verkauft wird. Eine Backstube nach der anderen, wo superfrisches Fladenbrot angeboten wird, über Früchte, Gemüse und unzählige andere Lebensmittel.
Ab Kashgar fuhren wir mit Jeeps weiter, worüber wir uns anfangs wunderten, weil die Strassen bis Yecheng in gutem Zustand sind. Gleich nach Yecheng aber wussten wir, warum. Sandige Pisten, anfangs entlang der Taklamakan Wüste, führten uns über einen 3500 Meter hohen Pass zu einem ersten Kontrollposten. Von dort verlief eine steile holprige Schotterstrasse über einen 5000 Meter hohen Pass. Diese Route ist immer nur für drei Tage im Monat offen, die übrige Zeit arbeiten unzählige Menschen unter sehr staubigen und harten Arbeitsbedingungen an einer Verbreiterung und Asphaltierung der Strasse.
In Mazar mussten wir unverhofft übernachten, da wir durch insgesamt 3 Reifenpannen an unseren Fahrzeugen stark aufgehalten wurden. Zudem hatte der Lastwagen, der die ganze Ausrüstung und Verpflegung transportierte, größere Probleme mit dem Getriebe.
So verbrachten wir den ganzen Tag in Mazar auf 3700m gelegen, was unserer Akklimatisierung ganz gut tat. Mit einem geliehenen Lastwagen setzten wir abends unseren Weg nach Illik fort. Bei dieser letzten, sehr langwierigen Millitärgrenzkontrolle wurde das gesamte Gepäck noch mal eingehend inspiziert.
Im 250 Einwohner zählenden Dorf Illik fuhren wir direkt zu einer kirgisischen Familie, wo der fünffache Familienvater Bürgermeisters und gleichzeitig Chef der Kameltreiber ist. Diese Familie nahm uns sehr gastfreundlich auf und bot uns sogar ihren Aufenthaltsraum zur Übernachtung an. Insgesamt sind die Menschen eher zurückhaltend, man spürt, dass hier nur wenige Touristen vorbei kommen.
Illik ist ein Nomadendorf. Nur im Winter wohnen die Leute in ihren einfachen Lehmhäusern. Jede Familie besitzt einige Kamele, die sich am nächsten Morgen vor dem Haus des Bürgermeisters, sein Name ist Danier, versammelten.
Das Einteilen der Lasten und Beladen der Kamele war eine längere für uns sehr spannende Prozedur. Mit 35 Kamelen und 8 Kameltreibern, die jeweils auf einem Esel voraus ritten, wanderten wir zu unserem ersten Lagerplatz auf 3450 Meter.
Die Kamele schreiten stundelang sehr gleichmäßig und ruhig voran ohne auch nur einmal stehen zu bleiben. Die nächste Etappe ging bis unterhalb des 4800 m hohen Aghil Pass, wo wir bei Daniers Alm auf 4450m unsere Zelte aufschlugen. Daniers Frau war schon mit der gesamten Schafherde eine Woche vor uns dort oben und bat uns gleich eine Schale frischen Airan (Joghurt) an. Sie wird etwa 2 Monate auf der Alm verbringen, eine sehr nette Frau.
Während der Nacht hatte es ein wenig geschneit, was für die Überquerung des Aghil Passes aber kein Problem war. Nach Stunden sehr sonnigem Abstiegs erreichten wir endlich das Shaksgam Tal, von dem Ralf und ich schon so lange geträumt hatten. Ein großartiger Tiefblick in das breite Flußbett, das zur Rechten von den Shaksgam Dolomiten gesäumt wird und zur Linken von sehr steilen Erosionswänden.
Der Fluss mäandert sehr stark hin und her und einige Male brauchten wir die Hilfe der Kamele um diesen überhaupt überqueren zu können. Ralf, Darek und ich saßen zum ersten Mal auf einem Kamel. Man muss vollkommen dem Rhythmus der Tiere folgen. So funktioniert das Reiten auf den hohen Tiere ganz gut; obwohl wir zwischen den Flussdurchquerungen schon froh waren immer wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Diese 5 Tage Anmarsch in wunderschöner, sehr einsamer Natur waren für uns alle sehr kraftvoll. Wir sind die einzige Expedition die hier unterwegs ist, und auch das genießen und schätzen wir sehr. Lesen Sie auch unser Interview mit Gerlinde Kaltenbrunner, das wir kurz vor ihrer Abreise führten. Erst am Tag unserer Ankunft im Basislager bekamen wir einen kurzen Blick auf die oberen 1000 Höhenmeter des K2, der sehr, sehr eindrucksvoll war. Hier vom Basislager aus können wir unseren Berg nicht sehen. Unwillkürlich stellte sich für uns die Frage, was uns diesmal erwarten wird. Von dieser Seite zeigt sich der Berg so anders, einfach neu.
Unser Basislager kommt mir gar nicht wirklich vor wie ein Basislager. Auf einer grünen Wiese mit Eselmist gepfeffert, schlagen wir unsere Zelte auf. Direkt nebenan läuft glasklares Wasser vorbei und unser Blick reicht bis weit in das Shaksgam Tal hinaus.
Hier werden wir uns nur kurz aufhalten. Gestern (Montag) stiegen Maxut, Vassiliy und ich mit den Kameltreibern und ihren Esel bis zum sogenannten "Italy Basecamp" auf um dort ein Zwischendepot einzurichten. Der Weg bis ins vorgeschobene Basislager ist weit entfernt und für die Esel wahrscheinlich nicht machbar. (Vom B.C. bis ins ABC ca. 20 Kilometer). Wir freuen uns über die Unterstützung der Kameltreiber. Heute morgen stiegen Ralf und Darek zum Italy B.C. (4650m) auf und werden ebenfalls abends wieder zurückkommen.
Morgen möchten wir dann oben übernachten um die Ausrüstung weiter ins ABC zu transportieren, was ein weiterer Anstieg von ca. 5 Stunden sein wird. Wenn wir im ABC angekommen und eingerichtet sind, werden wir uns wieder bei euch melden.
Für heute einen sehr herzlichen Gruß!
Gerlinde mit Ralf
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